Geschichte des Westens
Sympathien ein, die ihm die Bauern entgegenbrachten. Kurz nach dem Regierungsantritt Carols II. wurde Maniu entmachtet; im Oktober 1930 trat er zurück. Bei den Wahlen vom Juni 1931, die auf ähnliche Weise von «oben» manipuliert wurden wie die meisten Wahlen vor 1928, erlitt die Nationale Bauernpartei eine schwere Niederlage.
Im Oktober 1932 gelangte Maniu nochmals für kurze Zeit ins Amt des Ministerpräsidenten. Während des Jahres 1933 lösten unter dem Eindruck einer schweren Finanzkrise mehrere Regierungen der «Nationalzaranisten» einander in raschem Wechsel ab. Im November 1933 ernannte der König den Vorsitzenden der Nationalliberalen Partei, Ion Duca, zum Regierungschef. Sechs Wochen später, am 29. Dezember, wurde Duca von Aktivisten der «Eisernen Garde», einem rechtsextremen, entschieden antisemitischen Kampfbund, ermordet. Er war nicht das erste Opfer dieser Organisation des rumänischen Faschismus, die als Erkennungszeichen ein blaugelbrotes Band mit dem Hakenkreuz trug: Im Oktober 1924 hatte der Gründer und Führer Corneliu Zelea Codreanu, der Sohn eines polnischen Vaters namens Zelinski und einer deutschen Mutter, den Polizeipräfekten Constantin Manciu erschossen. Die Tat Codreanus wurdenicht geahndet: Seine Richter solidarisierten sich demonstrativ mit ihm und sprachen ihn frei.
Unter Ducas Nachfolger Gheorgiu Tatarescu, der bis 1937 im Amt blieb, trat eine gewisse finanzielle und wirtschaftliche Stabilisierung ein. Die «Eiserne Garde», ursprünglich die «Legion des Heiligen Michael» genannt, wurde verboten; sie fand jedoch in der Organisation «Alles für das Land» eine Nachfolgeorganisation, die bei den Wahlen von Dezember 1937 auf 16 Prozent der abgegebenen Stimmen kam. Da keine Partei bei dieser Wahl die Marke von 40 Prozent (und damit eine sichere Mandatsmehrheit) erreichte, fühlte sich Carol ermächtigt, einen Ministerpräsidenten nach eigenem Gutdünken zu ernennen. Er entschied sich für den Dichter und entschiedenen Antisemiten Octavian Goga, den Vorsitzenden der Christlichen Nationalisten, die 9 Prozent der Stimmen erhalten hatten. Da dieser keine parlamentarische Mehrheit zustande brachte, löste der König das Parlament auf und errichtete im Februar 1938, ähnlich wie Alexander I. 1929 in Jugoslawien, eine Königsdiktatur à la Bukarest. Er berief ein Kabinett der nationalen Konzentration unter dem Patriarchen Myron Cristea, ließ die Verfassung aufheben und alle Parteien verbieten. Ein manipuliertes Plebiszit verschaffte dem Putsch des Monarchen den Schein der Legitimität; eine neue Verfassung vom 27. Februar 1938 stattete das autoritäre Regime mit einem Anschein von Legalität aus. Die illegale Eiserne Garde, die Urheberin zahlloser Terrorakte, wurde erneut verfolgt, ihr Führer Codreanu verhaftet und Ende November 1938 auf Weisung des Königs «auf der Flucht erschossen», also ermordet. Im Jahr darauf fiel Innenminister Armand Calinescu, der entschiedenste Gegner der Eisernen Garde, einem Attentat von Anhängern Codreanus zum Opfer.
Außenpolitisch hatte sich Rumänien 1921 mit der Tschechoslowakei und Jugoslawien zur «Kleinen Entente» zusammengetan und überdies ein Bündnis mit Polen abgeschlossen. Im Juni 1926 folgten Bündnis- und Freundschaftsverträge mit Frankreich und Italien sowie erneut mit Polen. Nach der Einrichtung der nationalsozialistischen Diktatur verbesserte sich das Verhältnis zu Deutschland: Das «Dritte Reich» war aufs höchste am Import von Agrarprodukten und Erdöl aus Rumänien interessiert, während ihm gleichzeitig daran lag, Südosteuropa, also auch Rumänien, durch Export industriell von sich abhängig zu machen.
Gewissermaßen als Gegengewicht zur verstärkten deutschrumänischen Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem Gebiet suchte Carol II. die politische Allianz mit Frankreich zu festigen. Ganz auf dieser Linie lagen der Balkanpakt mit der Türkei, Griechenland und Jugoslawien vom Februar 1934, der unter der Regierung Tatarescu abgeschlossen wurde. Im gleichen Jahr nahm Bukarest diplomatische Beziehungen mit der Sowjetunion auf, nachdem diese die Souveränität Rumäniens über Bessarabien anerkannt hatte. Zu einem Beistandspakt mit Moskau aber, wie ihn die Tschechoslowakei im Mai 1935 abschloß, konnte sich Rumänien nicht durchringen: Er hätte das nationalsozialistische Deutschland allzu sehr herausgefordert und der antikommunistischen Stimmung breiter Bevölkerungskreise schroff widersprochen. Die radikale
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