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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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sah, ertönten die versöhnlerischen Gemeinplätze noch ein letztes Mal als Hoffnungsmotiv. Aber auch Zeretelli war im Grunde genommen bereits sein eigenes Gespenst.
    Im Namen der rechten Saalhälfte antwortete der Demokratie Miljukow, der hoffnungslos nüchterne Vertreter der Klassen, denen die Geschichte den Weg der nüchternen Politik abgeschnitten hatte. In seiner Geschichte gibt der Führer des Liberalismus genügend ausdrucksvoll die eigene Rede in der Staatsberatung wieder. "Miljukow gab ... eine gedrängte, auf Tatsachen gestützte Übersicht der Fehler der "revolutionären Demokratie" und zog das Fazit: ... Kapitulation in der Frage der "Demokratisierung der Armee", begleitet von Gutschkows Rücktritt; Kapitulation in der Frage der "Zimmerwalder" Außenpolitik, begleitet vom Rücktritt des Ministers des Auswärtigen (Miljukow); Kapitulation vor den utopischen Forderungen der Arbeiterklasse, begleitet vom Rücktritt Konowalows (Minister für Handel und Industrie); Kapitulation vor den radikalen Forderungen der Nationalitäten, begleitet vom Rücktritt der übrigen Kadetten. Die fünfte Kapitulation, vor den Expropriationsbestrebungen der Massen in der Agrarfrage ... führte zum Rücktritt des ersten Vorsitzenden der Provisorischen Regierung, Fürsten Lwow." Das ist keine üble Krankheitsgeschichte. Was die Kur betrifft, ging Miljukow über Polizeimaßnahmen nicht hinaus: man muß die Bolschewiki erdrosseln. "Angesichts der augenscheinlichen Tatsachen", entlarvte er die Versöhnler, "waren diese gemäßigteren Gruppen gezwungen, zuzugeben, daß es unter den Bolschewiki Verbrecher und Verräter gibt. Doch wollen sie bis jetzt noch immer nicht zugeben, daß der Grundgedanke, der diese Anhänger anarcho-syndikalistischer Kampfhandlungen verbindet, an sich verbrecherisch ist." (Beifall.)
    Der allerdemütigste Tschernow erschien noch immer als ein Bindeglied, das die Koalition mit der Revolution zusammenhielt. Fast sämtliche Redner des rechten Flügels: Kaledin, die Kadetten Maklakow und Astrow, versetzten Tscher-now Schläge, dem im voraus befohlen worden war, zu schweigen, und den niemand unter seinen Schutz nahm. Miljukow seinerseits erinnerte daran, daß der Ackerbauminister "selbst in Zimmerwald und in Kienthal gewesen und dort die schärfsten Resolutionen befürwortete". Das traf nicht die Augenbraue, sondern das Auge: bevor er Minister des imperialistischen Krieges ward, hatte Tschernow tatsächlich seine Unterschrift unter einige Dokumente der Zimmerwalder Linken, das heißt der Fraktion Lenins, gesetzt.
    Miljukow verheimlichte der Beratung nicht, daß er von Anfang an Gegner der Koalition gewesen, weil er der Ansicht war, sie "werde nicht stärker, sondern schwächer sein als die aus der Revolution hervorgegangene Regierung", das heißt die Regierung Gutschkow-Miljukow. Und auch jetzt befürchte er "sehr, daß die gegenwärtige Zusammensetzung der Exekutoren ... keine Garantie für die Sicherheit der Person und des Eigentums bietet". Wie dem auch sei, er, Miljukow, verspreche der Regierung Unterstützung "freiwillig und ohne Streit". Die Treubrüchigkeit dieses großmütigen Versprechens wird sich nach zwei Wochen vollends enthüllen. Im Augenblick rief die Rede bei niemand Begeisterung hervor, gab aber auch keine Veranlassung zu stürmischen Protesten. Der Redner wurde mit recht trockenem Beifall empfangen und entlassen.
    Die zweite Rede Zeretellis lief hinaus auf Versicherungen, Schwüre, Wehklagen: das alles ist doch für euch: Sowjets, Komitees, demokratische Programme, pazifistische Parolen - all das schützt euch: "Wem war es leichter, die Truppen des russischen revolutionären Staates in Bewegung zu setzen - dem Kriegsminister Gutschkow oder dem Kriegsminister Kerenski?" Zeretelli wiederholte fast wörtlich Lenin, nur sah der Führer des Versöhnlertums dort Verdienst, wo der Führer der Revolution Verrat brandmarkte. Der Redner entschuldigte sich ferner wegen der übermäßigen Milde in bezug auf die Bolschewiki: "Ich sage euch: die Revolution war unerfahren im Kampfe mit der Anarchie, die von links kam." (Stürmischer Beifall rechts.) Aber nachdem "die ersten Lehren empfangen wurden", hat die Revolution ihren Fehler korrigiert: "das Ausnahmegesetz ist bereits durchgeführt". In den gleichen Stunden wurde Moskau insgeheim vom Sechser-Komitee geleitet - zwei Menschewiki, zwei Sozialrevolutionäre, zwei Bolschewiki -, das die Stadt vor der Gefahr der Umwälzung seitens jener schützte, denen

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