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Gesetze der Lust

Gesetze der Lust

Titel: Gesetze der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
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ich genauso schuldig war wie er. Mehr noch, ich habe ja damit angefangen. Bis ich kam, war er Jungfrau gewesen. Doch selbst in diesem jungen Alter verfügte er über eine beeindruckende Vorstellungskraft.“
    Suzanne schluckte die Galle hinunter, die in ihrer Kehle aufgestiegen war. Elizabeth öffnete die Augen und senkte die Hand.
    „Wir waren zusammen in Vaters Bibliothek. Das war einer unserer Lieblingsplätze. Mutter und Vater kamen einen Tag eher als vereinbart nach Hause. Mutter war so erschöpft, sie ist sofort zu Bett gegangen. Vater ging in sein Büro, um zu arbeiten. Er hat uns gefunden … zusammen.“
    Elizabeth hörte einen Moment lang auf zu sprechen. Sie schaute durch die Glasscheiben des Gewächshauses und betrachtete die sinkende Sonne. Suzanne konnte nicht einmal ansatzweise ahnen, was ihr gerade durch den Kopf ging. Sie betete nur, niemals sehen zu müssen, woran Father Stearns’ Schwester sich gerade erinnerte.
    „Ich habe noch nie jemanden so wütend erlebt“, brach Elizabeth schließlich das Schweigen. „Dieser Zorn. Vater hatte nicht einmal mehr menschliche Züge. Mein Bruder und ich nennenihn Monster. Das tun wir nicht einfach so. An jenem Tag ist er zu einer Bestie geworden. Er hat meinen Bruder von mir heruntergezerrt und ihn gegen die Wand geschmettert. Nie werde ich das Blut auf der Tapete vergessen – rot auf gelb. Und mich hat er bäuchlings auf den Boden gedrückt. Er hat die ganze Zeit gesprochen, aber ich kann mich beim besten Willen an kein einziges Wort erinnern. Ich denke, ich möchte es auch nicht.“
    „Ich bin froh, dass Sie es nicht tun“, flüsterte Suzanne.
    „Er hat angefangen, mich zu vergewaltigen. Ich nehme an, um sein Territorium zu markieren. Ich glaube, er dachte, mein Bruder wäre durch die Wucht des Aufpralls bewusstlos. Doch dann vernahm ich einen dumpfen Schlag. Das war das schönste Geräusch, das ich in meinem ganzen Leben jemals gehört habe.“
    „Woher kam es?“
    „Mein Bruder hat meinen Vater mit dem Schürhaken geschlagen. Leider ist er nicht ohnmächtig geworden. Aber es hat ihn lange genug aufgehalten, dass ich unter ihm hervorkriechen konnte. Danach steigerte sich Vaters Wut ins Unermessliche. Er packte meinen Bruder und warf ihn zu Boden. Mit dem Schürhaken brach er ihm den Unterarm. Ich habe es knacken gehört.“
    Suzanne schlug sich die Hand vors Gesicht. Sie fand eine Bank und setzte sich, bevor ihre Knie unter ihr nachgaben.
    „Vater packte meinen Bruder an seinem gebrochenen Arm und zog ihn daran in eine sitzende Position. Band ihn an einem Stuhl fest. Der Arm meines Bruders … er hing einfach nur da … so leblos. Ich erinnere mich, gedacht zu haben – und das ist wirklich albern, aber so war es: ‚Oh nein. Er wird nie wieder Klavier spielen können.‘ Verrückt, was für Sachen in solchen Augenblicken durch den Kopf schießen. Niemals mehr Klavier spielen können? Vater war dabei, ihn umzubringen.“
    „Ihn umzubringen?“ Suzanne wusste, dass sie wie eine Idiotin klang, weil sie die Worte von Elizabeth ständig als Frage wiederholte. Aber der Schock und die Übelkeit hatten ihr die Sprache verschlagen und sie vor Grauen beinahe stumm werden lassen.
    „Ich erinnere mich daran, dass er sagte: ‚Du bist tot, Marcus,du bist tot …‘.“ Nachdem er meinen Bruder an den Stuhl gefesselt hatte, kehrte er zu mir zurück. Er wollte, dass mein Bruder zusah, während er mich vergewaltigte. Aber das konnte ich nicht zulassen. Die Vergewaltigung, okay. Natürlich. War schon öfter passiert. Aber ich konnte nicht zulassen, dass er meinen Bruder tötete. Ich liebte ihn. Auf eine kranke, kaputte, gebrochene Weise … Ich liebte ihn so sehr. Wir waren alles, was wir hatten. Also nahm ich den Schürhaken und schlug ihm meinem Vater mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte, auf den Kopf. Und er ging sofort zu Boden. Er fiel so hart und schnell, dass ich lachte. Ich glaube, es war das Lachen, das die Aufmerksamkeit meiner Mutter erregte. Ich konnte einfach nicht aufhören zu lachen …“
    „Ihre Mutter hat Sie gefunden?“
    Elizabeth nickte. „Sie stürmte in die Bibliothek, sah ihre Tochter beinahe nackt und blutend, meinen Bruder an einen Stuhl gefesselt und kaum noch atmend, mein Vater ein blutiger Haufen Monster auf dem Boden. Sie konnte nicht mehr so tun, als sähe sie nicht, was vor ihren Augen im Haus vor sich gegangen war. Sie hat mich und meinen Bruder weggeschafft. Hat ihn einfach vor dem Krankenhaus abgesetzt

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