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Geschichten von der Bibel

Geschichten von der Bibel

Titel: Geschichten von der Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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dann funkte ihm immer wieder sein Allwissen dazwischen, und er mischte Fakten und Daten unter sein Anliegen, und er konnte zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem nicht mehr unterscheiden, weil für den Allwissenden alles wesentlich ist, und er erzählte im selben Atemzug von den Wundern der Schöpfung, und im nächsten Atemzug verriet er, wie viele Haare auf dem Kopf eines Menschen wachsen, wie viele Haare es überhaupt gibt, wie viele Sterne es gibt, wie viele Sekunden seit Anbeginn der Zeit vergangen sind.
    Und er fragte die Leute: »Warum verkehrt ein Spiegel rechts und links und nicht oben und unten? Aus wie vielen Steinen besteht das höchste Haus in der Stadt? Wie viele Engel passen auf eine Nadelspitze? Warum kann man einen Winkel von sechzig Grad mit Zirkel und Lineal nicht in drei gleiche Teile teilen?«
    »Meine Güte!« seufzte Jubal.
    »Mein Gott!« seufzte Jabal.
    Die Leute hörten Noah zu und staunten. Aber seine Botschaft nahmen sie nicht ernst.
    Am Schluß sagte Noah wieder: »Bessert euch, geht in euch, betet, opfert dem großen Gott im Himmel! Glaubt wieder an seine Schöpfung! Und wenn ihr soweit seid, dann kommt zu mir! Ich baue ein Schiff, denn Gott wird die Flut schicken, und nur wer in meinem Schiff ist, wird die Flut überleben!«
    »Von welchem Gott sprichst du?« fragte einer.
    »Vom alten Gott, der alles gemacht hat und alles gut gemacht hat und auch das Gute gemacht hat«, antwortete Noah, und Jabal und Jubal wunderten sich wieder, woher ihr jüngerer Bruder nur diese Worte hatte.
    Aber dieser Zwischenrufer, der war ein Pfiffiger, und er gab keine Ruhe.
    »Wir haben einen neuen Gott!« trumpfte er auf. »Der macht das Gute jeden Tag neu.«
    »Das Gute muß nicht jeden Tag neu geschaffen werden!«
    »Doch! Denn das alte Gute ist aufgezehrt.«
    »Wer sagt das?«
    »Unser neuer Gott!«
    »Du redest vom Teufel«, wetterte Noah.
    »Wer als Gott das Gute neu schafft, den haben die Bewahrer des alten Guten immer für einen Teufel gehalten!« stach der andere nach.
    »Kann deiner das Gewitter machen und den Regen, den Blitz und den Wolkenbruch?«
    »Nein, aber Schirme kann er machen und Blitzableiter und warme Socken.«
    »Dann halt deinen Schirm bereit und überprüf deinen Blitzableiter und pack die warmen Socken ein!« rief Noah.
    Da haben die Leute gelacht und waren auf Noahs Seite und sind nach Hause gegangen und haben sich weiter keine Gedanken gemacht.
    Wenige Tage später erschien Noah wieder im Büro seiner Brüder Jubal und Jabal und sagte: »Ich habe versucht, mit eurem Holz ein Schiff zu bauen, es ist mir nicht gelungen.«
    »Hast du denn einen Plan?« fragten Jabal und Jubal.
    »Der Engel Uriel hat mir die Maße für das Schiff angegeben«, sagte Noah.
    Er griff in seine Tasche und holte ein zusammengefaltetes Blatt Papier heraus und legte es vor seine Brüder auf den Tisch. Jabal und Jubal schauten sich die Skizze an, die Noah nach Angaben des Engels verfertigt hatte. Sie zogen die Augenbrauen hoch.
    »Wenn die Maße von einem Engel stammen«, begannen sie vorsichtig, »und er diese Maße von Gott persönlich bekommen hat …«
    »Hat er«, sagte Noah, »hat er …«
    »… dann wollen wir auch nicht daran herumkritisieren.«
    »Und angenommen, die Maße kämen nicht von Gott, was würdet ihr dann dazu sagen?«
    »Dann müßten wir sagen: Der Plan ist völlig verrückt. Das Schiff soll dreihundertfünfzig Meter lang und zweihundert Meter breit und nochmals dreihundert Meter hoch sein? Das Ding kann nicht fünf Minuten stehen! Hör zu, Noah, wie oder wer auch immer Gott sein mag, wir wissen es nicht, wir beide nicht, aber wir wissen eines: Auch er kann nicht gegen die Gesetze der Technik verstoßen.«
    Sie haben sich die Zeit genommen, mit ihm zu diskutieren, nur geglaubt haben sie ihm nicht. Aber sie haben die Hand über ihn gehalten. Jabal und Jubal waren sehr mächtig in ihrer Stadt, sehr angesehen.
    Sie haben verkünden lassen: »Wer unserem Bruder Noah etwas antut oder ihn auch nur verspottet, der wird es mit uns zu tun bekommen. Man mag ihn für einen Spinner halten, aber niemand soll ihm etwas zuleide tun!«
    Das hat gewirkt.
    Noah aber hat unverdrossen weiterhin in den Parks gepredigt. Er wußte ja, es hängt von ihm ab, von seinen Fähigkeiten als Prediger, wie viele Menschen das furchtbare Gottesgericht überleben werden.
    Die Jahre vergingen. Nichts geschah.
    Jabal und Jubal sagten sich: »Er ist versorgt. Er baut an seiner Arche. Das schadet niemandem. Das nützt

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