Geschichten von der Bibel
ich nicht glauben«, sagte Bileam ben Beor, und das feine Lächeln drückte sich wieder in das Gold seines Gesichtes. »Was muß das für ein Gott sein, der eine solche Vorführung notwendig hat, um seine Macht zu demonstrieren? Warum baut ihr ihm Tempel? Laßt ihn doch auf dem Marktplatz auftreten!«
Und Aaron ertappte sich dabei, daß er dem Goldenen im Innersten recht gab. Der Gott, an den er geglaubt hatte, war ein Gott des Geistes, ein abstrakter Gott, so abstrakt wie das Gesetz und ebenso makellos. Er war nicht aus auf Effekt und Applaus. Aber Aaron schalt sich gleich: Was muß ich doch für ein Schwachgläubiger sein, daß ich mich durch das Gold in der Stimme dieses Mannes blenden lasse! Gott ist, wie er ist, und wenn es ihm gefällt zu zaubern, dann zaubert er eben.
Moses hingegen hatte das Spiel mit dem fressenden Stock gefallen.
»Gut«, sagte er zu Bileam ben Beor, »wenn dir das nicht Wunder genug ist!«
»Es ist genug!« rief der Pharao.
Adikos war sehr erschrocken. Magie im allgemeinen war ihm ein Greuel, er war ein aufgeklärter Tyrann, und das hieß für ihn, alles, was war, sollte ihm dienen, denn er war mächtiger, und mächtiger war er, weil ihm und seiner Polizei alles gehorchte. Gegen Stöcke, die andere Stöcke auffressen, kann auch die Polizei nichts machen.
»Mir genügt es!« wiederholte er.
Aber Moses hörte nicht auf ihn, er schwang seinen Stab, der satt war von den anderen Stäben, und er schwang ihn über den Köpfen der Magier. Die duckten sich und hielten die Arme über sich, als gelte es, Schläge abzuwehren. Aber Moses wollte sie nicht schlagen.
Er befahl seinem Stab, die Zauberer in Stein zu verwandeln. Und entweder Gott, der den Stab des Moses führte, gefiel das Spiel ebenfalls, oder aber er mußte jetzt weitermachen, wollte er seinen Diener nicht desavouieren, was ja auf ihn zurückgefallen wäre, denn das ganze Spektakel war nur veranstaltet worden, um die Ausmaße seiner Macht zu prüfen.
Alle Magier waren zu Stein geworden, nur Bileam ben Beor nicht. Still war es im Saal.
»Was ist jetzt?« fragte Adikos leise.
Das konnte er sich denken, daß diese Demonstration erst ein Vorspiel war, ein Vorspiel, dem Schrecklicheres folgen würde, wovon dann er betroffen sein würde, wer denn sonst.
»Ich würde sie allesamt im Nil versenken«, sagte Bileam ben Beor. »Ihre Kunst ist nichts wert.«
Dann drehte er sich um und verließ mit dröhnenden Schritten, die goldene Nase hoch oben, den Saal.
»Geh du auch!« sagte Adikos zu Moses. »Und du auch!« zu Aaron. »Ihr sollt euren Willen haben. Sammelt euer Volk, zieht mit eurem Volk in die Wüste. Bringt eurem Gott ein Brandopfer dar! Tut, was ihr wollt! Ich will mich mit eurem Gott nicht anlegen. Sagt ihm, von mir droht ihm keine Gefahr! Er hat sein Volk, ich habe mein Volk. Er soll mich in Frieden lassen. Dann werde ich sein Volk auch in Frieden lassen.«
Da verwandelte Moses die Magier wieder in Menschen zurück, und er und Aaron verließen den Palast des Pharaos.
»Aber ganz recht hattest du nicht«, sagte Aaron zu seinem Bruder, als sie durch die Gassen der Stadt heimwärts gingen.
»In welchem Punkt hatte ich nicht recht?« fragte Moses.
»Du sagtest, Gott werde den Pharao mit Sturheit schlagen. Der Pharao aber hat sich als nachgiebig und einsichtig erwiesen. Was jetzt, wenn unser Volk, was ich befürchte, gar nicht in die Wüste ziehen möchte, wenn es unserem Gott, was ich leider auch befürchte, gar kein Brandopfer darbringen möchte? Dann wird Pharao Adikos über uns lachen.«
»Gott hat den Pharao mit Sturheit geschlagen«, sagte Moses.
Mehr sagte er nicht.
Es schien, als träfen Aarons Befürchtungen zu. Die Führer Israels versammelten sich, und viel Volk war gekommen, ihnen zuzuhören. Moses sollte ihre Fragen beantworten und Rechenschaft abgeben für das, was er getan, was er ohne jede Absprache, im Alleingang unternommen hatte.
»Haben wir dich nicht gewarnt«, sagten die Führer des Volkes. »Adikos ist schlauer als sein Vater. Und er kennt unser Volk besser, als du es kennst. Er erlaubt uns, etwas zu tun, was wir gar nicht tun wollen. Jetzt steht er als ein gütiger Mann da, als ein Vater, der sich tolerant zeigt gegen die Torheiten seiner Kinder. Und wir, wir sind die Dummen und die Querulanten. Aber warum sollten wir in die Wüste ziehen, wenn wir das nicht wollen? Und warum sollten wir Gott ein Brandopfer darbringen? Sag uns einen Grund!«
»Weil es Gott befiehlt«, sagte Moses.
»Wir wissen
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