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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Alexejew", schrieb Vandervelde, "tat alles, um unsere Bemühungen jenen hinzuzufügen, die etwas früher von Delegierten der Schwarzmeerflotte, von Kerenski, Albert Thomas aufgewandt worden waren, um zu vollenden, was er moralische Vorbereitung der Offensive nannte." Der Vorsitzende der Zweiten Internationale und der ehemalige Generalstabschef Nikolaus II. fanden auf diese Weise eine gemeinsame Sprache im Kampfe um die erhabenen Ideale der Demokratie. Renaudel, einer der Führer des französischen Sozialismus, konnte erleichtert ausrufen: "Jetzt können wir, ohne zu erröten, vom Kriege ums Recht sprechen." Mit dreijähriger Verspätung erfuhr die Menschheit, daß diese Herren irgendeinen Grund gehabt hatten, zu erröten.
    Am 1. Mai beschloß endlich das Exekutivkomitee, nachdem es alle nur denkbaren Stadien der Schwankung durchgemacht hatte, mit 41 gegen 18 Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen, die Teilnahme an der Koalitionsregierung. Dagegen stimmten nur die Bolschewiki und ein Häuflein Menschewiki-Internationalisten.
    Es ist nicht uninteressant, daß der anerkannte Führer der Bourgeoisie, Miljukow, als Opfer des engeren Anschlusses der Demokratie an das Bürgertum fiel. "Ich bin nicht gegangen, ich bin gegangen worden", sagte er später. Gutschkow hatte sich schon am 30. April entfernt, nachdem er es abgelehnt hatte, die Deklaration der Rechte des Soldaten zu unterzeichnen. Wie düster es schon damals in den Herzen der Liberalen ausgesehen haben mag, läßt sich daraus folgern, daß das Zentralkomitee der Kadettenpartei zur Rettung der Koalition den Beschluß gefaßt hatte, nicht auf Miljukows Verbleiben in der Regierung zu bestehen. "Die Partei hat ihren Führer verraten", schreibt der rechte Kadett Isgojew. Es war ihr allerdings keine große Wahl geblieben. Derselbe Isgojew erklärt vollkommen richtig: "Ende April war die Partei der Kadetten aufs Haupt getroffen. Sie erhielt einen moralischen Schlag, von dem sie sich nie mehr erholen konnte." Aber auch über das Schicksal Miljukows gebührte das letzte Wort der Entente. England war mit der Ablösung des Dardanellenpatrioten durch einen disziplinierteren "Demokraten" völlig einverstanden. Henderson, der nach Petrograd mit Vollmachten gekommen war, nötigenfalls Buchanan auf dem Gesandtenposten abzulösen, betrachtete einen solchen Wechsel, nachdem er sich über die Lage orientiert hatte, für überflüssig. Tatsächlich war gerade Buchanan am rechten Platze, denn er erwies sich als ein entschiedener Gegner von Annexionen, sofern diese mit dem Appetit Großbritanniens nicht übereinstimmten: "Wenn Rußland Konstantinopel nicht braucht", flüsterte er Tereschtschenko zart ein, "dann um so besser, je schneller es dies verkündet." Frankreich unterstützte anfangs Miljukow. Doch war hier die Rolle Albert Thomas' von Bedeutung, der nach Buchanan und den Führern des Sowjets sich gleichfalls gegen Miljukow aussprach. So wurde der den Massen verhaßte Politiker von den Alliierten, Demokraten und schließlich von der eigenen Partei verlassen.
    Miljukow hatte im Grunde genommen eine so grausame Hinrichtung nicht verdient, mindestens nicht von diesen Händen. Die Koalition aber forderte ein läuterndes Opfer. Miljukow wurde den Massen als der böse Geist hingestellt, der den allgemeinen Triumphzug zum demokratischen Frieden getrübt hatte. Indem sie Miljukow opferte, läuterte sich die Koalition mit einem Schlage von den Sünden des Imperialismus.
    Der Petrograder Sowjet bestätigte am 5. Mai die Zusammensetzung der Koalitionsregierung und deren Programm. Die Bolschewiki brachten gegen die Koalition im ganzen 100 Stimmen auf. "Die Versammlung begrüßte stürmisch die Ministerreden ...", berichtet Miljukow ironisch. "Mit den gleichen stürmischen Ovationen war jedoch erst am Vorabend der aus Amerika eingetroffene Trotzki, "der alte Führer der ersten Revolution", empfangen worden, der den Eintritt der Sozialisten in das Ministerium in scharfen Worten verurteilt und behauptet hatte, die "Doppelherrschaft" sei nicht aufgehoben, sondern nunmehr "lediglich ins Ministerium verlegt" und die wahre Einzelherrschaft, die Rußland "retten" solle, werde erst dann eintreten, wenn der "nächste Schritt - die Übergabe der Macht in die Hände der Arbeiter- und Soldatendeputierten", getan sein würde. Dann werde eine "neue Epoche anbrechen - eine Epoche von Blut und Eisen, doch nicht mehr als Kampf der Nationen gegen Nationen, sondern der leidenden, unterdrückten Klasse gegen die

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