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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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anderen geworden.
    Er blieb zweieinhalb, drei Meter vor uns stehen. Im funkelnden orangefarbenen Glanz der Kühlflamme, der durch das Fenster fiel, sah ich, daß Manuel seine Khakiuniform trug. Seine Dienstpistole befand sich im Halfter an der rechten Hüfte. Auch wenn er die Daumen in den Pistolengürtel gehakt hatte, konnte er seine Waffe bestimmt mindestens so schnell ziehen, wie ich die Glock aus meiner Jacke holen konnte.
    »Deine Schicht schon vorbei?« fragte ich, obwohl ich wußte, daß dem nicht so war.
    »Ich hoffe«, sagte er, statt meine Frage zu beantworten, »daß du um diese Zeit kein Bier, keine Tamales und Jackie-Chan-Filme erwartest.«
    »Ich bin nur vorbeigekommen, um Toby guten Tag zu sagen, falls er gerade eine Pause machen sollte.«
    Manuels Gesicht, das für seine vierzig Jahre von zu vielen Sorgen gekennzeichnet war, hatte einen Ausdruck natürlicher Freundlichkeit. Selbst bei diesem geisterhaften Licht war sein Lächeln noch gewinnend, beruhigend. Soweit ich sehen konnte, war die einzige Helligkeit in seinen Augen das reflektierte Licht aus dem Studiofenster. Natürlich konnte diese Reflexion jenes kurzlebige animalische Flackern maskieren, das ich auch bei Lewis Stevenson gesehen hatte.
    Orson hatte sich soweit beruhigt, daß er sich wieder aufrichtete. Aber er blieb mißtrauisch.
    Manuel zeigte weder Anzeichen von Stevensons brodelnder Wut noch dessen spannungsgeladene Energie. Wie immer war seine Stimme sanft und fast musikalisch. »Nachdem du angerufen hast, bist du dann doch nicht zur Wache gekommen.«
    Ich dachte über eine Antwort nach und entschloß mich, bei der Wahrheit zu bleiben. »Doch, bin ich.«
    »Du warst also schon in der Nähe, als du angerufen hast?« sagte er.
    »Direkt um die Ecke. Wer ist der Glatzkopf mit dem Ohrring?«
    Manuel schien ebenfalls zu überlegen, was er antworten sollte, und tat es mir dann offenbar gleich. »Er heißt Carl Scorso.«
    »Aber wer ist das?«
    »Ein absoluter Drecksack. Wie weit willst du diese Sache durchziehen?«
    »Gar nicht mehr.«
    Er schwieg ungläubig.
    »Sie fing als Kreuzzug an«, gestand ich ein. »Aber ich weiß, wann ich verloren habe.«
    »Das ist ja ein ganz neuer Chris Snow.«
    »Selbst wenn ich mit den Medien oder irgendwelchen außen-stehenden Behörden Kontakt aufnehmen könnte, verstehe ich die Situation nicht so gut, daß ich die überzeugen könnte.«
    »Und du hast keine Beweise.«
    »Keine greifbaren. Wie dem auch sei, ich bezweifle ohnehin, daß man mir erlauben wird, solch einen Kontakt herzustellen. Und wenn ich jemanden überzeugen könnte, hier Nachforschungen zu betreiben, werden ich oder meine Freunde bei dessen Ankunft wohl nicht mehr leben.«
    Manuel antwortete nicht, aber sein Schweigen verriet alles.
    Vielleicht war er noch immer Baseballfan. Vielleicht mochte er noch immer Country Music und Abbott und Costello. Er wußte noch immer so viel über Beschränkungen wie ich und fühlte die Hand des Schicksals genauso stark wie ich. Vielleicht mochte er mich sogar noch gut leiden – aber er war nicht mehr mein Freund. Auch wenn er den Verrat nicht über sich brachte, die Pistole auf mich zu richten und selbst abzudrükken, würde er zusehen, wenn ein anderer es tat.
    Traurigkeit strömte in mein Herz, eine speckige Niedergeschlagenheit, die ich noch nie zuvor wahrgenommen hatte und die bei mir fast Übelkeit auslöste. »Die gesamte Polizeibehörde macht mit, oder?«
    Sein Lächeln war verblichen. Er sah müde aus.
    Als ich Erschöpfung statt Zorn an ihm bemerkte, wußte ich, daß er mir mehr erzählen würde, als er eigentlich sollte. Von Schuld getrieben, würde er nicht imstande sein, alle Geheimnisse für sich zu behalten.
    Ich ahnte bereits, daß eine der Enthüllungen, die er machen würde, meiner Mutter gelten würde. Und ich verabscheute dermaßen, die Enthüllung zu hören, daß ich mich fast aus dem Staub gemacht hätte. Fast.
    »Ja«, sagte er. »Die gesamte Behörde.«
    »Selbst du.«
    »Oh, mio amigo, besonders ich.«
    »Bist du mit der Krankheit infiziert, die aus Fort Wyvern stammt?«
    »›Infiziert‹ ist nicht ganz das richtige Wort.«
    »Aber es kommt der Sache ziemlich nah.«
    »Alle anderen Polizeibeamten haben sie. Aber ich nicht. Nicht, daß ich wüßte. Noch nicht.«
    »Vielleicht hatten sie also keine Wahl. Du hattest aber eine.«
    »Ich habe mich zur Zusammenarbeit entschlossen, weil viel mehr Gutes als Schlechtes daraus erwachsen könnte.«
    »Aus dem Ende der Welt?«
    »Wir arbeiten

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