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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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über die Straße auf, um die Demonstranten nicht nach dem Zentrum durchzulassen. Aber auch das half nicht: wie befohlen am Platze stehend, hinderten die Kosaken die Arbeiter nicht, unter die Pferde zu "tauchen". Die Revolution wählte ihre Wege nicht willkürlich: bei ihren ersten Schritten rückte sie zum Siege vor unter dem Hauche des Kosakenpferdes. Eine bemerkenswerte Episode! Und bemerkenswert das Auge des Erzählers, dem alle Windungen des Prozesses fest im Gedächtnis blieben. Kein Wunder, der Erzähler war Anführer und hinter ihm mehr als zweitausend Mann das Auge des Kommandeurs, der die feindlichen Nagajkas oder Kugeln zu befürchten hat, blickt scharf.
    Der Umschwung in der Armee hatte sich gleichsam zuallererst bei den Kosaken geäußert, den ewigen Ordnungsstützen und Strafexekutoren. Das bedeutet allerdings nicht, daß die Kosaken revolutionärer waren als die anderen Truppen. Im Gegenteil, diese wohl bestallten Landeigentümer auf ihren Pferden, die ihre besonderen Kosakenrechte hoch einschätzten, den einfachen Bauern verachteten, dem Arbeiter mißtrauten, bargen in sich viele Elemente des Konservativismus. Aber gerade deshalb waren die durch den Krieg hervorgerufenen Veränderungen an ihnen am krassesten erkennbar. Außerdem wurden gerade sie dauernd hin und her gezerrt, sie vorgeschickt, mit der Brust gegen das Volk gestellt, sie entnervt und vor allen anderen Prüfungen ausgesetzt. Das alles hatten sie, zum Teufel, satt, sie wollten heim und zwinkerten: macht, was ihr könnt, hindern werden wir euch nicht. Jedoch das alles waren nur vielsagende Symptome. Die Armee war noch Armee, durch Disziplin gebunden, und die wichtigsten Fäden noch in den Händen der Monarchie. Die Arbeitermassen unbewaffnet. Die Führer dachten noch nicht an die entscheidende Lösung.
    An diesem Tage kam in der Sitzung des Ministerrats neben anderen Fragen auch die der Unruhen in der Hauptstadt zur Sprache. Streik? Demonstration? Nicht das erstemal. Alles vorgesehen. Anordnungen getroffen. Übergang zur Tagesordnung.
    Worin bestanden sie eigentlich, die Anordnungen? Obwohl im Laufe des 23. und 24. Februar achtundzwanzig Polizisten verprügelt worden sind eine bestechende Genauigkeit der Buchführung! -, greift der Chef des Militärbezirks, General Chabalolow, beinahe Diktator, noch nicht zur Schußwaffe. Nicht aus Gutmütigkeit: alles war vorgesehen und berechnet, auch für das Schießen sollte die Zeit kommen.
    Die Revolution kam nur im Moment überraschend. Allgemein gesagt hatten beide Pole, der revolutionäre und der regierende, sich sorgfältig auf sie vorbereitet, Jahre hindurch, immerwährend sich auf sie vorbereitet. Was die Bolschewiki betrifft, so war ihre gesamte Tätigkeit nach 1905 nichts anderes als eine Vorbereitung auf die zweite Revolution. Aber auch die Tätigkeit der Regierung war zum überwiegenden Teile eine Vorbereitung auf die Unterdrückung der neuen Revolution. Dieses Gebiet der Regierungsarbeit hatte im Herbst 1916 einen besonders planmäßigen Charakter erhalten. Eine Kommission unter dem Vorsitz Chabalows hatte Mitte Januar 1917 die Ausarbeitung eines höchst genauen Planes zur Niederschlagung eines neuen Aufstandes beendet. Die Stadt war in sechs Bezirke mit je einem Polizeimeister zerlegt, die Bezirke wiederum in Rayons. An die Spitze der gesamten bewaffneten Macht war der Kommandeur der Gardereservetruppen, General Tschebykin, gestellt; die Regimenter den Rayons zugeteilt; in jedem der sechs Polizeibezirke das Kommando über Polizei, Gendarmerie und Truppen besonderen Stabsoffizieren übertragen. Die Kosakenreiterei unterstand dem persönlichen Befehl Tschebykins, für Operationen größeren Maßstabes. Die Reihenfolge der Niederwerfungsmaßnahmen war so vorgesehen: zuerst geht die Polizei allein vor, dann treten die Kosaken mit Nagajkas auf den Schauplatz, und nur im Notfalle werden Truppen mit Gewehren und Maschinengewehren aufgeboten. Und dieser Plan, der nur eine Erweiterung der Erfahrung von 1905 darstellt, wurde in den Februartagen tatsächlich angewandt. Das Übel lag nicht an mangelnder Voraussicht, auch nicht an den Fehlern des Planes selbst, sondern am Menschenmaterial. Hier drohte ein großer Versager.
    Formell stützte sich der Plan auf die gesamte Garnison, die 150.000 Mann zählte; in Wirklichkeit aber wurde mit etwa
    10.000    Mann gerechnet: außer den Schutzleuten, von denen es 3.500 gab, verließ man sich fest auf die Lehrkomman-dos. Dies ist mit dem Charakter der

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