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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Reserven besitzen, die in der Stunde der Gefahr auf die Beine gebracht werden können.
    Der Übergang des Sowjets in die Hände der Bolschewiki verändert radikal die Lage der Roten Garde. Bisher gehetzt und geduldet, wird sie offizielles Organ des Sowjets, der bereits die Hand nach der Macht ausstreckt. Die Arbeiter finden nicht selten selbst den Weg zu den Waffen und verlangen vom Sowjet nur noch dessen Sanktion. Seit Ende September, besonders seit dem 10. Oktober, steht die Vorbereitung des Aufstandes offen auf der Tagesordnung. Einen Monat vor der Umwälzung finden in einigen Dutzend Fabriken und Werkstätten Petrograds intensive militärische Übungen statt, hauptsächlich Schießunterricht. Um die Oktobermitte erklimmt das Interesse für die Waffen eine neue Höhe. In einigen Betrieben tragen sich fast alle in die Mannschaftsliste ein. Immer ungeduldiger verlangen die Arbeiter vom Sowjet Waffen, doch gibt es viel weniger Flinten, als Hände sich danach ausstrecken. "Ich kam täglich in den Smolny", erzählt der Ingenieur Kosmin, "und beobachtete, wie vor und nach der Sowjetsitzung Arbeiter und Matrosen an Trotzki herantraten, Waffen zur Ausrüstung der Arbeiter anbietend oder fordernd, berichterstattend, wo und wie diese Waffen verteilt sind, und fragend: "Wann geht's nun los?" Die Ungeduld war groß ..."
    Formell bleibt die Rote Garde parteilos. Doch je näher zur Entscheidung, um so mehr rücken in den Vordergrund Bol-schewiki: sie bilden den Kern jeder Mannschaft, in ihren Händen liegen Kommandoapparat und Verbindung mit den anderen Betrieben und Bezirken. Parteilose Arbeiter und linke Sozialrevolutionäre gehen mit den Bolschewiki.
    Jedoch auch jetzt, am Vorabend des Aufstandes, sind die Reihen der Garde nicht zahlreich. Am 16. schätzte Uritzki, Mitglied des bolschewistischen Zentralkomitees, das Arbeiterheer Petrograds auf vierzigtausend Bajonette. Die Zahl ist eher übertrieben. Die Hilfsquellen der Bewaffnung blieben noch immer sehr beschränkt: bei aller Ohnmacht der Regierung konnte man nicht anders in den Besitz der Arsenale gelangen als auf dem Wege des offenen Aufstandes.
    Am 22. tagte eine Stadtkonferenz der Roten Garde: hundert Delegierte vertraten etwa zwanzigtausend Kämpfer. Die Zahl darf man nicht zu buchstäblich nehmen: nicht alle Eingetragenen entwickelten Aktivität; dafür aber ergoß sich in die Abteilungen in Augenblicken des Alarms ein breiter Strom Freiwilliger. Die am nächsten Tag von der Konferenz angenommenen Statuten bezeichnen die Rote Garde als "Organisation der bewaffneten Kräfte des Proletariats zum Kampfe gegen die Konterrevolution und zur Verteidigung der Revolutionserrungenschaften". Man beachte dies: noch vierundzwanzig Stunden vor dem Aufstande wird die Aufgabe in den Termini der Verteidigung, nicht aber des Angriffs ausgedrückt.
    Grundkampfeinheit ist die Zehnergruppe; vier Zehnergruppen sind ein Zug; drei Züge eine Mannschaft; drei Mannschaften - ein Bataillon. Mit dem Kommandobestand und den Fachgruppen zählt ein Bataillon über fünfhundert Mann. Die Bataillone eines Bezirks bilden eine Abteilung. In großen Fabriken, wie im Putilowwerk, werden eigene Abteilungen aufgestellt. Technische Sonderkommandos (Minenwerfer, Radfahrer, Telegraphisten, Maschinengewehrschützen, Artilleristen) werden in den entsprechenden Betrieben angeworben und entweder den Schützenabteilungen zugeteilt, oder sie operieren selbständig, je nach dem Charakter der Aufgabe. Der gesamte Kommandobestand ist wählbar. Dies bildet keine Gefahr: hier sind alle Freiwillige, und alle kennen einander gut.
    Die Arbeiterinnen gründen Sanitätsabteilungen. In der Fabrik kriegsmedizinischer Bedarfsartikel werden Vorlesungen über Verwundetenpflege angekündigt. "Fast schon in allen Fabriken", schreibt Tatjana Graf, "tun Arbeiterinnen, mit dem notwendigen Verbandstoff versehen, als Sanitäterinnen Wachtdienst." Die Organisation ist äußerst arm an Geld und technischen Mitteln. Nach und nach beginnen die Fabrikkomitees für die Sanitätspunkte und die fliegenden Abteilungen Material zu schicken. In den Stunden der Umwälzung werden sich die schwachen Zellen sehr schnell entwik-keln: sie erhalten sofort bedeutende technische Mittel zur Verfügung gestellt. Am 24. wird der Wyborger Bezirkssowjet anordnen: "Unverzüglich alle Automobile requirieren ... eine Bestandaufnahme aller ambulatorischen Verbandsmittel durchführen und in den Ambulatorien Wachen errichten."
    Immer mehr parteilose Arbeiter

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