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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Explosion von Alamogordo informiert wurden – zu dem Schluß, daß ihr Eintritt in den Krieg gegen Japan nun nicht mehr nötig sei. Byrnes hoffte zunächst auch, daß dieneugewonnene militärische Stärke der Vereinigten Staaten einen positiven Einfluß auf die sowjetische Politik in Europa haben könnte, stand damit aber in der amerikanischen Delegation in Potsdam allein. Truman legte seit dem 21. April keinen Wert mehr darauf, daß die Sowjetunion Japan den Krieg erklärte, unternahm aber nichts, um diesen Schritt zu verhindern. Eine andere politische Wirkung des Ereignisses in der Wüste von New Mexico ist zu vermuten: Die Atombombe dürfte Truman in der Absicht bestärkt haben, die Sowjetunion nicht an der Besetzung Japans zu beteiligen und ihr so die Möglichkeit zu nehmen, den USA dort ähnliche Schwierigkeiten zu bereiten wie in Deutschland.
    Was Europa anging, vollzogen die Vereinigten Staaten im Sommer 1945 keine antisowjetische Kehrtwende – auch nicht im Hinblick auf die vor allem von Kriegsminister Stimson befürwortete Zusammenarbeit zwischen den USA und der Sowjetunion bei der Rüstungskontrolle. Von einer Verhärtung der amerikanischen Position gegenüber Moskau auf der Potsdamer Konferenz seit dem 21. Juli konnte keine Rede sein. Vielmehr setzten die Vereinigten Staaten weiterhin auf Kooperation mit der Sowjetunion, wobei sie das Vorhandensein einer sowjetischen Einflußsphäre in Südost- und Ostmitteleuropa faktisch akzeptierten. Die Atombombe war eine militärtechnologische Revolution, die die politischen Gewichte im westlichen Lager, im Verhältnis zur Sowjetunion und damit im globalen Maßstab zugunsten Amerikas verschob. Eine «atomare Diplomatie» im Sinne von Alperovitz aber betrieben die Vereinigten Staaten 1945 nicht. Der Kalte Krieg begann erst später.
    Der Eintritt der Sowjetunion in den Krieg gegen Japan am 8. August 1945 war zwar spät, gewissermaßen in letzter Sekunde, erfolgt, aber dieser Schritt war doch sehr viel mehr als ein symbolischer Akt. Die Rote Armee stieß unmittelbar nach der Kriegserklärung in die Mandschurei vor und entsandte Truppen in den Nordteil Koreas sowie auf die Kurilen und nach Sachalin, die beide dem sowjetischen Staatsgebiet einverleibt wurden. (Im Fall der vier südlichsten Kurilen, die nicht zu den 1875 vom Zarenreich an Japan abgetretenen Inseln gehörten, bedeutete das die Annexion von japanisch besiedeltem Territorium, gefolgt von der Vertreibung der dort lebenden Bevölkerung.) In Korea dauerten die Kämpfe noch bis zum 20. April an. Die Kapitulation derjapanischen Truppen nahm, einer Absprache mit den USA gemäß, nördlich des 38. Breitengrades die sowjetische, südlich davon die amerikanische Seite entgegen. Damit wurde eine Demarkationslinie ins Leben gerufen, die sich bald als äußerst konfliktträchtig erweisen sollte.
    In China erfolgte die Kapitulation der japanischen Truppen gegenüber Marschall Tschiang Kai-schek am 9. September. Knapp acht Wochen zuvor, am 14. August, hatte die Sowjetunion mit Chiang einen Freundschafts- und Bündnisvertrag abgeschlossen, in dem sie sich die von den Westmächten in Jalta zugestandenen Rechte in bezug auf die Mandschurei, eine Marinebasis in Port Arthur (Lüshun) nebst weiteren Privilegien auf der Halbinsel Laodong bestätigen ließ und die Anerkennung der Unabhängigkeit der Äußeren Mongolei durch die nationalchinesische Regierung. Innenpolitisch bedeutete der Vertrag eine Stärkung der Kuomintang, der Partei Chiangs, im Machtkampf mit den chinesischen Kommunisten unter Mao Zedong, was dieser nur als Affront empfinden konnte.
    Mao hatte in den Jahren zuvor im Norden Chinas einen zähen Guerillakrieg gegen die Japaner geführt. Im August 1945 beteiligte er sich mit seinen Truppen an der sowjetischen Invasion in Nordchina. Auf sowjetisches Drängen und amerikanische Vermittlung hin führte Mao ab Ende August in Tschungking, dem provisorischen Sitz der nationalchinesischen Regierung, Verhandlungen mit Tschiang Kai-schek. Sie mündeten am 10. Oktober in eine gemeinsame Erklärung, in der beide Seiten ihre Bereitschaft zu friedlicher Zusammenarbeit zu Protokoll gaben. Das Kommuniqué sollte ein Stück Papier bleiben. Es führte ebensowenig zu einer Verständigung zwischen den gegnerischen Lagern wie eine weitere, von den Amerikanern mehr oder minder erzwungene Übereinkunft vom 25. Februar 1946 über Truppenstärken und Truppenverteilung. Im April brachen heftige Kämpfe zwischen Nationalisten und

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