Geschlossene Gesellschaft
stürmte zur Tür. »Auf der Stelle.« Sie riss die Tür auf und baute sich gebieterisch daneben auf, doch ich reagierte nicht. Ich schaute weiterhin Diana an, hielt ihren Blick mit meinem gebannt und zwang sie dazu, mir zuzuhören.
»Die Concentric Alliance ist eine Geheimorganisation, deren Chef dein Vater ist oder war. Vor siebzehn Jahren arrangierte sie das Attentat in Sarajevo, das den Weltkrieg auslöste. Sie hat große Gewinne an Waffengeschäften und anderen Investitionen gemacht, die sie genau timen konnte, weil sie wusste, wann der Krieg ausbrechen würde - sie hat ihn ja selbst ausgelöst. Es war die Idee deines Vaters, sein Kind. Allerdings ein sehr gieriges Kind, wie sich herausstellte. Eins, das Millionen Leben verschlang. Einschließlich das deiner Mutter. Dein Vater hat sie umgebracht, auch wenn nicht er den Torpedo auf die Lusitania abgeschossen hat.«
»Nein«, murmelte sie. »Das kann nicht sein.«
»Aber es ist so, und du weißt es. Du erkennst die Wahrheit, wenn du sie hörst. Vielleicht erklärt das all die kleinen Geheimnisse, die du so verwirrend fandest. Von dem Tag an, an dem man dir sagte, dass deine Mutter gestorben sei. Bis zu dem Tag, an dem du Vita beim Anblick von zwei konzentrischen Kreisen auf einem Blatt Papier erbleichen sahst.«
»Tantchen?« fragte Diana benommen und starrte an mir vorbei. Doch Vita antwortete nicht. Selbst ihr Vorrat an Lügen war erschöpft.
»Jetzt weißt du, wie sie sich fühlen«, fuhr ich hartnäckig fort, »die Millionen von Witwen und Waisen, die dein Vater zusammen mit seinen Millionen Pfund Sterling gemacht hat. Jetzt hast du eine Ahnung von der Trauer und der Zerstörung, die er fröhlich gesät hat, um zu ernten... die Privilegien zu ernten, die du genossen hast. Eine angemessene Entschädigung für eine mutterlose Kindheit, nicht wahr? Nun, ich glaube nicht. Aber vielleicht haben sie deinem Vater geholfen, dich zu überreden, ihn zu lieben - und ihm in seiner Stunde der Not zu helfen. Was hat er dir erzählt? Welche Lüge hat er erfunden, um seine Spuren zu verwischen?«
»Ich musste von meinem Vater nicht überredet werden, ihn zu lieben!« fuhr sie mich an. Ihre Augen schimmerten vor Wut. »Oder ihm zu helfen, als er...« Damit waren wir am Ende aller Vortäuschungen angekommen, und es herrschte das bittere Schweigen vor dem drohenden Eingeständnis. Sie würde es nicht laut aussprechen, noch nicht. Aber wir beide wussten es, und es konnte nicht zurückgenommen werden. Charnwoods Schuld, die von Vitas Schweigen bestätigt wurde. Und die bestätigt wurde durch das Leben Dianas, das er ihr ermöglicht, und durch die Falschheit seiner Liebe, die er in ihr genährt hatte.
»Wo ist er, Diana? Erzähl es mir. Um Max' willen. Und um deiner Mutter willen. Sag mir, wo er sich verbirgt. Ich habe ein Recht darauf, es zu erfahren. Und du hast die Pflicht, es mir zu sagen.«
»Die Pflicht?«
»Du kannst ihn nicht länger schützen. Und du kannst nicht ernsthaft glauben, dass du es solltest.«
»Nein?«
»Nein, nicht mehr. Du weißt zuviel. Gib auf. Gib ihn auf.«
»Diana, du darfst nicht...« Ein einziger Blick würgte Vitas Einmischung ab. Diana drehte sich langsam zu dem Porträt ihrer Mutter um und schaute dann wieder Vita an.
»Papa hat dir immer vertraut«, sagte sie mit überraschender Milde. »Immer nur dir. Mir nie.«
»Du warst zu jung, um...«
»Um zu verstehen?«
Vita schloss die Tür und lehnte sich mit dem Rücken daran. Die Knöchel der Hand, mit der sie die Klinke umfasste, traten weiß hervor. »Sicher wirst du das einsehen, Darling... Nichts von alldem sollte... in Anwesenheit eines Dritten besprochen werden ... Es wäre... unklug.«
Diana starrte Vita einige Sekunden eisig an. Dann schaute sie zu mir. »Bitte warte in der Bibliothek auf mich, Guy.« Ihre Stimme klang völlig gefühllos. »Ich möchte unter vier Augen mit meiner Tante reden. Ich werde dich nicht länger warten lassen als unbedingt nötig.« »Ich gehe nicht, bevor ich nicht das bekomme, weswegen ich hier bin.«
»Du hast deinen Standpunkt sehr deutlich gemacht. Jetzt lass uns bitte allein. Ich werde nicht weglaufen. Und du wirst mich nicht suchen müssen.«
»Du kannst sicher sein, dass ich das nicht tun werde.«
»Das musst du auch nicht, vertrau mir.« Sie senkte den Blick, als sie hinzufügte: »Wenigstens in diesem Punkt, wenn schon sonst nicht.«
Und so ging ich zögernd, aber gehorsam in die Bibliothek und wartete, wie ich es schon in der Nacht des
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