Geschmacksverwirrung - Angermüllers siebter Fall
Angermüller.
Auch Fabian Köppe erzählte beim zweiten Zusammentreffen mit den Ermittlern genau dasselbe noch einmal, auch dass der Brief und der Besuch bei Hagebusch quasi aus einer verrückten Laune heraus entstanden waren.
»Und wie ich Ihnen vorhin auch schon erklärt habe, klingelten wir bei Hagebusch, aber niemand öffnete. Wir haben’s dann auch nicht weiter versucht. Wahrscheinlich war uns inzwischen selbst klar geworden, dass wir eigentlich gar nicht wussten, was wir machen sollten, wenn er wirklich an die Tür kommen würde. Außerdem hatten wir Stimmen in der Wohnung gehört, und dann war der Zeitpunkt für unseren Überraschungsbesuch ja sowieso nicht so günstig«, berichtete Köppe irgendwie amüsiert.
»Können Sie Ihren letzten Satz noch einmal wiederholen?«, fragte Angermüller möglichst beiläufig.
»Spreche ich wirklich so undeutlich? Also, noch einmal zum Mitschreiben: Der Hagebusch hatte wohl schon Besuch, und da wollten wir selbstverständlich nicht stören.«
»Das haben Sie in unserem ersten Gespräch gar nicht erwähnt.«
»Hab ich wohl vergessen, na und?«, stellte Fabian Köppe gleichgültig fest.
»Wie viele Leute haben Sie gehört?«
»Keine Ahnung. Mindestens zwei, würde ich sagen, wahrscheinlich den Hagebusch und seinen Besuch. Aber sagen Sie mal, wir sind doch jetzt durch mit dem Quatsch, oder?«
»Wann wir mit Ihnen fertig sind, dat bestimmen immer noch wir, Köppe«, wies Jansen den jungen Mann zurecht. Die Laune des Kommissars war im Verlauf der Vernehmungen immer mieser geworden.
»Nee, nee, nee!«
Ein ums andere Mal schüttelte Jansen seinen Kopf. Mit viel zu heftigen Bewegungen legte er die Gänge ein, als ob er sich am Dienstwagen dafür rächen wollte, dass sie die beiden verdächtigen Zeugen wieder nach Hause schicken mussten.
»Dat war ja ’n echter Schuss in’ Ofen!«
Der Ton seines Handys erklang. Es war die Mundharmonika aus ›Spiel mir das Lied vom Tod‹.
»Und nu auch noch Vanessa. Da hab ich nur auf gewartet!«
Wütend drückte er das Gespräch weg.
»Nun komm mal wieder runter, Claus. Wir mussten die Burschen gehen lassen. Außer unserem Verdacht haben wir doch bis jetzt nichts gegen sie in der Hand. Und wenn das Motiv noch so ideal wäre – das allein reicht eben nicht. Was wir brauchen, sind konkrete Beweise.«
Jansen antwortete nicht auf Angermüllers Beschwichtigungen. Als die Ampel auf Grün sprang, mussten die Reifen des Passat eine Menge Gummi auf dem Asphalt zurücklassen. Trotz der Stimmung seines Kollegen konnte Angermüller es sich nicht verkneifen, nach Vanessa zu fragen. Er bekam keine Antwort, jedenfalls eine ganze Weile nicht. Mittlerweile waren sie vor dem neuen Zuhause des Kriminalhauptkommissars angelangt.
»Ich spring schnell raus und hol meine Torte.«
»Vanessa wollte heute mit mir noch einkaufen gehen«, sagte Jansen auf einmal.
»Na, das wird aber nichts mehr, ist ja schon fast neun«, stellte Angermüller nach einem Blick auf die Uhr fest. »Da müsst ihr zwei vielleicht doch essen gehen. Romantisches Candlelight-Dinner beim Italiener?«
»Sie wollte mit mir Klamotten kaufen. Ich brauche unbedingt einen Anzug, sagt sie.«
Jansen starrte durch die Windschutzscheibe, die der Scheibenwischer in großen Intervallen immer wieder vom feinen Sprühregen frei schob.
»Das müsst ihr dann halt verschieben.«
»Ich will gar keinen Anzug. Ich will auch keine Verlobungsfeier mit 50 Gästen.«
Immer noch starrte Jansen nach draußen. Da der Kollege keine Antwort zu erwarten schien und Angermüller ohnehin nicht wusste, was er darauf hätte sagen sollen, stieg er schnell aus.
»Bin gleich wieder da. Danke, dass du mich rumfährst.«
»Komm doch rein, Georg. Hast wieder einen langen Tag gehabt, was?«
Martin klopfte ihm mitfühlend auf die Schulter.
»Aber schön, dass du endlich da bist. Das Geburtstagskind sitzt im Wintergarten.«
Georg hatte nichts gegen Martin, oder jedenfalls schon lange nicht mehr. Aber dass der Kollege seiner Frau sich hier immer als Hausherr aufspielte, auch schon in der Zeit, als Georg noch hier gewohnt hatte, das ging ihm jedes Mal wieder gegen den Strich.
»Oh, was für eine tolle Torte! Sieht ja superlecker aus. Komm, ich nehm sie dir ab«, bot Martin eilfertig an.
»Hallo, Georg.«
Astrid hatte wohl das Klingeln gehört und war auch im Flur erschienen. Sie trug ein meergrünes Strickkleid, das er noch nicht kannte und das sie fantastisch kleidete zu ihrem hellblonden Haar und den
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