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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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gelbes Licht auf die Einfahrt, die von der Tiefgarage zur Straße hinaufführte. Dort oben war auch der Parkplatz in dieses düstere Leuchten gehüllt, das mir wie der kalte Glanz vorkam, der vielleicht einen Vorraum zu irgendeinem Bezirk der Hölle erhellte, in dem die Bestrafung mit ewigem Eis statt Feuer vorgenommen wurde.
    So gut es möglich war, bewegte ich mich durch die Anlagen, die jetzt in den nächtlichen Schatten von Kampferbäumen und Kiefern getaucht waren.
    Ich floh über die schmale Straße in ein Wohnviertel aus pittoresken spanischen Bungalows. In eine schmale Gasse ohne Lampen. Vorbei an den Rückseiten von Häusern mit hell erleuchteten Fenstern. Hinter den Scheiben befanden sich Zimmer, in denen Fremde ihr Leben voller unendlicher Möglichkeiten und gesegneter Normalität führten, ein Leben, das mir nicht offenstand und fast sogar über mein Verständnis hinausging.
    Nächtens fühle ich mich oft schwerelos, und das war auch jetzt wieder der Fall. Ich lief so leise, wie die Eule fliegt, glitt auf Schatten dahin.
    Diese sonnenlose Welt hatte mich achtundzwanzig Jahre lang willkommen geheißen und genährt, war für mich stets ein Ort des Friedens und Trostes gewesen. Doch nun wurde ich zum erstenmal in meinem Leben von dem Gefühl geplagt, daß irgendein Raubtier mich durch die Dunkelheit verfolgte. Ich widerstand dem Drang, über die Schulter zurückzuschauen, beschleunigte meine Schritte und spurtete, rannte, flitzte, ja flog geradezu durch die schmalen Nebenstraßen und dunklen Gassen von Moonlight Bay.

ZWEI
    Der Abend

5
    Ich habe Fotos von kalifornischen Pfefferbäumen im Sonnenlicht gesehen. Im Hellen sind sie filigrane, grazile, grüne Träume von Bäumen.
    Nachts weist so eine Pflanze, auch als Mastixbaum bekannt, einen ganz anderen Charakter auf als tagsüber. Sie scheint den Kopf hängen zu lassen, als sollten die langen Äste ein Gesicht verbergen, das vor Kummer oder Trauer verzerrt ist.
    Solche Bäume flankierten die lange Auffahrt zu Kirk’s Funeral Home, das auf einem Grashügel von über einem Hektar Fläche am nordöstlichen Stadtrand stand, landeinwärts vomHighway l und über eine Überführung zu erreichen. Sie warteten wie Trauergäste, die einem Toten die letzte Ehre erweisen wollten.
    Als ich den Privatweg hinaufging, auf den niedrige, pilzförmige, rustikale Lampen Lichtringe warfen, bewegten die Bäume sich in einer schwachen Brise. Die Reibung zwischen dem Wind und den Blättern klang wie ein geflüstertes Klagelied.
    An der Auffahrt standen keine Autos, was wohl bedeutete, daß zur Zeit keine Trauerwache stattfand.
    Ich selbst bewege mich nur zu Fuß oder auf dem Fahrrad durch Moonlight Bay. Es wäre sinnlos, den Führerschein zu machen. Tagsüber konnte ich sowieso nicht fahren, und nachts müßte ich eine Sonnenbrille tragen, um mich vor den Stichen entgegenkommender Scheinwerfer zu schützen. Cops mögen es nicht besonders, wenn man nachts mit einer Sonnenbrille auf der Nase fährt, ganz gleich, wie cool man damit aussieht.
    Der Vollmond war aufgegangen.
    Ich mag den Mond. Er erhellt, ohne zu versengen. Er poliert das Schöne und gewährt dem anderen Verborgenheit.
    Auf der breiten Hügelkuppe führte der Asphaltweg zu sich selbst zurück und bildete auf diese Weise einen weiten Kreis mit einer kleinen Rasenfläche in der Mitte. Auf dem Rasen stand eine Gußbetonnachbildung von Michelangelos Pietà.
    Die Leiche des toten Christi, auf dem Schoß seiner Mutter zusammengerollt, leuchtete hell im reflektierten Mondlicht. Genau wie die Jungfrau Maria. Im Sonnenlicht sah diese grobschlächtige Kopie bestimmt unglaublich geschmacklos aus.
    Doch angesichts ihres schrecklichen Verlusts finden die meisten Trauernden Trost in der Zusicherung einer universellen Planung und Bedeutung, selbst wenn sie so unbeholfen ausgedrückt wird wie mit dieser Reproduktion. Ich liebe an den Menschen unter anderem so sehr, daß sie von der kleinsten Spur Hoffnung solchen Auftrieb bekommen.
    Ich blieb unter dem Säulenvorbau des Bestattungsinstituts stehen und zögerte, weil ich nicht abschätzen konnte, in welche Gefahr ich mich begab.
    Das massive, zweistöckige georgianische Haus – rote Ziegel mit weißen Holzbalken – hätte das schönste in der ganzen Stadt sein können, wäre die Stadt nicht Moonlight Bay gewesen. Wäre ein Raumschiff aus einem anderen Sonnensystem hier gelandet, hätte es auf diesem Küstenstrich nicht fremdartiger aussehen können als Kirks stattliches Bauwerk.

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