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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Sinowjews Artikel: "Was nicht tun", gerichtet gegen die Vorbereitung des Aufstandes. "Man muß der Wahrheit ins Gesicht sehen: in Petrograd sind jetzt viele Bedingungen gegeben, die die Entstehung eines Aufstandes vom Typus der Pariser Kommune von 1871 begünstigen ..." Am 3. September schreibt Lenin in einem anderen Zusammenhang und ohne Sinowjew zu nennen, den Prell-hieb jedoch gegen diesen richtend: "Der Hinweis auf die Kommune ist höchst oberflächlich und sogar dumm. Denn erstens haben die Bolschewiki nach 1871 immerhin manches gelernt, sie würden nicht verfehlen, die Bank in ihre Hände zu nehmen, sie würden auf einen Angriff auf Versailles nicht verzichten; unter solchen Bedingungen aber hätte auch die Kommune siegen können. Außerdem konnte die Kommune dem Volke nicht sogleich all das bieten, was die Bol-schewiki zu bieten imstande sein werden, wenn sie die Macht sind, nämlich: Land den Bauern, sofortiges Friedensangebot ..." Das war eine anonyme, aber unzweideutige Warnung nicht nur an Sinowjew, sondern auch an den Redakteur der Prawda, Stalin.
    Die Frage des Vorparlaments spaltete das Zentralkomitee in zwei Hälften. Der Beschluß der Beratungsfraktion zugunsten der Beteiligung am Vorparlament wurde von vielen Lokalkomitees, wenn nicht von den meisten, bestätigt. So war es zum Beispiel in Kiew. "In der Frage ... des Hineingehens ins Vorparlament", sagt in ihren Erinnerungen E. Bosch, "sprach sieh die Mehrheit des Komitees für Beteiligung aus und wählte zu ihrem Vertreter Pjatakow." An vielen Fällen, wie am Beispiel Kamenjews, Rykows, Pjatakows und anderer, läßt sich die Nachfolgeschaft in den Schwankungen feststellen: gegen Lenins Thesen im April, gegen Boykott des Vorparlaments im September, gegen den Aufstand im Oktober. Hingegen: die nächste Schicht der bolschewistischen Kader, die den Massen näherstehende und politisch frischere, nahm die Parole des Boykottes leicht auf und zwang die Komitees, darunter auch das Zentralkomitee, zu einer schroffen Wendung. Unter dem Einfluß von Lenins Briefen sprach sich die Kiewer Stadtkonferenz zum Beispiel mit überwiegender Mehrheit gegen das eigene Komitee aus. So stützte sich Lenin fast an allen schroffen politischen Wendepunkten auf die unteren Schichten des Apparates gegen die höheren oder auf die Parteimasse gegen den Apparat insgesamt.
    Die Voroktoberschwankungen konnten unter diesen Umständen am allerwenigsten Lenin überraschen. Er war von vornherein mit scharfem Mißtrauen gewappnet, lauerte den besorgniserregenden Symptomen auf, ging von den schlimmsten Vermutungen aus und hielt es für zweckmäßiger, ein überflüssiges Mal nachzudrücken, als Milde zu zeigen.
    Zweifellos auf Lenins Eingebung hin nahm das Moskauer Distriktbüro Ende September eine harte Resolution gegen das Zentralkomitee an, beschuldigte es der Unentschlossenheit, der Schwankungen, des Hineintragens von Verwirrung in die Reihen der Partei und forderte, "eine klare und ausgesprochene Linie auf den Aufstand zu nehmen". Im Namen des Moskauer Büros gab Lomow am 3. Oktober im Zentralkomitee diesen Beschluß bekannt. Das Protokoll vermerkt: "Es wird beschlossen, über den Bericht nicht zu diskutieren." Das Zentralkomitee fuhr weiter fort, einer Antwort auf die Frage "Was tun?" auszuweichen. Doch Lenins Druck auf dem Wege über Moskau blieb nicht ergebnislos: nach zwei Tagen beschloß das Zentralkomitee, das Vorparlament zu verlassen.
    Daß dieser Schritt das Betreten des Weges des Aufstandes bedeutete, war klar für Feinde und Gegner. "Indem Trotzki seine Armee aus dem Vorparlament hinausführte", schreibt Suchanow, "nahm er klar Kurs auf gewaltsame Umwälzung." Der Bericht im Petrograder Sowjet über den Austritt aus dem Vorparlament schloß mit dem Ruf: "Es lebe der offene und direkte Kampf um die revolutionäre Macht im Lande!" Das war am 9. Oktober.
    Am nächsten Tage fand auf Lenins Verlangen die berühmte Sitzung des Zentralkomitees statt, wo die Frage des Aufstandes in aller Schärfe gestellt wurde. Vom Ausgang dieser Sitzung machte Lenin seine weitere Politik abhängig: mit dem Zentralkomitee oder gegen das Zentralkomitee. "Oh, neue Späße der lustigen Muße der Geschichte!" schreibt Suchanow. "Diese allerhöchste und entscheidende Sitzung fand in meiner Wohnung statt, auf der gleichen Karpowka (32, Wohn. 31). Doch geschah alles das ohne mein Wissen." Die Frau des Menschewiken Suchanow war Bolschewikin. "Dieses Mal waren für mein Übernachten außerhalb des Hauses

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