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Geschöpfe Der Ewigkeit

Geschöpfe Der Ewigkeit

Titel: Geschöpfe Der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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erleben.
    Aber ich weiß nicht, was ich tun soll.
    Landulf folgt meinen Bewegungen mit seinen Blicken und unternimmt nichts, um mich an meinen Plänen zu hindern. Ich beende meine Untersuchung des Kreises und überlege, welche Chancen ich hätte, wenn ich versuchen würde, von der Klippe aus in den Zirkel hineinzuspringen. Landulf liest meine Gedanken, oder vielleicht ist es auch einfach eine logische Schlußfolgerung, die ihn voraussehen läßt, was ich als nächstes vorhabe.
    »Versuch es ruhig«, sagt er. »Es würde mir Spaß machen, dir dabei zuzusehen.«
    »Ihr könnt nicht ewig darin bleiben.«
    »Und Dante kann nicht ewig in dem unterirdischen Gang bleiben.«
    Ich erstarre. »Ihr blufft. Ihr könnt ihn nicht von hier aus aufhalten.«
    Als Antwort darauf erhebt Landulf das Herz zum Himmel, und zu meinem Erschrecken beginnt es wieder zu schlagen. Das Blut tropft über sein Gesicht, und er leckt es ab. Dann stößt er plötzlich ein hohes Lachen aus, und ich höre, wie sich oben die Steine zu verschieben beginnen. Ich blicke zu dem Weg auf, den ich gekommen bin, und sehe, daß der Ausgang mit einem riesigen Felsbrocken versperrt ist. Landulf läßt die Hand mit dem Herzen sinken.
    »Das war einer der Wege«, sagt er. »Ich kann den anderen Ausgang auf genau die gleiche Weise verschließen. Falls…«
    Er beendet den Satz nicht. Er will, daß ich es für ihn tue.
    »Falls ich nicht zu Euch komme.«
    »Genau.« Er weist auf das angekettete Mädchen, dessen Gesicht vor Angst verzerrt ist. »Das Leben einer Fremden gegen das Leben deines Freundes.«
    Ich blicke auf das Mädchen und sehe, wie es leicht den Kopf schüttelt.
    »Mach dir keine Sorgen«, flüstere ich ihr zu.
    »Du mußt ihr Herz herausreißen«, erklärt Landulf. »Schnell. Solange es noch schlägt, wirst du in der Lage sein, den Kreis zu betreten.«
    »Ich betreibe keinen Tauschhandel mit Menschenleben.« Doch gleichzeitig spüre ich, wie mich Zweifel überkommt. Wenn es mir nicht gelingt, Landulf zu töten, wird das Mädchen ohnehin sterben müssen. Außerdem werde ich sie ohnehin nicht mitnehmen können, wenn ich die Klippe seitlich hinabsteige.
    Dantes unschuldiges Gesicht taucht vor meinem geistigen Auge auf – und bildet einen krassen Kontrast zu Landulfs hypnotischem Blick. Er tritt an den Rand des Kreises und befindet sich nur noch etwa fünf Fuß von mir entfernt. Noch einmal versuche ich mit der Faust die Barriere zu durchbrechen, doch die Hand wird gegen meine Brust zurückgestoßen. Noch immer schlägt das Herz seiner toten Frau in seiner Hand, und nun höre ich das Geräusch auch. Ich begreife nicht, wie es ihm gelingt, es am Leben zu erhalten. Wie ein Zauberer, egal wie mächtig er sein mag, es schafft, Totes lebendig zu erhalten.
    »Du wirst tauschen«, verkündet er. »Närrin! Ich kann jeden Einfluß auf dich ausüben.« Er hält inne. »Hörst du etwas, Sita?«
    Das Schlagen des Herzens tönt lauter in meinen Ohren.
    Und in meinem Kopf. Es hört auch nicht auf, als ich mir die Ohren zuhalte.
    Er hält das Herz in meine Richtung, und ich kann nicht anders als es anstarren.
    Es ist der helle Wahnsinn – ich kann nicht einmal mehr die Augen schließen.
    »Töte sie, und es wird aufhören«, sagt er.
    »Nein!« schreie ich.
    »Töte sie, und dein Freund wird am Leben bleiben! Töte sie, und du kannst mich töten!«
    Das Blut des noch immer schlagenden Herzens spritzt durch die Barriere und auf mein Gesicht. Ich schmecke den Verlust von Cias irregeleitetem Leben auf meinen Lippen, und das Hämmern in meinem Kopf wird lauter und lauter.
    Wenn es nicht innerhalb der nächsten Sekunden aufhört, werde ich verrückt. Ich wirbele zu der angeketteten jungen Frau herum und nehme nichts wahr, außer daß sie plötzlich schreit. Vermutlich hat der Anblick meines verzerrten Gesichts sie erschreckt. Was ist schon ein Menschenleben? schießt es mir durch den Kopf. In den viertausend Jahren meiner Existenz habe ich Tausende getötet, von denen viele unschuldig waren. Ich brauche ihr Herz, ich brauche es dringend!
    Dieses Opfer ist notwendig, um anderen Menschen, auch in der Zukunft, entsetzliche Qualen zu ersparen. Eigentlich sollte sie sich glücklich schätzen, aus einem so edlen Grund zu sterben. Auch Gott muß doch sehen, daß mir im Augenblick keine Wahl bleibt.
    Aber ich weiß, daß er es nicht sehen wird.
    Denn ich bin fünf- nein, viertausend Jahre alt.
    Und es bedeutet den Tod meiner eigenen Seele, nach allem, was ich erlebt habe, noch

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