Geschöpfe Der Ewigkeit
hier vertrauen kann. Es ist unabdingbar, daß ich Landulf zerstöre, bevor ich diesen Ort verlasse. Nicht nur für deine und meine Sicherheit, sondern für die aller anderen Menschen. Das siehst du ein, nicht wahr? Das Böse, das von ihm ausgeht, ist schon weit verbreitet. Ich muß es hier stoppen, an der Quelle, aus der es ent-springt.«
Meine Worte dringen tief in Dantes Geist. »Er hat schon an vielen Orten großes Leid verursacht«, flüstert er und nickt vor sich hin.
»Und dieses Leid können wir nun beenden. Sag mir, wo im Schloß er seine Morgende verbringt!«
»Aber, meine Dame, wann werde ich Euch wiedersehen, wenn Ihr mich jetzt verlaßt?«
Noch immer streiche ich über seinen Kopf. »Erinnerst du dich an den kleinen Teich, an dem wir die Nacht verbracht haben, bevor wir zum Schloß gegangen sind? Er lag etwas abseits der Straße. Glaubst du, du schaffst es dorthin?«
Er nickt entschlossen. »Gewiß. Ich kenne die Wälder hier in der Gegend.
Wann werden wir uns dort treffen?«
»Heute abend. Bis dahin müßte ich dort sein. Reicht die Zeit auch dir?«
»Ganz sicher, meine Dame. Wenn ich mich nicht mit Pausen aufhalte.«
»Du kannst ruhig Pausen einlegen, wenn du erschöpft bist. Wenn ich vor dir dort ankomme, werde ich auf dich warten.«
Er ergreift heftig meinen Arm. »Versprecht Ihr mir das, Herrin?«
»Ich verspreche es dir, Dante.« Ich zögere und achte darauf, daß meine nächsten Worte entschlossener klingen. Ich weiß, daß er erstaunt und verletzt darüber sein wird, aber jetzt ist nicht die richtige Zeit für sanfte Überzeugungsversuche. »Jetzt sag mir, wo Landulf ist.«
Dante ist so verblüfft, daß er prompt antwortet: »Vermutlich ist er zur Zeit nicht im Schloß. Er verbringt die Morgenstunden meist am alten Orakel, wo vor langer Zeit die Göttin Venus verehrt wurde.«
»Wo befindet sich dieser Ort?«
»Es ist ein kreisförmiger Ring aus Steinen, der hinter dem Schloß in die Seite der Klippe gebaut wurde.« Er weist stromabwärts. »Dieser Weg führt zu einem kleinen Wasserfall, der nicht weit davon niedergeht. Aber es ist ein gefährlicher Ort, Herrin. Seine Macht dort ist groß, die Geister beschützen ihn. Es wird Euch nicht gelingen, ihn zu überwältigen. Ihr werdet warten müssen, bis er den steinernen Kreis verläßt.«
»Wir werden sehen.« Ich klopfe Dante auf den Rücken. »Du und ich werden einander wiedersehen, bevor dieser Tag vorüber ist. Es wird ein freudiges Wiedersehen werden. Der Feind wird zu diesem Zeitpunkt besiegt sein, und wir werden zusammen gehen können, wohin wir wollen.«
»Nach Messina?« fragt er aufgeregt.
»Ja, wir können nach Messina gehen.« Damit schließe ich ihn in die Arme und drücke ihn. »Paß auf dich auf, Dante. Vergiß nicht, daß du mir viel bedeu-test.«
Er erwidert die Umarmung und flüstert mir leise etwas ins Ohr:
»Und Ihr seid meine Liebe, Herrin.«
15.
KAPITEL
Der dunkle Pfad führt ins Licht, aber die Sonne ist noch nicht aufgegangen, als ich aus dem unterirdischen Korridor emporsteige und auf die Klippe trete, um das sich mir bietende Panorama zu betrachten. Tatsächlich ist ein großer Teil der südlichen Küste Siziliens von hier aus sichtbar. Das Meer ist purpurfarben, und am Himmel entdecke ich nur wenige Wolken. Der nahe gelegenste Strand –
er liegt weit unter mir und ist vielleicht drei Meilen entfernt – ist von einer großen Truppe Soldaten besetzt. Ich kann die Farbe ihrer Haut sehen, ihre schwarzen und grünen Flaggen, die im Morgenwind wehen.
Es sind Araber. Moslems.
Ohne Landulfs Einverständnis können sie es nicht bis hierher geschafft haben.
Der Herzog ist nicht weit entfernt, er befindet sich zu meiner Linken, etwa fünfhundert Fuß unter mir. Wie Dante mir beschrieben hat, sitzt er inmitten des steinernen Zirkels in einem Gebilde, welches ich als Pentagramm identifiziere.
Der fünfzackige Stern scheint mit Blut gezeichnet zu sein, und in Landulfs Händen entdecke ich etwas Rotes und Schleimiges. Er hockt auf den Knien mit dem Rücken zur Klippe, und ich kann nicht erkennen, welche verruchten Gedanken seinen Geist beschäftigen. Alles, was ich weiß, ist, daß er in ein paar Minuten sterben wird.
Ich beginne, die Klippe hinabzusteigen.
Die Venus scheint hell am östlichen Himmel.
Ich werte ihr weißes Licht als gutes Omen.
Ich habe mich dem Steinkreis bis auf fünfzig Fuß genähert, als ich anhalte.
Unterhalb von mir ist eine junge Frau an die Klippe gekettet, und ich sehe, daß sich
Weitere Kostenlose Bücher