Geschmiedet im Feuer
es sein völliger Ernst war und dass er jedes Wort so meinte.
Eigentlich hätte es sie erschrecken müssen, dass sich Zanes Bewusstsein so mit ihrem vereinte. Dass sie seine Gedanken und Gefühle ebenso gut erkennen konnte wie ihre eigenen. Aber aus irgendeinem Grund fühlte sie sich dadurch nicht entblößt, sondern getröstet. Es kam ihr völlig natürlich vor. Als wäre es seit Anbeginn der Zeit so gewesen.
Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich mit jemandem verbunden.
Mit der Waffe in der Hand drückte sich Zane vor der Leichenhalle mit dem Rücken an die Wand. Er sah auf die 9mm herab. Das Magazin war voll, aber die Glock war bei Zielen in größerer Entfernung nicht sehr zuverlässig. Russ hatte Beth bereits weit genug den Flur entlanggeschleift, dass es kein leichter Schuss werden würde, und wenn er den Kerl nicht sofort erledigen konnte, war Beth in größter Gefahr. Er musste näher an die beiden heran, damit er Russ mit dem ersten Schuss ausschalten konnte.
Aber das war das Problem. Russ würde ihn hören und Beth als Schild benutzen.
Er brauchte einen anderen Plan. Sein Blick wanderte zur Leichenhalle. Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass sie einen eigenen Eingang hatte und man sie nicht nur durch diesen Gang betreten konnte? Wenn er einen anderen Ausgang fand, konnte er vor Russ auf dem Parkplatz sein, den Mistkerl in einen Hinterhalt locken und ausschalten.
Er glitt einen Schritt nach vorn und sah um die Ecke. Russ ging noch immer auf den Ausgang zu. Zane schoss zur Tür der Leichenhalle, öffnete sie lautlos, schlüpfte hindurch und zog sie hinter sich zu.
Ein schmaler Tisch auf der rechten Seite. Dahinter ein Schiebefenster, daneben eine Tür. Zane riss sie auf und rannte hindurch, da ihm Geschwindigkeit jetzt wichtiger als Lautlosigkeit war.
Er sprintete einen weiteren, schmaleren Gang entlang, lief durch eine Tür und stand dann in der Leichenhalle. Der Gestank nach Tod und Körperflüssigkeiten und der beißende Geruch von Chemikalien wurde mit jedem Schritt intensiver. Tische und Rollwagen aus rostfreiem Stahl unter dem grellen fluoreszierenden Licht. Weiße Laken und Zehenschilder streiften ihn, als er sich durch den schmalen Durchgang zwischen den Tischen zwängte.
In der hinteren rechten Ecke des Raumes war kein Schrank und keine Wand zu sehen. Er lief in die Richtung und war dankbar dafür, dass sich hier niemand aufzuhalten schien. Innerhalb von Sekunden hatte er die Leichenhalle durchquert und den Gang betreten, der davon abzweigte. Eine Reihe von Spinden flog an ihm vorbei. Die Tür vor ihm war aus massivem Stahl. Kein Fenster weit und breit.
Er streckte seinen Verstand zu Beth aus.
Wie weit bis zum Ausgang?
Sie reagierte sofort.
Etwa drei Meter.
Womit ihm nur Sekunden für einen Hinterhalt blieben.
Er ließ jede Vorsicht fahren, wurde noch schneller, riss die schwere Tür auf und rannte hinaus. Eine steile Treppe führte zum Parkplatz, aber in der Nähe standen keine Autos, die ihm Deckung geben konnten.
Rechts von ihm war die Parkbucht der Ambulanz. Breit genug für vier Krankenwagen, doch der Mauervorsprung dort war nicht tief genug, um sich dahinter zu verstecken. Die Doppeltür, durch die Russ mit Beth kommen würde, lag etwa drei Meter zurückgesetzt, direkt neben dem Mitarbeitereingang der Leichenhalle.
Auch hier gab es keine Deckung.
Doch zu seiner Linken ging es eineinhalb Meter in die Tiefe. Er musste den Treppenabsatz vor dem Mitarbeitereingang als Ausgangspunkt für seinen Hinterhalt nehmen und darauf hoffen, dass Russ die Treppe direkt vor ihm nahm und nicht die links von der Ambulanz.
Zane sprang über das Geländer zu seiner Linken und landete gehockt und auf den Fußballen, als die Stahltür rechts neben ihmquietschend aufging. Zu schade, dass ihm nicht die Zeit geblieben war, für eine Ablenkung zu sorgen, damit Russ nicht in seine Richtung sehen würde.
Er hält mich nicht sehr fest. Soll ich mich losreißen? Ich könnte versuchen, ihm die Waffe aus der Hand zu schlagen. Wäre das Ablenkung genug?
Ihn überkam die nackte Panik.
Nein!
Aber ich kann helfen. Ich kann ihn für dich ablenken.
Der Schreck ballte sich in seiner Brust zusammen, sodass ihm beinahe das Herz stehen blieb.
Halt dich zurück. Tu nichts. Hast du verstanden? Nichts!
Ein widerwilliges Grummeln hallte durch seinen Kopf.
Mit gerunzelter Stirn schlich Zane geduckt an der Wand entlang. Schritte waren auf dem Absatz zu hören und gingen auf die Treppe zu.
So weit, so gut.
Weitere Kostenlose Bücher