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Gesetzlos - Roman

Gesetzlos - Roman

Titel: Gesetzlos - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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Plan ausheckt.
    Verzweifelt betrachtete ich sie, verzweifelt wie jemand, der in einer schlafenden Prinzessin das Symbol der verlorenen Liebe betrachtet.
    Dann ging ich in den vorderen Raum, warf mich auf mein (vor allem auf Irènes Seite) vollgekrümeltes Sofa und sank in einen erschöpften Schlaf, in dem meine geschlossenen Augen fortwährend von den lächelnden Gesichtern von Maxime und Clara, und von Cathy heimgesucht wurden.
    Dass tags darauf Montag war (der 26. Mai), war für mich kein sonderlicher Anlass zur Verwunderung, dieser Montag war kein Montag, vielleicht weil er vom Ablauf her zu sehr dem vorangegangenTag und im Übrigen auch denen ähnelte, die bis zum 29. folgen sollten: spätes Aufstehen, Frühstück, das als Mittagessen dienen musste, Irènes Aufbruch (die weiterhin ins Schwimmbad fuhr – »eine Zeitlang ging ich täglich hin« –, ins Schwimmbad und wer weiß wohin noch), allein verbrachter Nachmittag (irgendwann Notizen in das rote Heft), Irènes Rückkehr um zwanzig Uhr, derselbe allabendliche Eindruck, dass ihre Lippen, die Lippen der Lüge, mich anlogen, wenn sie mir (ganz unaufgefordert) von ihren Aktivitäten berichtete, und jede Nacht war hell erleuchtet, ich meine jetzt nicht die Schlafzimmerlampen, von der Fulminanz der fleischlichen Erfüllung, in die unsere endlosen und leidenschaftlichen Vereinigungen mündeten.
    Am Morgen des 26. weckte mich ein Anruf von Mireille Bel. Sie teilte mir mit, dass man Michel Nomens Leichnam in der Seine treibend unter der Pont de Courbevoie gefunden hatte. Man vermutete (aber für den Leser war es mehr als eine Vermutung), er habe sich im Moment, als er ins Wasser gegangen war, eine Kugel in den Mund geschossen. Die Beerdigung sollte am 29. auf dem Friedhof von Saint-Maur stattfinden. Die grausige Nachricht hatte Mireille mit noch größerer Sorge über Claras Verbleib erfüllt. Die Ermittlungen von Kommissar Tony Rugsa traten auf der Stelle. Mireille fand ein wenig innere Ruhe beim Begleiten eines Violinisten, mit dem Clara und sie ein Trio gebildet hatten, Vincent Leroy, der ebenfalls vor Sorge umkam.
    Sie würde mich weiter über alles, was sie in Erfahrung brächte, auf dem Laufenden halten.
    Anschließend rief ich Anabel Trieste an, die mich gerade selbst anrufen wollte. Sie wusste von Hijo Mamita, dass Maximes Killer (der blonde Mann im blauen Anzug) (und mit den zu krausen Härchen) gefälschte Papiere bei sich getragen habe, was vorhersehbar gewesen war, und dass es vorläufig nicht möglich sei, ihn zu identifizieren.
    Sie informierte mich vor allem, dass Maxime am Mittwoch den 28. um zehn Uhr dreißig auf dem Friedhof von Saint-Maurbeigesetzt würde. Er hatte seit Langem keine engen Angehörigen mehr. Es würden nur ein paar Freunde und Arbeitskollegen anwesend sein.
    Kurz vor ihrem Aufbruch gegen dreizehn Uhr sagte mir Irène, dass sie zum Abendessen Appetit auf ein paar Scheiben kalte Lammkeule hätte.
    »Haben Sie Gürkchen?«
    »Ja.«
    »Aber keine russischen Salzgürkchen?«
    Nein, keine russischen. Das Problem war, dass sie nur russische Salzgürkchen einer bestimmten Marke mochte, und die ließen sich nicht überall auftreiben. Die Stilton-Episode lag noch nicht weit genug zurück, als dass sie sich getraut hätte, mich ans andere Ende von Paris zu Hinz oder Kunz zu schicken, wo sie sicher war, dass …
    »Dann bringe ich welche mit«, sagte sie schnippisch.
    Anschließend lächelte sie, ihr linker Mundwinkel dehnte sich um einen Millimeter – und während dieses kurzen Lächelns war ich erneut verblüfft über ihre (nicht immer wahrnehmbare) Ähnlichkeit mit Clara, so wie ich sie auf dem Portrait gesehen hatte (und mit Lucie, Claras Mutter, wie ich später auf den Photographien sah, die Clara mir zeigen sollte).
    Am Abend kam sie mit einer Plastiktüte von einem Feinkostladen in der Avenue de la Grande-Armée wieder, die sie in der Küche abstellte.
    Bericht über ihr nachmittägliches Tun und Treiben (Erlogen? Aber bis zu welchem Punkt, und vor allem warum?).
    Abendessen. Ich holte die Plastiktüte, die mir ziemlich schwer vorkam, aus der Küche, sie enthielt ein riesiges Einweckglas, in dem in schäumender Flüssigkeit etwas schwamm, was ich zunächst für eine Grüne-Bananen-Diät hielt: die russischen Salzgürkchen.
    Dreimal nahm Irène von der Keule und den Gürkchen. (Ehrlichkeitshalber muss man hinzufügen, dass sie wenig Brot aß.) Sieverschlang sie, schluckte sie so schnell wie ein hungriger Hund, aber es war nicht

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