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Geschichte Hessens

Geschichte Hessens

Titel: Geschichte Hessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank-Lothar Kroll
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den nationalsozialistischen Maßnahmen zur «Vernichtung lebensunwerten Lebens» im vermeintlichen Interesse einer «biologischen Gesundung» des deutschen Volkes. Einige hessische Ortschaften haben in diesem Geschehenszusammenhang eine trübe und traurige Berühmtheit erlangt. Die Heil- und Pflegeanstalt in Hadamar bei Limburg wurde zum zentralen Ort von Massentötungen psychisch Kranker und Behinderter im Rahmen der nationalsozialistischen «Euthanasie»-Politik. Ab Januar 1941 wurden insgesamt mehr als 10.000 Menschen aus allen Gebieten Hessens nach Hadamar verschleppt und dort umgebracht. Die nassauischen Anstalten Eichberg, Herborn und Weilmünster dienten als Durchgangsstationen.Erst nach heftigem öffentlichen Protest des katholischen Bischofs von Limburg, Antonius Hilfrich (1873–1947), gegen das «himmelschreiende Unrecht», sahen sich die Verantwortlichen veranlaßt, die Mordaktionen in Hadamar vorübergehend einzustellen. Es dauerte jedoch nicht lange, bis sie unter größter Geheimhaltung fortgesetzt wurden.
     
    Bombenkrieg.
Die alliierten Bombenangriffe, denen in weniger als einem Jahr nahezu alle deutschen Großstädte zum Opfer fielen, wüteten in Nord- und Mittelhessen und in den industriellen Ballungszentren der Rhein-Main-Region mit besonderer Heftigkeit. Der Bombenterror war die brutale Antwort auf den von Hitler entfesselten und mit äußerster Brutalität geführten nationalsozialistischen Eroberungs- und Vernichtungsfeldzug. Die Innenstadt Frankfurts wurde am 18. und am 22. März 1944 vollständig ausgelöscht (5000 Tote), Kassel bereits am 23. Oktober 1943 (6000 Tote, davon 1000 Kinder). Die systematische Zerstörung Darmstadts, aus militärstrategischer Sicht völlig irrelevant, folgte am 11. September 1944 (9000 Tote, davon 2000 Kinder und 900 ausländische Kriegsgefangene). Gießen und Mainz sanken Ende 1944 bzw. Anfang 1945 ebenso in Schutt und Asche wie Hanau, Offenbach und Rüsselsheim. Am Tag der Kapitulation der deutschen Wehrmacht (7./8. Mai 1945) waren weite Teile Hessens infolge des systematischen Flächenbombardements durch die britische und amerikanische Luftwaffe nur noch ein Ruinenfeld unvorstellbaren Ausmaßes. Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch, aus einem vom Krieg unzerstört gebliebenen Land im Mai 1946 zu Besuch nach Frankfurt kommend, hat die dortige Trümmerwüste eindrucksvoll beschrieben: «Die Ruinen stehen nicht, sondern versinken in ihrem eigenen Schutt, und oft erinnert es mich an die heimatlichen Berge, schmale Ziegenwege führen über die Hügel von Geröll, und was noch steht, sind die bizarren Türme eines verwitterten Grates; einmal eine Abortröhre, die in den blauen Himmel ragt, drei Anschlüsse zeigen, wo die Stockwerke waren. So stapft man umher …, und manchmal ist man erstaunt, daß es ein weiteres Erwachen nicht gibt» (Sarkowicz 1988, S. 95).

VI. Hessen nach 1945
1. Neuanfang und Wiederaufbau
    Das neue Land und seine Verfassung.
Mit der Rheinüberquerung bei Oppenheim am 22. März 1945 und der darauf folgenden Besetzung Darmstadts, Frankfurts, Wiesbadens und Kassels durch amerikanische Truppen war der Krieg für Hessen faktisch zu Ende. Die politische Neuordnung des Landes vollzog sich nach der deutschen Kapitulation zunächst ausschließlich auf Initiative der amerikanischen Besatzungsmacht. Als Trägerin der obersten Staatsgewalt stellte sie alle Weichen für die weitere Entwicklung im Rahmen der Errichtung eines parlamentarischdemokratischen Verfassungsstaats in Hessen – vom Aufbau lokaler und regionaler Verwaltungseinheiten und von der Wiederzulassung politischer Parteien über die Entfernung belasteter Beamter und sonstiger Führungskräfte aus Verwaltung und Wirtschaft bis hin zur Erarbeitung einer demokratischen Verfassung und zur Anordnung und Durchführung der ersten freien Wahlen. Die folgenreichste Entscheidung indes war die auf amerikanische Initiative am 19. September 1945 vollzogene Gründung des Landes «Groß-Hessen». Landeshauptstadt wurde die – mit einem Zerstörungsgrad von «nur» etwa 25 % – vergleichsweise intakt gebliebene ehemalige nassauische Residenz Wiesbaden, die bis heute den Hessischen Landtag beherbergt. Das Territorium des neuen Staates umfaßte all jene hessischen Gebiete, die in der amerikanischen Zone lagen, also die ehemals preußische Provinz Hessen-Nassau (einschließlich des zum Regierungsbezirk Kassel gehörenden Kreises Waldeck) sowie den früheren Volksstaat Hessen-Darmstadt.

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