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Geschichte machen: Roman (German Edition)

Geschichte machen: Roman (German Edition)

Titel: Geschichte machen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Hose. »Nein!« sagte ich. »Bitte nicht! Du willst mir doch nicht im Ernst erzählen, daß ich Sport treibe, oder? Das hat mir gerade noch gefehlt.«
    »Willst du mich verarschen oder was? Mikeys Slider trifft keiner.«
    »Slider?«
    »Komm schon. Laß mal sieben Kröten rüberwachsen; wir machen halbe-halbe.«
    Ich holte mein Portemonnaie aus den Shorts und zog ein paar Scheine heraus.
    »Sieben Kröten?« sagte ich und fächerte die Scheine vor mir aus. »Die sehen doch alle gleich aus.«
    »Was du nicht sagst«, meinte Steve und schnappte sich ein paar. »Stimmt so, okay?«
     
    Als wir wieder auf der Nassau Street standen, das neugotische Disneyland der Universität direkt vor der Nase, schlug Steve einen Spaziergang über den Campus vor.
    Er erklärte mir, Studenten fingen als
Erstsemester
an, würden dann
Sophomores
,
Juniors
und im vierten und letzten Jahr
Seniors
. Wir beide hätten das
Junior Year
fast hinter unsund gehörten also zum »Abschlußjahr« 1997, dem Jahr unseres Examens. Steve studierte Physik, wollte aber kein Naturwissenschaftler bleiben. Manchmal dachte er daran, Schriftsteller zu werden. Er hatte Seminare über Geschichte und Lyrik belegt und die ganz nett gefunden.
    Während des Spaziergangs bekam ich jede Menge Stadtgeschichte eingetrichtert.
    Steve zeigte auf ein elegantes, efeubewachsenes Gebäude vor uns. »Ein früher Gouverneur von New Jersey, Jonathan Belcher, hat Entscheidendes zur Gründung von Princeton College beigetragen. Zum Glück war er ein sehr bescheidener Mann, sonst hieße die Nassau Hall, die dieses Jahr ihren 250. Geburtstag feiert, wahrscheinlich Belcher Hall, und eine ›Rülpserhalle‹ wäre doch etwas peinlich. 1777 hat George Washington die Briten an der Nassau Hall zurückgeschlagen, und fünf Jahre später wurde Princeton vorübergehend Hauptstadt der Vereinigten Staaten. Bis auf den heutigen Tag haben wir das Privileg, nachts das Sternenbanner hissen zu dürfen. Washington kehrte hierher zurück, um den Dank des Kontinentalkongresses für seine Kriegsführung entgegenzunehmen, und am 31. Oktober 1783 traf genau hier, wo wir jetzt stehen, die Nachricht ein, der Friede von Paris sei unterzeichnet worden, womit die amerikanische Revolution offiziell beendet war. Besucher werden gebeten, den Rasen nicht zu betreten. Benutzen Sie bitte kein Blitzlicht beim Fotografieren im Inneren der Gebäude. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.«
    »Sag mal, woher weißt du denn den ganzen Quark?« fragte ich.
    »Als Sophomore habe ich Touristen herumgeführt. Hier finden dauernd Besichtigungen statt. Du warst übrigens auch Stadtführer.«
    »Ehrlich?«
    »Na klar. Das machen viele Studenten. Leicht verdientes Geld. Das da drüben ist Stanhope Gate. Da geht man bei den Abschlußfeierlichkeiten durch, deswegen soll es Unglückbringen, wenn man es vorher durchquert. Das ist ein richtiger Aberglaube geworden; außer an seinem letzten Tag geht da niemand lang.«
    Ich fragte, ob wir uns nicht lieber die Gebäude anschauen könnten, die mir seiner Meinung nach am ehesten bekannt vorkommen müßten.
    »Gern«, sagte Steve, »wir gucken mal, wer am Chancellor Green rumhängt, da verbringst du ziemlich viel Zeit. Vielleicht fällt mir unterwegs noch was ein. Genau, eins solltest du noch wissen: In grauer Vorzeit wurde das Land um eine Universität herum
Yard
oder
Green
genannt. Aber Ende des 18. Jahrhunderts beschloß der damalige Rektor von Princeton, Jonathan Witherspoon, ein Altphilologe von echtem Schrot und Korn, die Felder um Nassau Hall ›Campus‹ zu nennen, weil ›Feld‹ auf lateinisch ›campus‹ heißt, und deswegen liegen Hochschulen heute immer auf einem ›Campus‹. Toll, was?«
    Ich bestätigte, daß das toll sei. Er schien sich über meine Fortschritte zu freuen.
    »Noch was«, sagte er. »Es gibt zwei Theorien, warum die besten Unis der USA ›Ivy League‹ genannt werden. Der ersten zufolge pflanzte früher jeder Abschlußjahrgang in Princeton Efeu an der Fassade von Nassau Hall. Dieser Brauch wurde vor einigen Jahrzehnten abgeschafft, so um 1941 rum, als der ganze Bau zugewuchert war. Deswegen pflanzen die Graduierten ihren Efeu heutzutage unter die Plakette ihres Jahrgangs an der Rückwand. Aber daher soll der Name Ivy League stammen. Vom Efeu.«
    »Klingt plausibel«, meinte ich. »Und die zweite Theorie?«
    »Bei der zweiten muß man vorausschicken, daß es um die Mitte des 18. Jahrhunderts nur Harvard, Yale, Princeton und … noch eine gab, Cornell oder

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