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Geschichten von der Bibel

Geschichten von der Bibel

Titel: Geschichten von der Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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Bedingung.«
    »Bedingungen stellt sie«, höhnten die Nachbarn.
    »Wie lautet deine Bedingung?« fragte Schemchasai.
    Istahar trat vor die Tür.
    Sie stellte sich vor die beiden Gottessöhne hin und sagte: »Immer habe ich die Vögel des Himmels beneidet. Sie können die Welt von oben sehen, sie fliegen durch die weiche Luft, es muß sein, wie im Wachen zu schlafen.«
    »Was hat das damit zu tun?« fragten die Nachbarn.
    »Wenn Schemchasai und Asael mir einmal, nur einmal ihre Flügel leihen«, sagte Istahar, »damit ich einen kleinen Rundflug machen kann, nur einen kleinen, dann werde ich die beiden zu mir lassen.«
    Und die Nachbarn, die alles verloren hatten, sogar die letzten guten Sitten, die brachen in johlendes Gelächter aus.
    »Bedingungen stellt die Verrückte! Ja, kannst du dir das vorstellen! Flügel! Klar, Flügel!«
    Aber Schemchasai erhob sich, griff sich an die Schulterblätter, löste die Flügel und legte sie vor Istahar hin. Und auch Asael legte seine Flügel vor Istahar hin.
    Istahar befestigte sich die Flügel, Schemchasais Flügel am Rücken, Asaels Flügel an der Hüfte. Und dann erhob sie sich in die Luft. Istahar flog hoch hinauf. Sie flog bis vor den Thron Gottes.
    »Rette mich!« sagte sie.
    »Wie denn? Wie denn?« sagte Gott.
    »Schick deinen stärksten Engel«, sagte Istahar. »Ich werde Schemchasai und Asael in eine Höhle locken. Dann soll dein Engel den Berg auf die Höhle drücken.«
    »Du willst dich wirklich opfern?« fragte Gott.
    »Wenn’s anders nicht geht!« sagte Istahar.
    Es gibt zwei Versionen vom Ende. Eine heroische und eine versöhnliche. Michael wurde geschickt, in beiden Versionen wurde er geschickt. In der heroischen Version führte Istahar Schemchasai und Asael in die Höhle und starb dort mit den beiden, als Michael den Berg auf sie preßte. Die andere Geschichte läßt Istahar durch einen schmalen Gang, zu schmal für die Gottessöhne, entkommen.

DIE SINTFLUT UND DER TURMBAU ZU BABEL
    Von Baumeistern und Musikanten – Von einem Besuch des Erzengels Uriel – Von einer schnellen Art, alles zu lernen – Von einem kuriosen Prediger – Von einem kuriosen Schiff – Vom Tod des Ältesten – Von den Tieren – Vom großen Wasser – Von einem Streit mit einem Raben – Vom neuen Geschlecht – Vom Turmbau zu Babel – Von Nimrod, dem Angeber – Von Gottes Staunen – Von der Verwirrung der Sprachen
     
    Lamech, der alte, blinde Jäger, hatte vier Söhne: Jabal, Jubal, Tubal-Kain und Noah. Den Tubal-Kain hat er erschlagen. Den Noah hat er als Ersatz in derselben Nacht mit einer seiner zwei Frauen gezeugt.
    Die Söhne Jubal und Jabal waren sehr angesehen in ihrer Zeit. Das war die Zeit, als die Gottessöhne die Städte verwüsteten. Jabal und Jubal hatten die Katastrophe überlebt. Jubal war Musikant, man sagt von ihm, er habe die Zither erfunden, auch die Flöte habe er erfunden, zumindest verbessert habe er sie. Sein Bruder Jabal war Baumeister. Er leitete den Wiederaufbau des Landes nach der Katastrophe.
    Der Beruf des Baumeisters und der Beruf des Musikanten lagen in dieser Zeit gar nicht soweit voneinander entfernt. Auch in anderen Geschichten kann man auf Brüderpaare treffen, die sich in diese Berufe teilen. Die griechische Mythologie erzählt uns von Amphion und Zethos, der eine war Architekt, der andere ein Musiker, der die Kithara des Hermes weiterentwickelt hat, gemeinsam haben sie die Stadt Theben erbaut.
    Die Gebäude, die Tempel, alles, was in der Stadt gebaut wurde, wurde nach musikalischen Überlegungen geplant. Die Architekten haben die Proportionen der Gebäude, bevor sie zu bauen begannen, auf gespannte Saiten übertragen, das heißt, sie haben die Saiten eines Monochords entsprechend verkürzt, und erst wenn ein schöner Akkord gestrichen wurde, durfte der Auftrag erteilt werden, erst dann durfte der Bauherr sicher sein, daß auch das Haus schön werden würde.
    Jubal und Jabal betrieben ein gemeinsames Büro, sie arbeiteten zusammen. Sie waren ehrliche, aufrichtige Leute, hatten Familien, kluge Kinder, Freunde, mit denen man auch manchmal gemeinsam in Urlaub fuhr. Man kann nicht sagen, daß Jabal und Jubal gottesfürchtig waren. Sie machten sich keine Gedanken über Gott. Aber sie waren tolerant.
    »Wenn sich einer Gedanken über Gott machen will, dann soll er sich Gedanken über Gott machen dürfen«, sagten sie.
    Eines Tages bekamen Jabal und Jubal Besuch von ihrem jüngeren Bruder Noah. Noah war ein ganz anderer Charakter. Ein Stück Holz im

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