Geschmacksverwirrung - Angermüllers siebter Fall
hatte es anders ausgesehen, stellte Georg nicht ohne Bedauern fest. Da hatte er sich meist den Tag vorher frei genommen, eingekauft und vorbereitet, gekocht, gebacken und dekoriert und die schönsten Themenbüffets auf die Beine gestellt.
Er stellte sich einen Teller nur mit den Sachen zusammen, die offensichtlich von den Spendern selbst hergestellt worden waren. Natürlich brauchte er eine Weile, bis er sich zu einem Sitzplatz am Esstisch im Wintergarten vorgekämpft hatte, da die meisten der Gäste ihn kannten, begrüßten und ein paar Worte wechseln wollten. Die Nachbarn waren da, auch Margret und Lars, Carola und Klas-Dieter natürlich, zwei von Astrids Kolleginnen und noch so einige andere mehr. Auch Schwager Jochen begrüßte Georg mit ungewohnter Herzlichkeit, begleitet von einem verschwörerischen Augenzwinkern. Schließlich fand er einen Platz neben seinem Freund Steffen, der allein gekommen war, da sein Partner einen Auftrag in Freiburg hatte. David war als viel gefragter Restaurator für Kirchenmalerei häufig irgendwo in Deutschland unterwegs.
Das Hackfleisch vom Blech mit seiner exotischen Note mundete Georg vorzüglich, auch der rohe Möhrensalat mit Nüssen und Rosinen war sehr erfrischend und gut angemacht.
»Und wie findest du meinen Kartoffelsalat?«, erkundigte sich Steffen.
»Er ist köstlich. Diese nussigen Kartoffeln und die Äpfel, das passt ganz wunderbar!«
»Erkennst du die Kartoffelsorte? Die kommen aus deiner Heimat, Schorsch!«
»Das sind Bamberger Hörnla, gell?«
Steffen nickte.
»Die besten Salatkartoffeln, finde ich. Schön festkochend und aromatisch. Drohten ja bis vor Kurzem noch auszusterben. Aber ich denke, so langsam kommen die Leute dahinter, dass es sich lohnt, diese alte Sorte zu erhalten.«
Martin servierte Georg ein Glas Rotspon, den er für diesen Abend besorgt hatte, und wartete gespannt auf sein Urteil.
»Hast du gut ausgesucht, Martin. Ist ein sehr gehaltvoller Stoff, schön samtig, dunkelbeerig und mit feiner Würze. Gefällt mir.«
Stolz ging Martin mit der Flasche zu den anderen Gästen, um nachzuschenken. Georgs anfängliche Befürchtung, der Abend in der vertrauten Umgebung könne unter den neuen Vorzeichen vielleicht peinliche Situationen und Begegnungen auslösen, verflüchtigte sich langsam. Bis auf Astrids Schwestern, bei denen eine gewisse Reserviertheit auszumachen war, fühlte er sich von allen Freunden nicht anders behandelt als früher. Welche Vorbehalte sollten sie auch ihm gegenüber hegen? Schließlich war ihre vorübergehende Trennung eine Sache, die nur ihn und Astrid etwas anging.
Dass Gudrun und Sigrid, die mit ihren Gatten in festgefahrenen, nicht gerade glücklichen Ehen steckten, damit nicht umgehen konnten, war nicht anders zu erwarten gewesen. Auf die quälend langweiligen familiären Zusammenkünfte, bei denen man schlecht aß und sich eigentlich nichts zu sagen hatte, außer den ewig gleichen Sprüchen, hätte Georg ohnehin schon lange verzichten können. Wenn dieser Teil der Familie ihn jetzt nicht mehr einladen würde, umso besser!
Höchstens seine Schwiegereltern, die würde er wohl vermissen. Doch die konnte er ja auch einfach allein besuchen. Dass er Schwiegermutter Johanna einmal so schätzen würde, hätte er sich noch vor kurzer Zeit nicht träumen lassen. Sie war eine strenge, echt lübsche Hanseatin und hatte als solche lange Jahre gebraucht, sich mit ihrem oberfränkischen Schwiegersohn abzufinden, dem man seine Herkunft aus dem Coburger Land immer noch anhörte und der es wohl nie weiter als bis zum Ersten Kriminalhauptkommissar bringen würde. Inzwischen aber schien eine gewisse Altersmilde über sie gekommen zu sein, und so brachten sie und Georg einander nun so etwas wie respektvolle Zuneigung entgegen.
Als Steffens Platz frei wurde, setzte sich Klas-Dieter neben Georg.
»Na, das Labskaus gestern gut überstanden?«
»Wunderbar, danke! Frühstück hab ich heute aber keines gebraucht.«
»Ja, ich war auch ganz schön satt. Sag mal, in der Zeitung konnte ich bis jetzt noch gar nichts finden über die Sache, die du gestern mit Carola besprochen hast.«
»Zum Glück. Wir sind immer ganz froh, wenn wir in Ruhe unseren Ermittlungen nachgehen können, weißt du. Erstens stört das, weil dann meist auch andere Reporter auftauchen und was wissen wollen. Und die Leute von der Zeitung mit den großen Buchstaben zum Beispiel, die können ganz schön lästig sein. Immer auf der Suche nach der absoluten Sensation«,
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