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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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bestand darin, als starke Oppositionspartei in die Konstituierende Versammlung hineinzugehen, die "sich in ihrer revolutionären Arbeit nur auf die Sowjets wird stützen können". Daher die Formel: "Konstituierende Versammlung und Sowjets - das ist jener kombinierte Typ der Staatsinstitution, dem wir entgegengehen." Die Konstituierende Versammlung, wo die Bolschewiki als Minderheit gedacht, und die Sowjets, wo die Bolschewiki die Mehrheit waren, das heißt das Organ der Bourgeoisie und das Organ des Proletariats, sollten zu einem friedlichen System der Doppelherrschaft "kombiniert" werden. Dies war sogar unter der Herrschaft der Versöhnler nicht zustande gebracht worden. Wie konnte es unter bolschewistischen Sowjets gelingen?
    "Tiefe historische Unwahrheit", schlossen Sinowjew und Kamenjew, "ist eine solche Fragestellung über den Übergang der Macht in die Hände der proletarischen Partei wie: entweder sofort oder niemals. Nein. Die Partei des Proletariats wird wachsen, ihr Programm wird immer breiteren Massen klar werden." Die Hoffnung auf ein weiteres dauerndes Wachsen des Bolschewismus, unabhängig vom realen Gang der Zusammenstöße der Klassen, stand im unversöhnlichen Widerspruch zu dem Leninschen Leitgedanken jener Zeit: "Der Erfolg der russischen und der internationalen Revolution hängt von zwei - drei Kampftagen ab."
    Es ist wohl kaum nötig zu erläutern, daß das Recht in diesem dramatischen Dialog restlos auf seiten Lenins war. Eine revolutionäre Situation läßt sich nicht willkürlich konservieren. Hätten die Bolschewiki im Oktober-November die Macht nicht genommen, sie hätten sie aller Wahrscheinlichkeit nach überhaupt nicht genommen. Statt fester Führung hätten die Massen bei den Bolschewiki das gleiche, ihnen schon verhaßt gewordene Auseinandergehen von Wort und Tat gefunden und sich von der Partei, die ihre Hoffnungen betrogen, im Laufe von zwei-drei Monaten abgewandt, wie sie sich vorher von den Sozialrevolutionären und Menschewiki abgewandt hatten. Ein Teil der Werktätigen wäre in Indifferentismus verfallen, der andere würde seine Kräfte in konvulsiven Bewegungen, anarchischen Ausbrüchen, Partisanenkämpfen, im Terror der Rache und Verzweiflung verpufft haben. Die auf solche Weise entstandene Atempause hätte die Bourgeoisie ausgenutzt für den Separatfrieden mit Wilhelm II. und die Zerschmetterung der revolutionären Organisationen. Rußland hätte sich wieder dem Zyklus kapitalistischer Staaten als halbimperialistisches, halbkoloniales Land angegliedert. Die proletarische Umwälzung wäre in eine unbestimmte Ferne gerückt. Das klare Erkennen dieser Perspektive flößte Lenin seinen alarmierenden Ruf ein: "Der Erfolg der russischen und der internationalen Revolution hängt von zwei-drei Kampftagen ab."
    Jetzt jedoch, nach dem 10., hatte sich die Lage in der Partei radikal verändert. Lenin war nun nicht mehr ein isolierter "Oppositioneller", dessen Vorschläge das Zentralkomitee ablehnte. Als isoliert erwies sich der rechte Flügel. Lenin hatte es nicht nötig, mit dein Preise des Rücktritts seine Agitationsfreiheit zu erkaufen. Die Legalität war auf seiner Seite. Im Gegenteil, indem Sinowjew und Kamenjew ihr gegen den Mehrheitsbeschluß des Zentralkomitees gerichtetes Dokument in Umlauf setzten, Waren sie es, die die Disziplin brachen. Und Lenin ließ im Kampfe selbst kleinere Fehlgriffe des Gegners nicht ungestraft!
    In der Sitzung vom 10. wurde auf Dserschinskis Antrag ein politisches Büro aus sieben Mann gewählt: Lenin, Trotzki, Sinowjew, Kamenjew, Stalin, Sokolnikow, Bubnow. Die neue Institution erwies sich jedoch als völlig lebensunfähig: Lenin und Sinowjew waren noch immer illegal; Sinowjew wie auch Kamenjew setzten außerdem ihren Kämpf gegen den Aufstand fort. Das politische Büro versammelte sich in der Oktober-Zusammensetzung nicht ein einziges Mal, und man hatte es bald einfach vergessen, wie so viele andere, im Strudel der Ereignisse ad hoc entstandene Organisationen. Ein praktischer Aufstandsplan, auch nur ein ungefährer, wurde in der Sitzung vom 10. nicht entworfen. Ohne es in die Resolution aufzunehmen, wurde jedoch verabredet, daß der Aufstand dem Sowjetkongreß vorangehen und möglichst nicht später als am 15. beginnen müsse. Nicht alle gingen auf diesen Termin willig ein: er war offensichtlich zu kurz für den in Petrograd genommenen Anlauf Doch auf eine Verschiebung zu drängen, hätte bedeutet, die Rechten zu unterstützen und die Karten zu

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