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Gesetze der Lust

Gesetze der Lust

Titel: Gesetze der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
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meinem Körper zitterte. Aber ich tat es trotzdem. Ich stand auf, schaute Kingsley in die Augen und sagte ihm …“
    Nora atmete aus, und die Vergangenheit griff nach ihr und zog sie gegen ihren Willen in ihre Arme …
    „King, tu es nicht. Ruf ihn nicht an.“
    Kingsley reckte sein stolzes Kinn. „Ich muss ihn anrufen, und das weißt du, Eleanor.“
    „Wenn du ihn anrufst … wenn du es ihm erzählst, dann wird er entscheiden. Ja oder nein, es liegt ganz allein bei ihm. Ich kann ihm das nicht antun. Ich kann ihm nicht zumuten, diese Entscheidung zu treffen.“
    Sie erinnerte sich an die kalte, harte Sicherheit, die sie in diesem Moment verspürt hatte, die Sicherheit, dass es ein Fehler wäre,Søren entscheiden zu lassen. Wenn er ihr befehlen würde, das Kind zu behalten, würde es ihrer beider Leben ruinieren. Siebenundzwanzig Jahre alt … ein Job in einem Buchladen, der kaum etwas einbrachte … dazu war sie die Geliebte eines katholischen Priesters. Nicht die idealen Voraussetzungen, um ein Kind aufzuziehen. Aber wenn er sagen sollte, sie solle die Schwangerschaft beenden … ein katholischer Priester … nein, diese Entscheidung durfte sie ihn nicht treffen lassen. Sie musste es tun. Sie musste es alleine tun. Nicht um ihretwillen, sondern für ihn.
    „Hast du jemals den Begriff Felix Culpa gehört, Engel?“, fragte Nora und kehrte in die Gegenwart zurück.
    Michael schüttelte den Kopf.
    „Das ist ein theologisches Konzept: Gott lässt ein großes Übel zu, wenn daraus letztendlich etwas Positives entsteht. Das heißt, dass Adam und Eva im Paradies die verbotene Frucht essen sollten. Dass sie den Sündenfall erleben mussten. Dass das alles von Anfang an Gottes Plan gewesen ist … Søren hält das für Blödsinn. Ich bin geneigt, ihm zu widersprechen. An dem Tag, als ich die Entscheidung ohne ihn treffen musste … Zu diesem Zeitpunkt hatte dein Priester schon seit beinahe zehn Jahren alle Entscheidungen für mich getroffen. Ich gehörte ihm. Mein Körper gehörte ihm. Ich konnte mir ohne seine Erlaubnis nicht einmal die Haare schneiden.“
    Michael stieß einen leisen Pfiff aus. „Das ist heftig.“
    „Willkommen in der Welt derer, die besessen werden. Es wird dir gefallen. Bis du anfängst, es zu hassen.“ Sie blinzelte ihm zu. „Søren … ich liebte ihn zu sehr, um ihn diese Entscheidung für mich treffen zu lassen. Egal wie, sie hätte ihm das Herz gebrochen. Also habe ich das erste Mal seit Jahren eine eigene Entscheidung getroffen. Ich wollte Søren und das, was wir hatten, nicht verlieren. Ich konnte mir nicht für eine Sekunde vorstellen, ein Kind in der Welt aufzuziehen, in der ich lebte – Dreier mit Søren und Kingsley, Partys im SM-Club, Sklavenauktionen. Nicht gerade die familienfreundlichste Atmosphäre. Ich ging zu einem Arzt, bekam die magischen Pillen und nahm sie. Und inder Sekunde, als ich sie schluckte, war es wie das Konzept der Felix Culpa . Ich hatte die Frucht der Erkenntnis probiert … Die Erkenntnis über Freiheit, über das Treffen eigener Entscheidungen. Und es schmeckte so süß, dass es mir Angst machte. Ich ging ins Pfarrhaus und wartete auf Søren. Er kam heim und fand mich auf dem Badezimmerfußboden vor. Ich habe in der Woche viel Zeit auf Badezimmerböden verbracht.“
    „Hat es wehgetan?“
    Nora wischte sich mit dem Handrücken über die Wange.
    „Ja, Engel, es hat höllisch wehgetan. Und mitten in einem der schlimmsten Krämpfe fand mich dein Priester. Ich habe ihm sofort alles erzählt. Es kam in einem großen Rutsch raus. Das Antibiotikum und die Schwangerschaft und Kingsley und dass ich ihn zu sehr liebte, um ihn vor diese Entscheidung zu stellen. Oh mein Gott, nie werde ich den Blick auf seinem Gesicht vergessen, als ich ihm erzählte, was ich getan hatte. Ihm erzählte, warum ich wie ein Häufchen Elend auf seinem Badezimmerboden saß.“
    „Was? War er böse?“
    Nora streckte den Arm aus und nahm Michaels Hand.
    „Nein … er schaute mich an und …“ Sie holte tief Luft. „Er sagte, ‚Kleine, es tut mir so leid …‘ Noch nie zuvor hatte er mich mit so viel Liebe und Mitgefühl angeschaut. Er war überhaupt nicht böse. Ganz im Gegenteil. Verdammt, er ist ein guter Priester, oder?“
    Michael biss sich auf die Unterlippe und nickte. „Ja. Das ist er wirklich. Der Beste.“
    „Er hat mich in seine verrückt-starken Arme genommen und mich fest an sich gedrückt. Und dann hat er mir den einzigen Befehl gegeben, den ich nicht befolgen

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