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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Epigonen gezwungen, die Programmdokumente der Leninschen Epoche ins Archiv zu tun. Dem aus Stückchen zusammengekleisterten neuen Dokument gaben sie den Namen Programm der Kommunistischen Internationale, War bei Lenin im "russischen" Programm die Rede von der internationalen Revolution, ist bei den Epigonen im internationalen Programm die Rede vom "russischen" Sozialismus.
    Wann und wie offenbarte sich zum erstenmal der Bruch mit der Vergangenheit? Das historische Datum ist um so leichter zu bezeichnen, als es mit dem Markstein in Stalins Biographie zusammenfällt. Noch im April 1924, drei Monate nach Lenins Tod, legte Stalin bescheiden die traditionellen Ansichten der Partei dar. "... Die Macht der Bourgeoisie stürzen und die Macht des Proletariats in einem Lande errichten", schrieb er in seinen Problemen des Leninismus, "heißt noch nicht den vollen Sieg des Sozialismus sichern. Die Hauptaufgabe des Sozialismus - Organisierung der sozialistischen Produktion - steht noch bevor. Kann man diese Aufgabe lösen, kann man den endgültigen Sieg des Sozialismus in einem Lande erreichen ohne gemeinsame Anstrengungen der Proletarier einiger fortgeschrittener Länder? Nein, das ist nicht möglich. Zum Sturze der Bourgeoisie genügen die Anstrengungen eines Landes - das sagt uns die Geschichte unserer Revolution. Für den endgültigen Sieg des Sozialismus, für die Organisierung der sozialistischen Produktion sind die Anstrengungen eines Landes, besonders eines so bäuerlichen Landes wie Rußland, schon ungenügend - dazu sind die Anstrengungen der Proletarier einiger fortgeschrittener Länder nötig ..." Die Darlegung dieser Gedanken schließt Stalin mit den Worten: "Das sind im allgemeinen die charakteristischen Züge der Leninschen Theorie der proletarischen Revolution."
    Gegen Herbst desselben Jahres ergab sich plötzlich, unter dem Einfluß des Kampfes gegen den Trotzkismus, daß gerade Rußland, zum Unterschiede von den anderen Ländern, mit eigenen Kräften die sozialistische Gesellschaft aufbauen kann, wenn es durch eine Intervention von außen nicht gestört wird ... "Nachdem es seine Macht gesichert hat und die Bauernschaft hinter sieh führt", schrieb Stalin in der neuen Auflage der gleichen Arbeit, "kann und muß das Proletariat des siegreichen Landes die sozialistische Gesellschaft aufbauen." Kann und muß! Nur zu dem Zwecke, um "das Land gegen eine Intervention zu sichern ... ist der Sieg der Revolution notwendig wenigstens in einigen Ländern". Die Pro-klamierung dieser neuen Konzeption, die dem Weltproletariat die Rolle einer Grenzwache zuweist, schließt mit den gleichen Worten: "... Das sind im allgemeinen die charakteristischen Züge der Leninschen Theorie der proletarischen Revolution." Im Verlaufe eines Jahres unterschiebt Stalin Lenin zwei direkt entgegengesetzte Ansichten über die Kernfrage des Sozialismus.
    Im Plenum des Zentralkomitees 1927 sagte Trotzki bezüglich der zwei entgegengesetzten Ansichten von Stalin: "Man kann sagen Stalin hat geirrt und sich dann korrigiert. Aber wie konnte er derart irren und in einer solchen Frage? Wenn es richtig ist, daß Lenin schon im Jahre 1915 die Theorie vom Aufbau des Sozialismus in einem Lande aufgestellt hat (was in der Wurzel falsch ist); wenn es richtig ist, daß Lenin später diesen Standpunkt nur bekräftigt und entwickelt hat (was in der Wurzel falsch ist), wie konnte dann, fragt es sich, Stalin in einer so wichtigen Frage bei Lenins Lebzeiten und in Lenins letzter Lebensperiode sich jene Ansicht aneignen, die im Stalinschen Zitat vom Jahre 1924 ihren Ausdruck fand? Es ergibt sich, daß Stalin in dieser Kernfrage einfach stets Trotzkist war und erst nach dem Jahre 1924 aufhörte, es zu sein ... Es wäre nicht übel, wenn Stalin bei sich auch nur ein Zitat finden würde, welches beweist, daß er auch vor 1924 vom Aufbau des Sozialismus in einem Lande gesprochen hat. Er wird es nicht finden!" Auf diese Herausforderung erfolgte keine Antwort.
    Man darf jedoch die tatsächliche Tiefe der Wendung, die Stalin vollzog, nicht übertreiben. Wie in den Fragen des Krieges und der Stellung zur Provisorischen Regierung oder in der nationalen Frage, so hatte Stalin auch in der Frage über die allgemeinen Perspektiven der Revolution zwei Positionen: eine selbständige, organische, nicht immer ausgesprochene oder jedenfalls nicht eindeutig ausgesprochene, und eine andere - konventionelle, phraseologische, bei Lenin entlehnte. Insofern es sich um Menschen einer gleichen

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