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Geschichten von der Bibel

Geschichten von der Bibel

Titel: Geschichten von der Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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er sprach.
    Dann fragte Josef: »Wie viele Brüder seid ihr?«
    Sie antworteten: »Wir sind zehn.«
    Josef ließ wieder ein paar Salzkörner in den Becher fallen, sagte: »Ihr lügt! Ihr seid nicht zehn. Schon wieder seid ihr nicht gerecht. Ihr seid keine guten Menschen. Wie viele seid ihr?«
    Schnell sagten sie: »Wir sind elf. Einer von uns ist vor langer Zeit gestorben.«
    »Einer von euch ist gestorben? Soso. Vor langer Zeit. Aha! Aber der Gott in meinem Becher sagt etwas anderes. Er sagt, dieser Bruder ist von euch verkauft worden. Ihr lügt schon wieder!«
    »Ja, wir lügen«, sagte nun Ruben. »Wir haben diesen Bruder verkauft. Das ist wahr. Wir sind elf.«
    »Ihr lügt schon wieder«, sagte Josef. »Ihr seid nicht elf. Zwölf seid ihr!«
    Da wußten die Brüder, dieser Mann ist ein Magier, er läßt sich nicht belügen, und sie gaben alles zu: »Ja, wir sind zwölf.«
    »Und wo ist der zwölfte?«
    »Der zwölfte heißt Benjamin, und er ist zu Hause bei unserem alten Vater.«
    »Gut«, sagte Josef, »ich wollte euch töten, weil ihr nicht gerecht seid. Aber vielleicht ist ja euer Bruder Benjamin ein Gerechter. Ich werde euch ins Gefängnis sperren«, sagte er weiter, »vielleicht wird ja eines Tages dieser Benjamin vorbeikommen, um euch zu suchen. Dann werden wir ja sehen, ob er ein Gerechter ist.«
    Er ließ seine Brüder ins Gefängnis sperren.
    Am nächsten Tag besuchte Josef das Gefängnis und sagte zu ihnen: »Seht, ich bin nicht barmherzig, ich bin nur gerecht. Aber ich habe einen Gott, der ist gerecht und barmherzig. Und dieser mein Gott hat mir in der Nacht gesagt, ich soll euch freilassen. Ich soll nur einen von euch in Haft behalten, und die anderen soll ich nach Hause schicken.« Er zeigte auf Schimeon und sagte: »Du, Schimeon, du bist der Brutalste von allen, du bist der, der das Massaker in Schechem zu verantworten hat, du wirst hierbleiben. Ihr anderen werdet nach Hause gehen. Erst wenn ihr mit dem Jüngsten, wenn ihr mit Benjamin wiederkommt, werde ich euren Bruder freilassen.«
    So geschah es. Josef gab seinen Brüdern Korn mit, er gab ihnen mehr mit, als sie bezahlt hatten, und das Geld, das sie für das Korn bezahlt hatten, steckte er ihnen heimlich unter das Getreide.
    Als sie zu Hause ankamen und die Kornsäcke aufmachten und das Geld herausfiel, da sagten sie: »Um Himmels willen, da ist ein Versehen passiert! Er wird sich denken, wir wollten ihn betrügen. Vielleicht hat er Schimeon schon getötet!«
    Sie wagten es nicht, ihrem Vater zu erzählen, was alles vorgefallen war.
    Jakob fragte: »Wo ist Schimeon?«
    Sie sagten: »Er kommt nach. Er versucht noch, irgendwo anders Getreide aufzutreiben.«
    Aber Schimeon kam nicht, und das Getreide aus Ägypten war bald aufgezehrt, und der Hunger quälte das Volk Jakobs.
    Da sagte Jakob zu seinen Söhnen: »Ihr müßt noch einmal nach Ägypten ziehen. Schimeon ist nicht gekommen, wer weiß, wo er geblieben ist. Ihr müßt noch einmal Getreide holen, sonst verhungern wir alle.«
    Die Brüder sagten: »Gib uns den Benjamin mit! Es bekommt jeder nur so viel Korn, wie er auf seinem eigenen Lasttier tragen kann. Wenn wir einen mehr haben, dann kriegen wir mehr Korn.«
    Jakob sagte: »Niemals werde ich das tun! Rahel ist mir genommen worden, Josef ist mir genommen worden! Nun ist mir auch noch Schimeon genommen worden. Nein, Benjamin gebe ich nicht her!«
    Aber die Brüder überredeten ihren Vater, und Benjamin zog mit ihnen nach Ägypten.
    Als Josef erfuhr, daß die Brüder zurückgekehrt waren und daß nun auch Benjamin mit ihnen war, gab er sofort Auftrag, Schimeon aus dem Gefängnis zu entlassen.
    »Wie hat man dich behandelt?« wurde er gefragt.
    »Gut«, sagte Schimeon.
    »Bist du geschlagen worden?«
    »Nein.«
    »Hat man dich hungern lassen?«
    »Nein.«
    Die Brüder waren verwirrt. Und um sie noch mehr zu verwirren, schickte ihnen Josef einen Boten. Sie seien Gäste des Vizekönigs, richtete ihnen der Bote aus. Sie seien zum Abendessen bei ihm eingeladen.
    »Warum tut er das?« rätselten die Brüder. »Was will er von uns? Jemand, der uns für Verbrecher hält, gibt ein Essen für uns? Das ist doch verrückt!«
    Aber sie wagten nicht, die Einladung abzulehnen. Sie waren auf der Hut.
    »Benjamin«, sagte Ruben, »du bleibst in meiner Nähe. Und ihr beide, Dan und Gad, ihr haltet gefälligst den Mund!«
    Josef hatte den Schleier vor seinem Gesicht. Wieder blickte er seinen Brüdern in die Augen, zuletzt Benjamin. Er mußte sich abwenden. Es tat

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