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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Todesursache vielleicht doch nicht eindeutig Krebs gewesen war. Aber warum ließen die Schuldigen die Beweise nicht in Sandy Kirks Krematorium vernichten, falls die armen, toten Knochen meines Vaters jemanden irgendwie belasten konnten?
    Offenbar brauchten sie seine Leiche.
    Aber – wofür?
    Kalter Tau hatte sich in meinen zusammengeballten Fäusten gebildet, und mein Nacken war ganz feucht.
    Je mehr ich über die Szene nachdachte, die ich in der Tiefgarage beobachtet hatte, desto unwohler fühlte ich mich in dieser lichtlosen Zwischenstation für die Toten. Diese seltsamen Ereignisse wühlten Urängste in mir auf, so tiefsitzende, daß ich nicht einmal ihre Form erkennen konnte, wie sie jetzt in der Dunkelheit schwammen und kreisten.
    Statt meines Vaters sollte ein ermordeter Anhalter eingeäschert werden. Aber warum hatte man einen harmlosen Landstreicher eigens dafür ermordet? Sandy hätte die Bronzeurne mit ganz gewöhnlicher Holzasche füllen können, und ich wäre davon überzeugt gewesen, daß es die eines Menschen war. Außerdem war es äußerst unwahrscheinlich, daß ich die versiegelte Urne jemals aufbrechen würde, nachdem man sie mir ausgehändigt hatte – und noch unwahrscheinlicher, daß ich den pulvrigen Inhalt zu einer Bestandsanalyse an ein Labor schicken würde.
    Meine Gedanken schienen sich in einem engmaschigen Netzgewebe verheddert zu haben. Ich konnte mich nicht davon losreißen.
    Zitternd holte ich das Feuerzeug aus meiner Tasche. Ich zögerte, lauschte auf verstohlene Geräusche auf der anderen Seite der abgeschlossenen Tür und schnippte die Flamme dann an.
    Es hätte mich nicht überrascht, eine alabasterweiße Leiche zu sehen, die sich leise aus ihrem stählernen Sarkophag erhoben hatte und nun vor mir stand, das Gesicht todesfleckig und im Gasschein leuchtend, die Augen weit geöffnet, aber blind, der Mund in Bewegung, um Geheimnisse kundzutun, ohne daß auch nur ein Flüstern über die Lippen kam. Zwar stand kein Toter vor mir, aber Schlangen aus Licht und Schatten entwichen der flackernden Flamme und strichen über die Stahlpaneele, verliehen den Schubfächern eine Illusion von Bewegung, so daß jeder Behälter sich stückchenweise, Zentimeter um Zentimeter, zu öffnen schien.
    Als ich mich zur Tür umdrehte, stellte ich fest, daß man den Riegel von innen öffnen konnte. Damit sollte wohl verhindert werden, daß jemand unabsichtlich im Kühlraum eingesperrt werden konnte. Auf der Innenseite war kein Schlüssel erforderlich; das Schloß konnte mit einem einfachen Hebel betätigt werden.
    Ich schob den Bolzen so leise wie möglich aus dem Schlagwerk. Der Türknopf knackte leise.
    In der Tiefgarage war alles ruhig. Offenbar war niemand mehr hier, aber ich blieb wachsam. Jemand könnte sich hinter einer der tragenden Säulen verbergen, hinter dem Kranken- oder dem Lieferwagen.
    Noch während ich zum Schutz gegen den trockenen Schauer aus Neonlicht die Augen zukniff, sah ich zu meiner Bestürzung, daß der Koffer meines Vaters fort war. Der Pfleger mußte ihn mitgenommen haben.
    Ich wollte nicht durch den Keller des Krankenhauses zurück zu der Treppe gehen, die ich hinabgestiegen war. Das Risiko, einem der Pfleger oder beiden zu begegnen, war zu groß.
    Bis sie den Koffer geöffnet und den Inhalt durchsucht hatten, wußten sie vielleicht nicht, wem er gehörte. Sobald sie aber die Brieftasche meines Vaters mit seinem Ausweis fanden, würden sie wissen, daß ich hier gewesen war, und sich fragen, ob ich etwas gehört und gesehen hatte, und falls ja, was.
    Ein Anhalter war ermordet worden, nicht, weil er etwas über ihre Machenschaften wußte, nicht, weil er sie belasten konnte, sondern lediglich, weil sie aus Gründen, die mir noch unklar waren, eine Leiche zum Einäschern brauchten. Denen, die eine echte Bedrohung für sie darstellten, würden sie nicht die geringste Gnade erweisen.
    Ich drückte auf den Knopf, mit dem man das breite Rolltor öffnen konnte. Der Motor summte, die Kette spannte sich unter der Decke, und das große Lamellentor hob sich mit einem fürchterlichen Scheppern. Ich sah mich nervös in der Garage um, rechnete halbwegs damit, einen Angreifer aus seiner Deckung stürzen und auf mich zustürmen zu sehen.
    Als das Tor sich gut zur Hälfte geöffnet hatte, hielt ich es mit einem zweiten Knopfdruck an und ließ es mit einem dritten wieder hinabfahren. Dabei schlüpfte ich unter ihm hindurch und in den Abend hinaus.
    Hohe Straßenlampen warfen ein messingkaltes, trübes

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