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Geschichten aus der Murkelei

Titel: Geschichten aus der Murkelei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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im Dorfe daheim die Herde in die Ställe, und die große rotscheckige Kuh vom |96| Müller läute mit der Glocke an ihrem Hals der Herde voran. Als sie aber die Glocke weiterschwang, klirrten die Riegel an der
     Kellertür, die Tür sprang auf, und herein trat der dürre, gelbe Hans Geiz und sprach grämlich: »Bist du fertig? Hast du auch
     sauber geputzt? Hast du auch keinen Kupferling ausgelassen?« Und er wühlte in den Tonnen.
    Als er aber sah, es war alles ordentlich gemacht, sprach er zu dem Mädchen: »So hast du dir den dritten Teil vom goldenen
     Taler verdient. Komm mit, daß ich dir die Arbeit weise, mit der du dir das zweite Drittel verdienen kannst.«
    Da faßte sich Anna Barbara ein Herz und bat den harten Hans Geiz beweglich, er möge sie doch gehen lassen, sie halte es hier
     nicht aus im öden Keller, ohne eine Menschenstimme, ohne liebe Sonne und ohne bunte Blumen. Das Putzwasser in der Flasche
     fing an zu brodeln und zu spucken, als sei das Männchen überaus wild. Aber der Hans Geiz sagte kalt, Vertrag sei Vertrag,
     er lasse sie erst gehen, wenn sie ihre Zeit abgedient habe. Damit faßte er sie am Arm und wollte sie in einen andern Keller
     führen.
    Anna Barbara aber riß sich von ihm los und lief aus der kleinen Stube in den großen Saal, und sie rannte zwischen den Stiefel-
     und Matratzenhaufen und zwischen den Bergen von altem Papier, so rasch sie nur rennen konnte. Der Hans Geiz eilte sich gar
     nicht, denn er wußte ja, sie kann wegen der Hunde Gier und Neid doch nicht heraus. Die Hunde aber, als sie Anna Barbara heranlaufen
     sahen, sprangen auf, zerrten an ihren Ketten und warfen aus ihren Mäulern so viel glühendes Feuer in die Luft, daß Anna Barbara
     von der Hitze ohnmächtig hinsank.
    Da nahm sie Hans Geiz auf seinen Arm und trug sie gemächlich in den andern Keller, wo er sie auf ein Lager legte. Als Anna
     Barbara aus ihrer Ohnmacht erwachte, war sie ganz allein in einem Keller, noch viel größer als der Kupferkeller. Und an den
     Wänden dieses Kellers standen viele Tonnen mit beschmutztem Silbergeld, und hatten im andern |97| Keller vielleicht zwanzig Tonnen gestanden, so waren es hier vierzig oder gar fünfzig.
    Bei diesem Anblick fing Anna Barbara bitterlich an zu weinen, und sie klagte über ihr jämmerliches Leben, das sie nun ewig
     putzend in öden Kellergewölben verbringen müsse, und nie, nie werde sie das Putzen dieses Silbers bewältigen.
    Als sie aber so weinte und klagte, hörte sie ein böses, hämisches Lachen, und als sie aufschaute, saß das Putzwassermännlein
     auf dem Tisch, lachte sie aus und sprach: »Ge schieht dir ganz recht, du ungetreue Liebste! Hast du mir nicht die Heirat versprochen, und nun wolltest du von mir fortlaufen in
     die Welt hinaus und mich allein im Wasser sitzen lassen –?!«
    Zornig rief Anna Barbara: »Gar nichts habe ich dir versprochen! Glaubst du denn wirklich, ich will einen alten Knacker heiraten
     mit einem Kahlkopf wie ein nacktes Knie, einer Knollennase, blau wie eine Kornblume, und einem Strubbelbart, der mir bei jedem
     Kuß die Lippen zersticht? Nie und nie wirst du mein Mann werden!«
    »So?« fragte das Männchen giftig, »werde ich nicht dein Mann?! So helfe ich dir auch nicht beim Putzen, und du kommst nie
     wieder aus dem Gewölbe!«
    Damit fuhr es zornig in die Flasche, aber weder Schaum noch Blasen zeigten, daß es im Putzwasser wohltätig wirke. Und als
     Anna Barbara wieder an ihre Arbeit ging, mochte sie reiben und polieren, das Silbergeld wollte nicht blank werden. Da warf
     sie sich verzweifelt auf ihr Lager und dachte: Ich werde nichts mehr essen noch trinken, dann sterbe ich und brauche mich
     nicht mehr zu plagen. Dann bin ich tot wie die liebe Großmutter und bin vielleicht bei ihr und ohne Not.
    Darüber schlief sie ein, und im Traum war ihr, als säße die gute Großmutter neben ihrem Lager und spräche: »Was man sich einmal
     vorgenommen hat, das muß man auch durchführen, Anna Barbara. Nun halte aus, bis du dir den |98| Goldtaler verdient hast. Mit dem Männlein aber mache deinen Frieden, so oder so, denn es kann dir allein aus diesem Gewölbe
     helfen. Es wird schon kein Unmensch sein und nichts Unmögliches von dir verlangen.«
    Da seufzte die Anna Barbara im Traum und sprach: »Er will aber doch, daß ich ihn heirate. Und ich kann doch nicht mit ihm
     im Putzwasser leben!«
    Da verzog die Großmutter das Gesicht recht grämlich und sprach: »Ja, Kind, wenn du nur den goldenen Taler hättest, so

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