Geschlossene Gesellschaft
zugeben.«
»Bevor es soweit ist, möchte ich noch über etwas mit Ihnen reden.«
»Ach ja?«
»Meine großartige Nichte Diana. Seit sie erwachsen geworden ist, erinnert sie mich immer mehr an Maudie. Irgendwie glaube ich, ich muss sie... nun, beschützen.«
»Das ist sehr verständlich.«
»Deshalb habe ich Pittsburgh verlassen und bin nach Venedig gekommen. Verstehen Sie...« Er senkte die Stimme. »Mein Bruder Theo hat Wind von schlechten Gefühlen unter den amerikanischen Anlegern von Charnwood Investments bekommen. Wir haben einige Nachforschungen angestellt. Einige sehr diskrete Fragen gestellt. Und für jemanden, dem etwas an Diana und Vita liegt, waren die Antworten... alarmierend.«
Ich versuchte verwirrt zu klingen. »In welcher Hinsicht?«
Er schnitt eine Grimasse. »Es scheint so, dass einige Leute, mächtige Leute, nicht glauben, dass Fabian so viel Geld verloren hat, wie berichtet wurde. Sie scheinen anzunehmen, dass er es irgendwo gebunkert hat und nur seine Schwester und seine Tochter wüssten, wo.«
»Das ist absurd.«
»Vielleicht. Aber sie glauben es. Sie fühlen sich hintergangen. Und ich vermute, man kann es ihnen nicht verdenken.«
»Was machen sie... was haben sie vor?«
»Oh, einiges haben sie schon unternommen.« Er hielt inne, und mein wachsendes Schuldbewusstsein verlieh dem kurzen Schweigen ungeheure Bedeutung. »Nach Theos Informationen haben sie Spione auf Diana und Vita angesetzt.« »Spione?«
»Dieser Faraday, von dem Vita mir erzählt hat, könnte einer sein.«
»Guter Gott. Nun, ich mochte ihn noch nie, aber...«
»Und es gibt noch mehr.«
»Wirklich?«
Er nickte. »Ganz sicher.«
Es wurde schwierig, seinen Bemerkungen keine Doppeldeutigkeit beizumessen. Ich räusperte mich. »Aber weder Diana noch Vita wissen etwas über Charnwoods Geld. Wenn er es versteckt hat, können sie seine Gläubiger nicht zum Versteck führen.«
»Oh, dem stimme ich zu. Aber wir sind in der Minderzahl. Fabians Gläubiger wollen ihr Geld zurück. Wenn sie es nicht mit Spionage schaffen, werden sie andere Wege einschlagen. Faraday hat aufgegeben und ist abgereist, nicht wahr? Offenbar hat man den subtilen Weg verlassen. Ich bin besorgt darüber, dass sie jetzt vielleicht zu krasseren Methoden greifen könnten.« Er ließ diesen Satz in der rauchgeschwängerten Luft hängen und deutete auf mein Glas. »Noch einen Drink?«
»Gute Idee. Ich könnte einen brauchen.« Und wie. Doch war ich auch für die Atempause dankbar, die das Kommen und Gehen des Kellners mit sich brachte. Der Pianist spielte weiter, und die Gespräche um uns herum wurden zu einem kollektiven Gemurmel. Das Klack-Klack der Schienen trieb meine Gedanken voran, aber ich war schon längst überholt worden.
»Warum haben Sie es nicht gesagt, bevor ich es tun muss, Guy?«
»Was gesagt?«
»Sie sind einer ihrer Spione, nicht wahr?« Sein eindringlicher Blick verbot mir jede Lüge. Ich wandte meine Augen nicht ab und war mir keinerlei Veränderung in meiner Miene bewusst, antwortete jedoch nicht. »Ich wusste es schon, bevor wir uns kennengelernt haben. Ihr Name, Guy. Ihrer und Wingates. Sie tauchten plötzlich im Kleingedruckten aller Anklagepunkte auf, denen sich Hiram und Richard Babcock in den nächsten Monaten stellen müssen. Als Direktoren des Serendipity and Happenstance Investment Trust, der Blue Hill Corporation, der Tuscarora Corporation, der Wide Horizon Investment and Debursement Company... Soll ich weitermachen?«
»Nein.« Offensichtlich hatte er das alles schon herausgefunden, bevor er nach England gereist war. Ich war für ihn eine bekannte, wenn auch dubiose Größe, bevor wir uns überhaupt begegnet waren. »Das brauchen Sie nicht.«
»Und selbstverständlich kann nicht bewiesen werden, dass man Ihnen solch lukrative Jobs gegeben hat, weil Sie Unterhändler für illegale Geschäfte der Babcocks mit kanadischen Bierbrauern gewesen sind, wenn ich mir auch nicht vorstellen kann, welche anderen Qualifikationen Sie sonst gehabt haben könnten. Und es kann auch niemand beweisen, dass Sie wussten, dass die Babcocks die Aktien ihres Unternehmens nach dem Börsenkrach dadurch stützten, dass sie Geld von der Housatonic Bank unterschlugen, bei der Hiram Präsident war. Aber ich vermag zwischen den Zeilen zu lesen. Sie haben die Staaten verlassen, um nicht mit ihnen unterzugehen. Vermutlich haben Sie seitdem nach einer anderen Einkommensquelle Ausschau gehalten. Und ich nehme an, Sie haben auch eine gefunden. Ich
Weitere Kostenlose Bücher