Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
Vom Netzwerk:
gewisse Zeit zur Avantgarde der Weltrevolution gemacht." - "Die erste Rolle des russischen Proletariats in der internationalen Arbeiterbewegung", sagt Lenin auf einer Konferenz der Fabrikkomitees am 23. Juli 1918, "wird nicht durch die wirtschaftliche Fortgeschrittenheit des Landes erklärt; ganz im Gegenteil: durch die Rückständigkeit Rußlands ... Das russische Proletariat ist sich dessen klar bewußt, daß die notwendige Bedingung sind die Grundvoraussetzung seines Sieges das vereinte Auftreten der Arbeiter der ganzen Welt oder einiger in kapitalistischer Hinsicht fortgeschrittener Länder ist." Die Oktoberumwälzung ist natürlich nicht nur allein durch die Rückständigkeit Rußlands hervorgerufen worden, und Lenin wußte das sehr wohl. Aber er überbiegt den Stock absichtlich, um ihn geradezurichten.
    Auf der Tagung der Volkswirtschaftsräte, das heißt jener speziell für den Aufbau des Sozialismus berufenen Organe, sagt Lenin am 26. Mai 1918: "Wir schließen die Augen nicht davor, daß wir die sozialistische Revolution in einem Lande, auch wenn es viel weniger rückständig wäre als Rußland mit den eigenen Kräften nicht vollständig durchführen können." Auch hier den späteren Stimmen der bürokratischen Heuchelei zuvorkommend, setzt der Redner auseinander: "Das kann nicht einen Tropfen Pessimismus erzeugen, denn die Aufgabe, die wir uns stellen, ist eine Aufgabe von welthistorischer Schwierigkeit."
    Auf dem VI. Sowjetkongreß, am 8. November, sagt er: "Ein voller Sieg der sozialistischen Revolution ist undenkbar in einem Lande, sondern erfordert aktivste Kampfgenossenschaft mindestens einiger fortgeschrittener Länder, zu denen wir Rußland nicht zählen können ... " Lenin verweigert Rußland nicht nur das Recht auf seinen eigenen Sozialismus, sondern weist ihm demonstrativ einen zweitrangigen Platz an beim Aufbau des Sozialismus durch andere Länder. Welch verbrecherische "Entthronung unseres Landes"!
    Im März 1919, auf dem Parteitag, weist Lenin die Übermütigen zurecht: "Wir besitzen eine praktische Erfahrung über die Verwirklichung der ersten Schritte zur Vernichtung des Kapitalismus in einem Lande mit einem besonderen Verhältnis zwischen Proletariat und Bauernschaft. Mehr nicht. Wenn wir aus uns einen Frosch machen wollten, keuchen und uns aufblähen, wir würden das Gespött der ganzen Welt sein, wir würden einfach Prahler sein." Kann das jemand kränken? "Hat denn", ruft Lenin am 19. Mai 1921 aus, "jemals ein Bolschewik bestritten, daß die Revolution in endgültiger Form nur dann siegen kann, wenn sie alle oder wenigstens einige der fortgeschrittensten Länder erfaßt!" Im November 1920, auf der Moskauer Gouvernements-Konferenz der Partei, erinnert er wieder daran, daß die Bolschewiki weder versprochen noch davon geträumt haben, "mit Rußlands Kräften allein die ganze Welt zu verändern ... Zu einem solchen Wahnsinn haben wir uns niemals verstiegen, sondern immer gesagt, daß unsere Revolution Siegen wird, wenn die Arbeiter aller Länder sie unterstützen werden."
    "Wir haben", schreibt er Anfang 1922, "nicht einmal das Fundament der sozialistischen Ökonomik zu Ende geführt. Das können die uns feindlichen Kräfte des sterbenden Kapitalismus noch zurückholen. Man muß sich dessen klar bewußt werden und es offen gestehen, denn nichts ist gefährlicher als Illusionen und Kopfschwindel, besonders in großer Höhe. Und es ist nichts "Schreckliches", nichts, was berechtigten Anlaß zum geringsten Kleinmut gibt, im Geständnis dieser bitteren Wahrheit; denn wir haben stets anerkannt und jene ABC-Wahrheit des Marxismus wiederholt, daß für den Sieg des Sozialismus die gemeinsamen Anstrengungen der Arbeiter einiger fortgeschrittener Länder erforderlich sind."
    Nach etwas über zwei Jahren wird Stalin vom Marxismus die Preisgabe dieser Kernfrage verlangen. Der Grund? Marx sei in Unkenntnis gewesen hinsichtlich der Ungleichmäßigkeit der Entwicklung, das heißt, des elementarsten Gesetzes der Dialektik der Natur wie der Gesellschaft. Aber was soll man mit Lenin anfangen, der nach Stalin angeblich als erster an der Erfahrung des Imperialismus das Gesetz der Ungleichmäßigkeit "entdeckte" und trotzdem an der "ABC-Wahrheit des Marxismus" festhielt! Vergeblich würden wir eine Erklärung suchen.
    "Der Trotzkismus ging und geht", nach dem Schuldspruch der Kommunistischen Internationale, "davon aus, daß unsere Revolution an sich [!] im Kern der Sache keine sozialistische bedeutet, daß die

Weitere Kostenlose Bücher