Geschmiedet im Feuer
beeinflussen. Ich werde noch rechtzeitig zur Tagung dort sein.«
»Sie sind zur Alternative gewechselt?«, fragte eine andere Stimme, die eher ausdruckslos als kalt klang.
»Ja. Ich rufe Sie an, sobald ich mehr weiß.«
»Tun Sie das«, erwiderte die Stimme. »In der Zwischenzeit sollten Sie Ihre Schwester anrufen und ihr sagen, dass Sie verspäteteintreffen.«
Russ wäre beinahe abrupt stehen geblieben, riss sich jedoch zusammen. »Meine Schwester?«
»Jillian Michaels. Sie haben auch ziemlich viele Nichten und Neffen, nicht wahr?« Die Stimme schwieg kurz und Russ’ Magen zog sich zusammen. »Wir mussten in der Vergangenheit feststellen, dass es in unserem Interesse ist, die Menschen genau zu kennen, mit denen wir zusammenarbeiten.«
Dann war die Leitung tot.
Sehr langsam klappte Russ das Handy zu und steckte es in die Hosentasche. Erleichtert stellte er fest, dass die Wachen seine plötzliche Anspannung nicht mitbekommen hatten. Anders als Polizisten waren Sicherheitsleute nicht darauf trainiert, auf Anzeichen von Stress zu achten, wie den plötzlichen Schweißausbruch, der bewirkte, dass ihm das Hemd am Rücken klebte, oder seine verkrampften Finger.
Er hatte sich die größte Mühe gegeben, damit seine wahre Identität niemals bekannt wurde. Er hatte seine Fingerabdrücke verändert. Sein Erscheinungsbild angepasst. Seinen Namen geändert. Viel Geld dafür bezahlt, dass seine wahre Identität aus jeder nur möglichen Datenbank gelöscht wurde. Denn er hatte eine riesige Schwäche, die man gegen ihn einsetzen konnte.
Eine Schwester.
Eine Zwillingsschwester.
Wie in aller Welt diese Schweine seine wahre Identität herausgefunden hatten, war unwichtig.
Es war ihnen gelungen. Ende der Geschichte.
Und wenn er ihnen nicht genau das lieferte, was er versprochen hatte, dann war er womöglich nicht der Einzige, der für sein Versagen bestraft wurde.
Jilly und die Kinder könnten ebenso wie er darunter leiden müssen.
Beth ertrug die ganze Situation, dass jemand versucht hatte, sie umzubringen, ziemlich gut, bis sie einen Blick auf ihren Angreifer warf. Ihren toten Angreifer. Seine braunen Augen wurden bereits glasig, fixierten jedoch weiterhin ihr Gesicht.
Kälte breitete sich von ihrer Kopfhaut aus langsam nach unten aus und schien jede Zelle ihres Körpers einzufrieren, sodass sie das Gefühl hatte, von den Zehen bis zu den Ohren in Eiswasser zu stehen. Sie hörte mitten in einem hitzigen Wortgefecht mit Zane auf zu reden und fing an zu zittern. Das Zittern wurde so heftig, dass sie schon glaubte, ihre Knochen würden zerspringen, weil ihre Muskeln derart schmerzten.
»Hey.« Zanes finsterer Blick verschwand und Sorge spiegelte sich auf seinem Gesicht wider. Er nahm sie ihn die Arme und fuhr ihr mit den Händen über den verkrampften, bebenden Rücken.
»Mir geht es gut.«
Was eine völlig bescheuerte Aussage war, da ihr Körper offensichtlich zu einem Eisblock geworden war. Begierig darauf, seine Wärme zu spüren, drückte sich Beth enger an ihn, doch schien seine Körperwärme das Eis, das sie zu umgeben schien, nicht durchdringen zu können.
»Das ist der Schock«, murmelte Rawls und sie spürte, wie Hände, die nicht Zane gehörte, ihr Gesicht berührten und nach ihrem Handgelenk tasteten.
»Ihr Puls geht schnell und ein wenig unregelmäßig. Sie sollte sich hinsetzen.«
Rawlings Stimme kam wie aus weiter Ferne. Irgendwie schien es wichtig zu sein, dass er seinen Südstaatenakzent verloren hatte, und dann wurde ihr klar, dass sie ihn als Barometer benutzte – anscheinend verzichtete er darauf, wenn es ernst wurde.
»Ich hole eine Decke. Lass sie sich setzen.«
Auf einmal bewegte sie sich, ohne dass ihre Beine etwas dafür tun mussten. Und dann saßen sie mit dem Rücken zur Wand auf dem Boden und sie hockte wie ein Kind auf Zanes Schoß.
Sie drückte sich gegen ihn, presste ihr Gesicht an seine Brust, sodass der Baumwollstoff seines T-Shirts weich und warm an ihrerHaut lag, und konzentrierte sich auf das ruhige, stetige Klopfen seines Herzens.
Wie peinlich war das denn?
Es kam für sie völlig unerwartet, dass sie derart zusammenklappte. Sie war in Notfällen bisher immer völlig stabil geblieben. Eine Person, auf die man sich verlassen konnte. Natürlich war es etwas völlig anderes, einen Mordanschlag zu überleben, als sich um ein zerbrochenes Fenster oder eine auslaufende Waschmaschine zu kümmern. Mit lebensbedrohlichen Situationen hatte sie nun mal keine Erfahrung.
Anders als
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