Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
Vom Netzwerk:
"grundlegendsten" Eigenschaften der herrschenden Klassen beginnt. Darum wurde die Lage der namhaften Minderheit auf dem kurzen Hebelarm so unbequem. Die Versöhnler waren aus allen Kräften bestrebt, das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Aber auch sie hatten nicht mehr die Kraft: zu ungestüm drückten die Massen auf den langen Hebelarm. Wie behutsam verteidigten die Großagrarier, Bankiers und Industriellen ihre Interessen. Ja, verteidigten sie sie überhaupt noch? Fast nicht mehr. Sie schützten die Rechte des Idealismus, die Interessen der Kultur, die Vorrechte der zukünftigen Konstituierenden Versammlung. Ein Führer der Schwerindustrie, von Ditmar, schloß sogar mit einem Hymnus auf "Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit". Wo waren sie hin, die metallischen Baritone des Profits, die heiseren Bässe der Bodenrente? Von der Bühne flossen nur noch die süßesten Tenöre der Selbstlosigkeit. Aber Achtung: wieviel Galle und Essig unter dem Honigseim! Wie unerwartet schlagen die lyrischen Rouladen in wütendes Falsett um. Der Vertreter der Allrussischen Landwirtschaftskammer, Kapazinski, aus ganzer Seele für eine spätere Agrarreform, vergißt nicht, "unserem reinen Zeretelli" für das Zirkular zu danken, welches das Recht verteidigt gegen die Anarchie. Aber Landkomitees? Die doch die Macht unmittelbar den Bauern geben? Ihm, "dem Finsteren, kaum des Schreibens und Lesens Kundigen, der vor Glück darüber, daß er endlich ... Boden erhält, den Verstand verliert, diesem Menschen wird die Rechtsausübung im Lande übertragen"? Wenn die Gutsbesitzer im Kampf mit dein finsteren Bauern das Eigentum verteidigen, so nicht aus Selbstsucht, bewahre, nur um es später auf den Altar der Freiheit zu legen.
    Es sollte nun scheinen, die soziale Symbolik hätte sich fast erschöpft. Doch hier überkommt Kerenski eine glückliche Inspiration. Er schlägt vor, noch einer Gruppe das Wort zu erteilen, "der Gruppe der russischen Geschichte, und zwar: Breschko-Breschkowskaja, Kropotkin und Plechanow". Die russische sozialrevolutionäre Bewegung, der russische Anarchismus und die russische Sozialdemokratie treten in Person der alten Generation auf; Anarchismus und Marxismus in Person ihrer angesehensten Begründer.
    Kropotkin bittet, seine Stimme "anzuschließen jenen Stimmen, die das gesamte russische Volk aufriefen, ein für allemal mit dem Zimmerwaldismus zu brechen". Der Apostel der Gewaltlosigkeit verbindet sich sogleich mit dem rechten Flügel der Beratung. Die Niederlage droht nicht nur mit dem Verlust großer Territorien und mit Kontributionen: "Wißt, Genossen, es gibt etwas noch Schlimmeres als all dies: das ist die Psychologie des besiegten Landes." Der alte Internationalist zieht die Psychologie des besiegten Landes ... jenseits der Grenze vor. Daran erinnernd, wie das besiegte Frankreich sich vor dem russischen Zaren erniedrigte - er sieht nicht voraus, wie sich das siegreiche Frankreich vor den amerikanischen Bankiers erniedrigen wird -, ruft Kropotkin aus: "Sollen auch wir das durchmachen? Um keinen Preis!" Es antwortet ihm Beifall des ganzen Saales. Welch rosige Perspektiven eröffnet dagegen der Krieg: "Alle beginnen zu begreifen, daß der Aufbau eines neuen Lebens, auf neuen sozialistischen Grundlagen, nottut ... Lloyd George hält vom sozialistischen Geist durchdrungene Reden ... - In England, in Frankreich, in Italien entsteht ein neues Verständnis für das Dasein, durchdrungen vom Sozialismus, leider vom Staatssozialismus." Wenn auch Lloyd George und Poincare sich "leider" vom Staatsprinzip noch nicht losgesagt haben, so hat sich Kropotkin ihnen ziemlich offen genähert. "Ich glaube", sagt er, "daß wir den Rechten der Konstituierenden Versammlung nichts vorwegnehmen - ich anerkenne vollauf, daß in dieser Frage der souveräne Beschluß ihr gehören muß -, wenn wir, die Versammlung der russischen Erde, laut unseren Wunsch aussprechen, daß Rußland als Republik proklamiert werden möge." Kropotkin besteht auf einer föderativen Republik: "Wir brauchen eine Föderation, wie wir sie in den Vereinigten Staaten sehen." Derart hat sich die bakuninsche "Föderation freier Gemeinden" verwandelt! "Versprechen wir nun einander", beschwört Kropotkin zum Schluß, "daß wir uns nicht mehr in eine linke Hälfte dieses Theaters und in eine rechte teilen wollen ... Wir alle haben doch die gleiche Heimat, und zu ihr müssen wir stehen und, wenn notwendig, für sie fallen, wir alle, Rechte und Linke." Gutsbesitzer,

Weitere Kostenlose Bücher