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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Zuchtstieren. Bürgerliche Historiker versuchen die Verantwortung für diesen "Vandalismus" des Bauernstrafgerichts über die Adels"kultur" den Bolschewiki zuzuschieben. In Wirklichkeit führte der russische Muschik eine Jahrhunderte vor dem Auftreten der Bol-schewiki begonnene Sache zu Ende. Seine fortschrittliche historische Aufgabe löste er mit den einzigen Mitteln, über die er verfügte: Mit Hilfe der revolutionären Barbarei rottete er die Barbarei des Mittelalters aus. Hinzu kommt, daß weder er selbst; noch seine Großväter und Urgroßväter jemals Gnade oder Nachsicht erfahren hatten.
    Als die Feudalen gesiegt hatten über die Jacquerie, die der Befreiung der französischen Bauern um viereinhalb Jahrhunderte voranging, schrieb ein gottesfürchtiger Mönch in seine Chronik: "Sie haben dem Lande so viel Böses zugefügt, daß zur Vernichtung des Königtums es des Kommens der Engländer nicht mehr bedurfte; diese hätten Frankreich niemals das antun können, was die Adligen Frankreich angetan haben." Erst die Bourgeoisie - im Mai 1871 - übertraf an Grausamkeit die französischen Adligen. Die russischen Bauern entgingen dank der Führung der Arbeiter, die russischen Arbeiter dank der Hilfe der Bauern dieser doppelten Lehre der Beschirmer von Kultur und Menschlichkeit.
    Die Wechselbeziehungen zwischen den Hauptklassen Rußlands fanden ihr Abbild im Dorfe. Wie die Arbeiter und Soldaten, den Plänen der Bourgeoisie zuwider, gegen die Monarchie kämpften, so erhob sich, ohne auf die Warnung des Kulaken zu hören, gegen die Gutsbesitzer am kühnsten die Dorfarmut. Wie die Versöhnler glaubten, die Revolution könne nur von dem Moment an fest auf den Beinen stehen, wo Miljukow sie anerkennt, so meinte der nach rechts und links blickende Mittelbauer, die Unterschrift des Kulaken legitimiere die Aneignungen. Schließlich, wie die der Revolution feindliche Bourgeoisie ohne Bedenken sich die Macht aneignete, so verzichteten die den Plünderungen widerstrebenden Kulaken nicht auf deren Früchte. Die Macht in den Händen des Bourgeois wie die gutsherrliche Habe in den Händen des Kulaken waren nicht von Dauer: in beiden Fällen aus gleichgearteten Gründen.
    Die Stärke der agrardemokratischen, dem Wesen nach bürgerlichen Revolution hatte sich darin geäußert, daß sie vorübergehend die Klassenwidersprüche des Dorfes überwand: der Landarbeiter plünderte den Gutsbesitzer, wobei er dem Kulak half Das XVII., XVIII. und XIX. Jahrhundert der russischen Geschichte erhob sich auf den Schultern des XX. und drückte es nieder zur Erde. Die Schwäche der verspäteten bürgerlichen Revolution hatte sich darin geäußert, daß der Bauernkrieg die bürgerlichen Revolutionäre nicht vorwärtsstieß, sondern im Gegenteil sie endgültig ins Lager der Reaktion zurückwarf; der gestrige Zuchthäusler Zeretelli beschützte den gutsherrlichen Boden vor Anarchie! Die von der Bourgeoisie zurückgeworfne Bauernrevolution vereinigte sich mit dem Industrieproletariat Dadurch befreite sich das XX. Jahrhundert nicht nur von den auf ihm lastenden früheren Jahrhunderten, sondern erhob sich auf deren Schultern zu einer neuen historischen Höhe. Damit der Bauer den Boden säubern und von Zäunen befreien konnte, mußte an die Spitze des Staates der Arbeiter treten: dies ist die einfachste Formel der Oktoberrevolution.

Kapitel 16: Die nationale Frage
    Die Sprache ist das wichtigste Instrument der Verbindung zwischen Mensch und Mensch, folglich auch - der Wirtschaft. Sie wird zur nationalen Sprache gleichzeitig mit dem Siege des Warenverkehrs, der eine Nation zusammenfaßt. Auf dieser Basis entsteht der nationale Staat als bequemste, vorteilhafteste und normalste Arena kapitalistischer Beziehungen in Westeuropa begann die Epoche der Formierung bürgerlicher Normen, läßt man den Unabhängigkeitskampf der Niederlande und das Schicksal des Insel-England außer acht, mit der Großen Französischen Revolution und wurde im wesentlichen abgeschlossen etwa im Verlaufe eines Jahrhunderts mit der Gründung des Deutschen Reiches.
    Aber in jener Periode, wo der nationale Staat in Europa bereits aufgehört hatte, die Produktivkräfte aufzunehmen, und in den imperialistischen Staat hineinzuwachsen begann, hob im Osten - in Persien, auf dem Balkan, in China, Indien -erst die Ära der nationaldemokratischen Revolutionen an, zu denen die russische Revolution von 1905 Anstoß gab. Der Balkankrieg Von 1912 bildete den Abschluß der Formierung von Nationalstaaten

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