Geschichte der O und Rückkehr nach Roissy
Stunde lang geleckt, weil er in meinen Hintern wollte, ich auf allen Vieren natürlich. Er bezahlt gut, weißt du.« Auch O war gut bezahlt worden, das Geld lag in der Schublade eines der Nachttische. »Noelle«, sagte O, »wenn man dich peitscht, findest du das auch noch amüsant?« - »Ja, ein bißchen, und ich werde immer nur ein bißchen gepeitscht.« O hätte fast gesagt: »Du hast Glück«, aber dann merkte sie, daß sie ganz und gar nicht glaubte, daß das Glück sei. Sie wollte Noelle fragen, warum sie immer nur ein bißchen gepeitscht werde, und was sie von den Ketten halte, und ob die Diener - aber Noelle drehte sich im Bett um und ächzte: »Ach, bin ich müde! Mach nicht so viel Gerede, O, schlafe.« Sie sagte nichts mehr.
Am Morgen kam um zehn Uhr ein Diener, um ihnen die Ketten abzunehmen. Wenn das Bad genommen, die Toilette gemacht, die Untersuchung durch Anne-Marie vorbei war, sofern man nicht Dienst in den Zimmern der großen Klausur hatte, und in diesem Fall mußten die Mädchen sofort ihre Uniform anziehen, stand es den Mädchen frei, sich anzuziehen oder nicht, bis es Zeit war, daß diejenigen, die an der Reihe waren, ins Restaurant oder in die Bar gingen und die anderen ins Refektorium. Aber diejenigen, die ins Refektorium gingen, zogen sich nicht an: wozu, wenn man dort ja doch nackt sein mußte? In einer Anrichte auf der Etage konnte man frühstücken. Die Türen blieben zum Korridor offen, und es war erlaubt, von einem zum anderen zu gehen. Nur O, Yvonne und das dritte Mädchen, das wie sie Eisen trug, Julienne, wurden vormittags gerufen, um gepeitscht zu werden. Die Peitsche wurde ihnen der Reihe nach auf dem Etagenpodest verabfolgt, über das Treppengeländer gebeugt und angebunden, niemals heftig genug, um sie zu zeichnen, immer lange genug, um ihnen Schreie, Flehen und manchmal Tränen zu entlocken. Am ersten Morgen fiel O, nachdem sie losgebunden worden war, stöhnend auf ihr Bett, so brannten ihre Lenden noch. Noelle nahm sie in den Arm, um sie zu trösten. Ihre Freundlichkeit enthielt eine Spur Verachtung. Warum hatte sie sich bereitgefunden, die Eisen zu tragen? O gab bereitwillig zu, daß sie glücklich darüber sei, und daß ihr Geliebter sie jeden Tag peitsche. »Dann bist du ja dran gewöhnt«, sagte Noelle. »Beklage dich nicht, es würde dir fehlen.« - »Vielleicht«, sagte O. »Und ich beklage mich auch nicht. Aber gewöhnen, ach nein, gewöhnen kann ich mich nicht daran...«. »Na, du wirst es müssen, denn es wäre seltsam, wenn du hier nur einmal am Tag gepeitscht würdest. Bei Mädchen wie dir sehen die Männer sofort, daß es darum gemacht wird. Deine Ringe am Schoß, deine Brandzeichen... ganz zu schweigen von dem, was auf deiner Karteikarte stehen wird.« - »Auf meiner Karteikarte?« fragte O. »Was für eine Karteikarte, was willst du damit sagen?« - »Du hast deine Karteikarte noch nicht, aber beruhige dich, das wird draufstehen, wenn du sie bekommst.«
Als O drei Tage später bei Anne-Marie zum Mittagessen war, fragte sie sie nach der Karteikarte, und Anne-Marie erklärte ihr die Sache bereitwillig. »Ich warte noch auf deine Photos; auf die Rückseite der Karteikarte, die mir Sir Stephen schicken wird, werden nicht Auskünfte über dich persönlich eingetragen, ich meine, nicht deine Maße, deine Personenbeschreibung, dein Alter, nein, sondern deine Besonderheiten und deine Verwendung... Ach, das läßt sich immer in zwei Zeilen zusammenfassen, und ich weiß, was er sagen wird.« Die Photos von O waren eines Vormittags im Dachgeschoß des rechten Flügels aufgenommen worden in einem Studio, das demjenigen ganz ähnlich war, in dem sie gearbeitet hatte. O war geschminkt worden, wie sie die Mannequins in jener Zeit geschminkt hatte, die ihr weiter zurückzuliegen schien als ihre Kindheit. Sie war in ihrer Uniform photographiert worden, in ihrem langen gelben Kleid, sie war mit hochgerafftem Kleid photographiert worden, sie war nackt, von vorn, von hinten und im Profil photographiert worden: stehend, liegend, halb rücklings auf einem Tisch und die Beine geöffnet, gebückt und die Kruppe gespannt, auf den Knien und mit gefesselten Händen. Ob alle diese Bilder aufgehoben werden? »Ja«, sagte Anne-Marie. »Sie kommen in dein Dossier. Von den besten werden Abzüge für die Kunden gemacht.« Als Anne-Marie sie ihr am übernächsten Tag zeigte, war sie entsetzt; dabei waren sie hübsch; nicht eins, das nicht in den Alben hätte aufgenommen werden können, die mehr oder
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