Geschichte des Westens
Partei Rußlands in Kommunistische Partei der Sowjetunion umbenannte, wurde die Doktrin vom «Aufbau des Sozialismus in
einem
Lande» ebenso gebilligt wie die neue Landwirtschaftspolitik. Unmittelbar darauf begann die neue Führung, die Leningrader Parteiorganisation von Anhängern Sinowjews zu säubern. Eine maßgebende Rolle spielte dabei der erst neununddreißig-jährige Funktionär Sergej M. Kirow, der wenig später Sinowjews Nachfolge als Parteisekretär von Leningrad antreten sollte. Im Januar 1926 legte Stalin sein Buch «Probleme des Leninismus» vor, in dem er Sinowjew und Kamenew massiv angriff, Trotzki aber unerwähnt ließ.
Die Parole vom «Aufbau des Sozialismus in
einem
Lande» war innenpolitisch populär. Sie appellierte an ein Gefühl, das man später «Sowjetpatriotismus» nannte: den Stolz darauf, daß die Sowjetunion das einzige Land war, in dem die «rote» Revolution gesiegt und sich gegenüber einer Welt von Feinden behauptet hatte. Außenpolitisch führte die neue, von den «Rechten» bestimmte Linie zu einer Reihe von taktischen Bündnissen mit reformistischen Gewerkschaften und Arbeiterparteien. Der früheste Fall war die Gründung des Ständigen englisch-russischen Gewerkschaftskomitees im April 1925, ein weiterer das Zusammengehen von KPD und SPD beim Volksbegehren und Volksentscheid zur Fürstenenteignung im Jahr darauf. Beide Spielarten von proletarischer «Aktionseinheit» verfehlten ihr Ziel, aber das half den «Linken» in der KPdSU nicht in ihrem Kampf gegen die «Rechte».
Sinowjew und Kamenew begingen im Frühjahr 1926 den schweren Fehler, sich mit Trotzki zu verbünden, was ihren Machtverlust beschleunigte. Im Oktober 1926 wurde Trotzki aus dem Politbüro entfernt und Sinowjew als Generalsekretär der Komintern durch Bucharin abgelöst. Ein Jahr später, im November 1927, erfolgte der Parteiausschluß der beiden, wenig später, auf dem 15. Parteitag der KPdSU im Dezember, auch der von Kamenew. Daraufhin spaltete sich die Opposition: Sinowjew und Kamenew widerriefen ihre Ansichten, was ihnen 1928 die Wiederaufnahme in die KPdSU ermöglichte. Trotzki verweigerte jede Selbstverteidigung und mußte im Dezember 1927 in die Verbannung nach Alma Ata in Kasachstan gehen. Im Januar 1929 wurde er aus der Sowjetunion ausgewiesen. Es begannein elfjähriges Exil, das mit seiner Ermordung durch einen Agenten der sowjetischen Geheimpolizei am 21. August 1940 in Mexiko endete.
Im Jahr 1927 erlitt Stalins Außenpolitik zwei schwere Rückschläge. Im Mai brach Großbritannien, nachdem eine Durchsuchung der sowjetischen Handelsvertretung belastendes Agitations- und Propagandamaterial zutage gefördert hatte, die diplomatischen Beziehungen zur Sowjetunion ab. (Sie wurden erst 1929 unter der neuen Labourregierung wieder aufgenommen.) Einen katastrophalen Verlauf nahm die sowjetische Chinapolitik, für die Stalin seit 1924 die Hauptverantwortung trug. Die Bolschewiki hatten die 1921 gegründete Kommunistische Partei Chinas seit 1923 angehalten, nur in enger Zusammenarbeit mit der nationalistischen Kuomintang unter Sun Yatsen, ja als Teil derselben in dem seit 1916 ausgefochtenen Bürgerkrieg tätig zu werden. Nach dem Tod Sun Yatsens im März 1925 stieg General Tschiang Kaischek zum starken Mann dieser Partei auf. 1926 begann er mit der systematischen Ausschaltung und Verfolgung der Kommunisten.
Der blutige Höhepunkt war das Massaker von Shanghai im April 1927. Shanghai war erst im März nach einem kommunistischen Aufstand gegen den örtlichen Militärbefehlshaber von Truppen der Kuomintang eingenommen worden. Tschiang Kaischek aber ließ unmittelbar nach seinem Einzug in die Stadt die Kommunisten in Shanghai und Nanking, soweit sie nicht hatten fliehen können, hinrichten, einen weiteren Arbeiteraufstand blutig niederwerfen, in Nanking eine Gegenregierung zur «linken» Kuomintang-Regierung in Wuhan, dem früheren Hankau, bilden und die Beziehungen zur Sowjetunion abbrechen.
Die Kommunisten antworteten, von der Komintern und Stalin dazu gedrängt, mit einer Reihe von putschistischen Aktionen. Die letzte dieser Unternehmungen war ein Arbeiteraufstand in Kanton, der im Dezember 1927 ähnlich blutig niedergeworfen wurde wie der in Shanghai. Das Scheitern der Kommunistischen Partei Chinas war auch Stalins persönlicher Mißerfolg. Der junge Mao Tse-tung, ein Bauernsohn und gelernter Bibliothekar, der wie alle frühen chinesischen Kommunisten stark von der antiimperialistischen Bewegung
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