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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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Heuchlers die Wahrheit zu entreißen.«
    »Nein.« Ich versuchte, eine ernste Miene zu machen. »Aber ich glaube, ich werde einen Weg finden.«
    Diana und ich begleiteten Vita am nächsten Morgen zum Bahnhof. Faraday wartete dort mit einem absurd großen Blumenstrauß und lächelte sie beruhigend an. Der Wagen der Hick-Mortons werde in Bassano auf sie warten; die Fahrt von dort aus nach Asolo sei kurz und pittoresk; die Villa liege entzückend in den Hügeln um Asolo; sie würden herzlich willkommen geheißen werden; und Vita werde ganz in ihrem Element sein. Sie wirkte zwar nicht ganz überzeugt, aber kurz darauf spielte das keine Rolle mehr. Der Zug trug sie fort und ließ Diana und mich allein zurück, jetzt hatten wir nur noch uns als Gesellschaft.
    »Begleite mich zur Akademie, Guy«, bat sie, während sie träumerisch auf den Rauch der davon dampfenden Lokomotive schaute. »Dort hängt ein Bild, das ich dir zeigen möchte.«
    Wir nahmen eine Gondel über den Rio Nuovo. Weder fragte ich, was es für ein Bild war, noch erwartete ich die normale gähnende Langeweile, die ich immer in Kunstgalerien empfand. Neben Diana an Leinwänden aus mehreren Jahrhunderten entlangzugehen würde mich nur an die ewige Überlegenheit von Fleisch und Blut erinnern. Schließlich gelangten wir zu dem Bild, das sie mir zeigen wollte. Es war Lottos Portrait eines jungen Mannes in seinem Arbeitszimmer. Es zeigte einen bleichen Jugendlichen zur Zeit der Renaissance, der müßig in einem Buch blätterte, während ein achtlos fallengelassener Brief auf dem Tisch neben ihm lag, zusammen mit verstreuten Rosenblättern und einem blauen Schal, über den eine Eidechse krabbelte. Im Hintergrund sah man eine Mandoline, ein Jagdhorn und eine Urkundenschachte], auf deren Deckel ein Schlüssel an einer Schnur lag.
    »Verstehen Sie die Symbole, Guy?«
    »Ich weiß nicht genau.«
    »Er liebt die Musik und die Jagd, das Lernen und das Risiko. Aber er hat Geheimnisse, in der Schachtel und in dem Brief, die seine Genüsse verderben. Einige Dinge verblassen wie die Rosenblätter. Andere überdauern wie der Salamander. Aber welche? Er kennt die Antwort nicht, das sieht man in seinen Augen. Und vierhundert Jahre später wissen wir sie immer noch nicht.«
    »Aber wir wissen auf jeden Fall, woran wir glauben.« Sie drehte sich langsam um und schaute mich an, während sie auf mein Credo wartete, darauf wartete, ob es mit ihrem übereinstimmte oder nicht. »Die Freuden sind das Risiko immer wert. Was wäre das Leben ohne sie?«
    Sie antwortete nicht, starrte mich aber einen Moment ernst an, bevor sie sich umdrehte und fortging. Mit einem letzten Blick auf Lottos Jugendlichen folgte ich ihr.
    Wir lunchten in einer Trattoria auf den Zattere, lächelten oft, aber redeten nicht viel, während wir Champagner schlürften und uns von dem Sonnenlicht wärmen ließen, das vom Giudecca-Kanal reflektiert wurde. Anschließend schlenderten wir zur Punta della Dogana. Diana ging oftmals voraus, als wollte sie mir Gelegenheit geben zuzuschauen, wie der Wind ihr fliederfarbenes Kleid an ihren Körper schmiegte. Das Schweigen zwischen uns heizte die Wärme des Nachmittags bis zum Siedepunkt glühender Erwartung an. Es war noch nicht zu spät umzukehren, aber wir wussten beide, dass wir es nicht tun würden.
    Wir erreichten die Landspitze und blickten über die Mündung des Canale Grande zum Campanile und zum Dogenpalast. Auf dem Hafendamm drängten sich die Massen, aber auf unserer Seite umgab uns nur Einsamkeit.
    »Sollen wir zur Villa zurückkehren?« fragte ich, als ich bemerkte, wie Diana in Richtung Lido blickte.
    »Ja«, antwortete sie, ohne mich anzusehen. »Es wird Zeit.«
    »Wir können aus einer Bar telefonisch das Boot herbeordern.«
    »Das ist zwecklos. Ich habe Giacomo den Rest des Tages freigegeben. Bianca und Carlotta ebenfalls.« Jetzt schaute sie mich an. »Es ist niemand da.«
    Wir riefen ein Wassertaxi und schienen in Minuten am Lido zu sein. Vom privaten Anlegesteg gingen wir durch das ruhige Grün des Gartens. Diana schloss auf und führte uns in das menschenleere Ambiente, das sie vorbereitet hatte: die halbverschlossenen Fensterläden, durch die das Licht in seltsamen Winkeln auf die gemusterten Teppiche, auf das lackierte Holz der Balustrade und das polierte Messing der Treppenstangen fiel.
    Wir erreichten ihr Schlafzimmer, wo sie die französischen Fenster aufriss, einen Moment auf dem Balkon stehenblieb und in den Garten hinabschaute. Dann drehte sie

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