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Gesetzlos - Roman

Gesetzlos - Roman

Titel: Gesetzlos - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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Kosmos, er drückte sie fest an sich, als wollte er sie vor den unvorstellbaren Umwälzungen beschützen, denen er beiwohnte (denn Axel 2 hatte dem Bildschirm befohlen, den Planeten trotz der rasenden Fluchtgeschwindigkeit so lange wie möglich im Auge zu behalten) und die sie gewiss weder einholen noch ihnen Schaden zufügen würden.
    Zuerst riss Nomen auf, Wasserfontänen und Flammen schossen aus dem entstandenen Spalt in die Höhe, dann weitete sich der durch die Explosion aufgerissene Krater zu so ungeheuren Dimensionen, dass man den Eindruck hatte, der Planet würde sich selbst verschlingen – und schließlich ereignete sich ein Phänomen, das Axel 2 Axel bereits erklärte, während es noch im Gange war und Axel sein Zeuge wurde: Die Heftigkeit der ursprünglichen Explosion, die damit einhergehende ungebremste Erhöhung der Temperatur und die chemische Zusammensetzung Nomens begünstigten die unmittelbare Verwandlung der Materie in Gas (die sich von den üblichen chemischen Reaktionen unterschied, an die sich Axel 2 erinnern konnte, diese brachten nämlich Stickstoffoxid und Schwefeloxid hervor, die die Erde und das Wasser sauer werden lassen – nein, nichts von alledem), eine Verwandlung aller Materie auf Nomen, eine Metamorphose, eine Verwandlung in Gas, sodass der gesamte Planeten unsichtbar wurde – und verschwand, als hätte es ihn nie gegeben!
    Auf diese Weise konnte Clara den Fängen von Nomen entfliehen.
    Die Raumkapsel Opera war bei dieser beträchtlichen Fluggeschwindigkeit ebenfalls unsichtbar.
    Clara lag im Schlafzimmer auf dem Bett.
    Über das Simultaninformationssystems, auf das Axel durch die achte und letzte kleine weiße Platte von Ethans Bericht Zugriffhatte, konnte er alles auf sein Gedächtnis übertragen, was er über die Erde wissen musste, um seine letzte Mission, jene, mit der er sich selbst beauftragt hatte, erfolgreich auszuführen.
    Zum Beispiel erfuhr er, dass am nächsten Tag, also am Morgen des 29. Mai, Michel Nomen, Claras Onkel in Saint-Maur beerdigt werden würde. Und er hätte einen langen Artikel über dessen Todesursache verfassen können, allein wenn er sich auf all das stützte, was er durch die achte Platte über die Umstände von Michels Selbstmord erfahren hatte, aber erst recht, wenn er sich von dem inspirieren ließ, was er durch seine geistige Verschmelzung mit Clara herausgefunden hatte – sodass er in diesem langen Artikel gewiss die verborgenen Gründe für die selbstzerstörerische Geste aufgedeckt hätte.
    Nun, da Axels zerstreuter Blick auf den Bildschirm ihm nur noch den banalen gewohnten Anblick bot – einen Anblick, der ihn eigentlich immer in Begeisterung versetzt hatte, ihn jetzt aber geradezu gleichgültig ließ, jetzt, da Claras Stern in seinem Leben aufgegangen war –, dachte er darüber nach, wie er vorgehen und welche Worte er wählen sollte, um ihr die grausame Nachricht zu überbringen.
    Er begab sich in ihr Schlafzimmer, wo er sie schlafend, in tiefen Schlaf versunken, vorfand. Behutsam setzte er sich auf den Bettrand.
    Und er erzählte ihr ausführlich vom Tod ihres Onkels.
    Am Morgen des 29. Mai (auf Renata der 20., also ein Tag, an dem Michel Nomen für Axel nicht tot war, was seine Aufgabe gegenüber Clara noch herzzerreißender machte), am Morgen des 29. irdischen Mai weckte Axel Clara auf, die (wie bereits befürchtet!) trotz seiner Tröstungskünste tief aufgewühlt war und wie unter Schock stand: Sie hatte einen schrecklichen Traum gehabt, sagte sie ihm. Ihr Onkel Michel … nein, es war zu grausam!
    Axel sah sie schweigend an.
    Und Clara begriff. Sie begriff die schreckliche Wahrheit, siebegriff, dass ihr Traum kein Traum gewesen war, sie begriff, dass Michel …
    Auch sie verstummte, stellte keine Fragen mehr. Nun wusste sie alles. Sie wusste mehr als jeder andere über Michels Selbstmord. Axel hatte es ihr im Schlaf eingeflüstert.
    Er hatte die Gelegenheit genutzt, sie davon zu überzeugen, dass sie für den Tod ihres Onkels nicht verantwortlich, nicht im Geringsten verantwortlich war.
    Tränen rannen ihr übers Gesicht.
    Axel nahm ihre Hand in seine. Im Augenblick konnte er trotz seines Wissens und seiner inneren Kraft nicht mehr für sie tun, als ihr die Hand halten und angesichts ihrer Tränen den eigenen Kummer bezwingen.
    Axel fuhr fort, das letzte Kapitel seiner Memoiren niederzuschreiben, den Bericht von seiner letzten Mission, seiner letzten Reise.
    Clara schlief bis zum 30. um vierzehn Uhr.
    Im Bad stieß sie, als sie

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