Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution
über die Waffenausgabe für notwendig. Der dorthin entsandte Kommissar konnte noch einer erneuten Bewaffnung der Junker Einhalt tun und zehntausend für das Dongebiet und kleinere Partien für eine Reihe verdächtiger Organisationen und Personen bestimmte Gewehre aufhalten. Die Kontrolle erstreckte sich bald auch auf andere Lager und sogar auf private Waffengeschäfte. Man brauchte sich nur an ein Soldaten, Arbeiter- oder Angestelltenkomitee eines Amtes oder eines Geschäftshauses zu wenden, damit der Widerstand seitens der Administration sogleich gebrochen wurde. Die Waffenausgabe erfolgte von nun an nur auf Order der Kommissare. Durch ihren Verband machten die Druckereiarbeiter das Komitee auf das Anwachsen von Flugblättern und Broschüren der Schwarzhundert aufmerksam. Es wurde beschlossen, daß der Verband der graphischen Arbeiter sich in allen zweifelhaften Fällen an das Militärische Revolutionskomitee wenden sollte. Die Kontrolle durch die Druckereiarbeiter war die wirksamste von allen Arten der Kontrolle über die gedruckte Agitation der Konterrevolution.
Sich nicht auf die formale Widerlegung der Gerüchte über den Aufstand beschränkend, beraumte der Sowjet offen für Sonntag, den 22., eine friedliche Truppenschau seiner Kräfte an, aber nicht in Form von Straßenumzügen, sondern von Meetings in Betrieben, Kasernen und allen großen Räumen Petrograds. Mit dem offenkundigen Zweck, eine blutige Verwirrung hervorzurufen, setzten geheimnisvolle Beter für diesen Tag eine Kirchenprozession durch die Straßen der Hauptstadt an. Der Aufruf im Namen unbekannter Kosaken lud die Bürger ein, am Kirchgang teilzunehmen "zum Andenken an die Befreiung Moskaus im Jahre 1812 von den Feinden". Der gewählte Anlaß war nicht sehr aktuell; aber die Veranstalter schlugen dem Allmächtigen darüber hinaus vor, die Kosakenwaffen "zur Verteidigung der russischen Erde gegen die Feinde" zu segnen, was sich schon offenkundig auf das Jahr 1917 bezog.
Eine ernste konterrevolutionäre Kundgebung zu befürchten war kein Grund: die Geistlichkeit war in den Petrograder Massen ohnmächtig, unter die Kirchenfahnen konnte sie nur die jämmerlichen Reste der Schwarzhundertbanden gegen die Sowjets locken. Doch mit Hilfe erfahrener Provokateure aus der Konterspionage und dem Kosakenoffizierkorps waren blutige Zusammenstöße nicht ausgeschlossen. Als Vorbeugungsmaßnahme begann das Militärische Revolutionskomitee mit verstärkter Beeinflussung der Kosakenregimenter. Im Gebäude des revolutionärsten Stabes selbst wurde ein strengeres Regime eingeführt. "Es wurde nun nicht leicht, in das Smolny hineinzukommen", schreibt John Reed, "das System der Passierscheine wechselte alle paar Stunden, weil es den Spionen immer wieder gelang, ins Innere einzudringen."
In der Garnisonberatung am 21., gewidmet dem morgigen "Tag des Sowjets", schlug der Berichterstatter eine Reihe von Maßnahmen vor, um eventuellen Straßenzusammenstößen vorzubeugen. Das 4. Kosakenregiment, das linkeste, erklärte durch den Mund seines Delegierten, daß es sich am Kirchgang nicht beteiligen werde. Das 14. Kosakenregiment versicherte, es werde mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln gegen Anschläge der Konterrevolution kämpfen, gleichzeitig aber halte es eine Erhebung zum Zwecke der Machtergreifung für "unzeitgemäß". Von den drei Kosakenregimentern fehlte nur das Uraler, eines der rückständigsten, nach Petrograd versetzt im Juli zur Niederschlagung der Bolschewiki.
Die Beratung nahm auf Trotzkis Antrag drei kurze Resolutionen an: 1. "Die Garnison von Petrograd und Umgebung verspricht dem Militärischen Revolutionskomitee volle Unterstützung bei all seinen Schritten" ... 2. "Der Tag des 22. Oktober ist ein Tag der friedlichen Kräfteschau ... Die Garnison wendet sich an die Kosaken: ... Wir laden euch zu unseren morgigen Versammlungen ein. Seid willkommen, Brüder-Kosaken!" 3. "Der Allrussische Sowjetkongreß muß die Macht in seine Hände nehmen und dem Volke Frieden, Land und Brot sichern." Die Garnison verspricht feierlich, alle ihre Kräfte dem Kongreß zur Verfügung zu stellen. "Verlaßt euch auf uns bevollmächtigte Vertreter der Soldaten, Arbeiter und Bauern. Wir alle sind auf unseren Posten, bereit, zu siegen oder zu sterben." Hunderte Hände erhoben sich für diese Resolutionen, die das Programm des Aufstandes bekräftigten. 57 Mann enthielten sich der Abstimmung: das waren "Neutrale", das heißt schwankend gewordene Gegner. Nicht eine Hand erhob
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