Geschmiedet im Feuer
wie die Empfindungen von ihm stammten. Sie konnte ihn in ihrem Kopf spüren. Seine ruhige, coole Konzentration. Wie sein Adrenalinspiegel stieg, aber kontrolliert blieb. Weil er ein Profi war.
Heilige Mutter Gottes, sie konnte ihn in ihrem Kopf spüren. Sehen, was er sah, spüren, was er empfand. Sie waren tatsächlich miteinander verbunden.
Als sie vor der Leichenhalle standen, zog Russ sie nach rechts um die Ecke und einen weiteren langen, weißen Gang entlang. In einiger Entfernung glänzte eine weitere Doppeltür.
Ihre Aufregung vermischte sich mit Sorge, als sie sich bewusst machte, dass Zane nicht weit hinter ihnen sein konnte. So schnell, wie er lief, musste er sie eigentlich jeden Moment einholen. Doch sobald er vor der Leichenhalle um die Ecke bog, hatte er keine Deckung mehr. Russ würde ihren Körper als Schild benutzen, aber Zane gäbe ein gutes Ziel ab.
Sie musste Russ erneut in ein Gespräch verwickeln. Dann wusste Zane anhand ihrer Stimmen wenigstens, wo sie waren. Obwohl sie sich anstrengte, konnte sie hinter sich keine Schritte hören. Das war jedoch nicht überraschend, schließlich wussten die SEALs, wieman sich lautlos bewegte. Er konnte direkt hinter ihnen sein, ohne dass sie es mitbekam.
Zane?
Sie dachte angestrengt an seinen Namen. Gleichzeitig sah sie Russ an. Ihr Entführer ging direkt vor ihr und marschierte auf die Stahltür zu.
»Wo bringen Sie mich hin?«
Zane!
Erneut dachte sie an seinen Namen, sprach ihn im Kopf kristallklar aus und schob ihn dann aus ihrem Geist.
Diese seltsame Regung in den Tiefen ihres Verstandes flackerte erneut auf und sie konnte kurz die Tür der Leichenhalle sehen. Wenn er davorstand, dann war er ganz in der Nähe. Ihre Aufregung ging in Panik unter.
Sie konzentrierte sich stärker.
Zane. Langsamer. Vor dir. Keine Deckung.
»Ich bringe dich nach draußen«, antwortete Russ.
Sie hörte ihn kaum, da sie nur auf diese fremdartige Regung in ihrem Kopf achtete.
Zane.
Da war er wieder. Ihr Unterbewusstsein berührte seinen coolen Intellekt.
Komme.
Das war seine Stimme. Ruhig und klar. In ihrem Kopf.
Langsamer
, sagte sie zu ihm.
Wir sind direkt vor dir. Waffe. Keine Deckung.
Einen quälend langen Moment war da gar nichts. Dann ein einziges Wort.
Verstanden.
Das Wort war glasklar und wieder konnte sie ihn in sich spüren. Seine Ruhe und Konzentration. Seine Wachsamkeit und Intelligenz. Sie fühlte seine Gedanken.
Die Wände rasten nicht mehr an ihr vorbei. Das Gefühl von Geschwindigkeit verschwand.
Wo bringt er dich hin?
Sie staunte, wie klar sie seine Worte hörte, als hätte er sie ihr direkt ins Ohr geflüstert.
Nach draußen.
In ihrem Kopf spürte sie seine Belustigung. Das hatte er sich anscheinend längst gedacht.
Eine Tür im Flur vor der Leichenhalle.
Sie konzentrierte sich auf die Doppeltür am Ende des Ganges und spürte, wie Zane diese betrachtete.
»Was gibt’s denn da zu grinsen?« Russ legte seine Hand fester um ihren Arm und zwang sie, stehen zu bleiben.
Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie lächelte. Er verdrehte ihren Ellenbogen und schüttelte sie. Der Schmerz raste durch ihren Arm und ihre Schulter.
Zanes Ruhe verschwand und machte einer lodernden Wut Platz. Sein Zorn toste durch ihr Unterbewusstsein wie ein gewalttätiger roter Nebel.
Es geht mir gut
, versicherte sie ihm schnell, erschreckt von seiner instinktiven, beschützenden Reaktion auf ihren Schmerz.
Er hat mich nur überrascht.
Lügnerin.
Der Zorn verschwand nicht, sondern wurde zu eiserner Entschlossenheit.
Er ist tot.
»Ich habe dich was gefragt.« Russ baute sich vor ihr auf.
Zum Glück verdrehte er ihr dieses Mal nicht den Arm, denn dann hätte sie Zane vermutlich nicht mehr zurückhalten können.
Siehst du, wie gut du mich bereits kennst?
Doch er klang eher grimmig als amüsiert.
Beth hielt Russ’ misstrauischem Blick stand. »Ich habe nur gerade daran gedacht, wie schön es sein wird, dabei zuzusehen, wie Zane Sie auseinandernimmt.«
Er sah ihr ins Gesicht und lachte. »Dieses Vergnügen muss ich dir leider vorenthalten.«
Beth stieß die Luft aus. Sie durften nicht riskieren, dass Russ Verdacht schöpfte. Zane brauchte jeden Vorteil, den er kriegen konnte. Und ihr größter Vorteil war, dass Russ keine Ahnung hatte, wie dicht er ihnen auf den Fersen war und dass sie ohne zu reden miteinander kommunizieren konnten.
Mein größter Vorteil bist du.
In Beths Brust breitete sich Wärme aus. Das war nicht nur ein Kompliment. Sie konnte erkennen, dass
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