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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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Büro, einem geräumigen, luftigen Raum, von dem aus man über den Rio di San Lorenzo schauen konnte. Die einzige Ähnlichkeit mit dem Büro, in dem er mich in der vorigen Nacht verhört hatte, war ein augenfällig aufgehängtes Foto vom Duce. Die Möblierung hätte einer gutgehenden Arztpraxis alle Ehre gemacht. Diese Veränderung des Ortes schien auch auf Varsini Wirkung zu zeigen, denn er lächelte mich herzlich an, als ich hereingeführt wurde.
    »Buon giorno, Signor Horton. Ich nehme an, Sie waren... einigermaßen gemütlich untergebracht?«
    »Ich kann mich nicht beschweren.«
    Zwei Männer in grauen Anzügen erhoben sich aus ihren Stühlen an meiner Seite von Varsinis Schreibtisch. Der eine war ein rundlicher, kleiner, kahlköpfiger Mann mit gelblicher Haut und einem Charlie-Chaplin-Schnurrbart. Der andere war Faraday.
    »Wie fühlen Sie sich, Mr. Horton?« fragte er in seinem schleimigsten Tonfall.
    »Phantastisch, vielen Dank.«
    Eine Sekunde starrte er mich auf eine Art an, die entweder Verwirrung bedeutete oder genaue Prüfung meiner Person. Dann nickte er seinem Gefährten zu. »Das ist Signor Martelli, ein Anwalt, den Vita für Diana engagiert hat. Er würde Ihnen ebenfalls gern helfen.«
    »Dafür bin ich dankbar, aber wo ist Diana?«
    »Man hat sie freigelassen. Vita hat sie zur Villa zurückgebracht.«
    »Sie dürfen ebenfalls gehen, Signor Horton«, sagte Varsini. »Ich bedaure die Notwendigkeit, dass Sie über Nacht bleiben mussten, aber unter diesen Umständen...« Er zuckte mit den Schultern. »Seit dem Verhör gestern habe ich ein Telegramm der Polizei von Surrey erhalten. Sie bestätigt, dass Max Wingate ein wegen seiner besonderen Gewalttätigkeit gesuchter Mörder war. Auch habe ich das Ergebnis der Autopsie vorliegen. Es besagt, dass der Schlag gegen den Kopf nur deswegen tödlich war, weil seine Schädeldecke an dieser Stelle so außerordentlich dünn war. Vorläufig gehe ich davon aus, dass er nicht vorsätzlich ermordet worden ist. Es scheint sich mir hier eher um einen unabsichtlichen Totschlag zu handeln, was ich auch dem Untersuchungsrichter sagen werde. Er wird diesen Sachverhalt in der ordentlichen Untersuchung berücksichtigen. Aber ich bin sicher, dass meine Erkenntnisse bestätigt werden.«
    »Tod durch Unglücksfall«, murmelte Faraday und schaute mich fragend an.
    »Mi scusi«, meinte Martelli mit einer knappen Verbeugung in meine Richtung. »Vielleicht sollte ich dazu sagen, dass nach italienischem Recht versehentliche Tötung nicht genau dem englischen Begriff des Unglücksfalles entspricht. Nichtsdestoweniger ...«
    »Ist sie denn ähnlich genug?«
    »Si. Ähnlich genug.«
    »Und wann wird die Befragung stattfinden?« »Der Termin muss noch festgesetzt werden«, erklärte Varsini. »Sie werden informiert.«
    »Es ist nur... Ich muss Venedig verlassen. Bald.«
    Faraday kniff die Augen zusammen, sagte aber nichts. Das war auch nicht nötig, wie Varsini sofort klarstellte. »Unmöglich. Obwohl keine Strafanträge gestellt worden sind, müssen Sie und Signorina Charnwood in Venedig bleiben, bis die Sache geklärt ist. Ihren Reisepass, bitte.« Er streckte die Hand aus. Plötzlich war sein leutseliges Verhalten verschwunden. Ich würde Venedig so lange nicht verlassen können, als er es nicht erlaubte. Und ich hatte den Eindruck, dass ich nicht einmal das Revier verlassen konnte, wenn ich mich widersetzte. Ich nahm meinen Reisepass aus meiner Tasche und drückte ihn ihm in die Hand. »Grazie«, sagte er, wieder lächelnd. »Wohnen Sie weiterhin in der Villa Primavera?«
    »Nein.« Diesmal wich ich sorgfältig Faradays Blick aus. »Ich werde mir irgendwo eine Pension suchen.«
    »Ich brauche eine genaue Adresse, Signor Horton. Andernfalls. ..«
    »Kann ich Sie Ihnen später geben?«
    Er nickte. »Wenn Sie es auch wirklich tun.«
    »Das werde ich.«
    »Va bene.« Er erhob sich von seinem Stuhl und zupfte an seinem Revers. »Nun, Signori, ich denke, wir sind fertig. Lassen Sie sich von mir nicht länger aufhalten.«
    Martelli verließ uns auf den Stufen des Reviers, nachdem er Faraday die Hand geschüttelt und kurz auf Italienisch mit ihm geredet hatte. Nachdem er verschwunden war, ging Faraday ein paar Schritte schweigend neben mir her und klopfte nachdenklich gegen seine Unterlippe. »Ich kann mir keinen Grund ausmalen, warum man Ihnen nicht gern gestatten würde, in der Villa zu wohnen.« »Ich auch nicht.«
    »Warum haben Sie Varsini dann erzählt...«
    »Weil ich dort nicht

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