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Gesetzlos - Roman

Gesetzlos - Roman

Titel: Gesetzlos - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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eingebogen. Ich sah seine Scheinwerfer im Rückspiegel, nichts weiter, dann sah und hörte ich nichts mehr.
    Der Grünstreifen in der Mitte zwang mich, hundert Meter weiter, an der Kreuzung zur Rue Bochart-de-Saron, zu wenden. Schließlich stellte ich das Auto vor Picard ab, ziemlich weit weg vom Bürgersteig, wie ich erst danach merkte. (Man muss sagen, dass die Lücke für meinen Lancia Thema etwas knapp war und ich in meiner Zerstreutheit ewig brauchte, um einzuparken.)
    Mathildes Tragetasche stand auf dem rechten hinteren Sitz, also auf der Seite des Bürgersteigs, da der vordere Teil des Autos (diese Details sind notwendig) in Richtung Rue des Martyrs zeigte. Ich stieg aus, lief ums Auto und trat neben die rechte Hintertür, um sie zu öffnen und nach den Büchern zu greifen. Da ereigneten sich, innerhalb weniger Sekunden, zwanzig, dreißigvielleicht, mehrere Dinge. Hinter mir hörte ich ein Geräusch (ein Geräusch das von dem Portal neben dem Tief kühlkost-Geschäft kam), schwer identifizierbar, ein Stoffrascheln oder schnelle Schritte – dann stolperte ich, weil mein Auto zu weit vom Bürgersteig entfernt stand, weil die Mülltonnen meine Einschätzung der Abstände noch immer verfälschten, weil ich, wie bereits erwähnt, zerstreut war, in Gedanken bei Mathilde – die Ferse meines rechten Fußes rutschte von der Bordsteinkante, und so stolperte ich.
    Darauf hörte ich einen dumpfen, nicht sehr lauten Knall, und ein winziger Splitter meiner Karosserie schoss dicht an meinem Kopf vorbei.
    Jemand hatte mit einer Feuerwaffe auf mich gezielt, das wurde mir sofort klar!
    Warum? Maynial wollte mich aus dem Weg räumen, dieser Gedanke ließ mich nicht mehr los.
    Ich ging in die Hocke. Drehte mich um – erblickte einen Mann – und fand halbwegs Deckung hinter einer Tonne, die ich wie ein Irrer hochstemmte und mit aller Kraft gegen ihn, diesen Mann schleuderte, der die drei Schritte, die ihn von mir trennten, mit einem Satz überwand. Der Deckel traf ihn in der unteren Gesichtshälfte – ein heftiger Schlag – er schrie auf, mit ausgebreiteten Armen, als wollte er die Mülltonne umfangen. Er würde bald wieder zu sich kommen und erneut auf mich schießen, sagte ich mir … – nein, ich sagte mir nichts, ich dachte nicht nach, und als die Mülltonne zu Boden fiel, stürzte ich auf ihn zu und rammte dem Mann mein rechtes Knie zwischen die Beine, während ich gleichzeitig nach seiner Waffe griff. Sein ganzer Körper war schlaff: Ich riss sie ihm mühelos aus der Hand.
    Mir fiel auf, dass er Handschuhe trug.
    Er sank auf die Knie. Wimmerte. Ich wich zurück und richtete die Waffe auf ihn, den Finger am Abzug.
    Weder Ausdruck von Mut, noch von Kaltblütigkeit. Ich handelte aus nackter Panik. Der Überlebensinstinkt befahl mir in jederSekunde, was ich zu tun hatte, um zu vermeiden, dass mein Leben im Rinnstein zwischen meinem Auto und dem Bürgersteig endete, er diktierte mir das einzig mögliche Verhalten, um mein Leben zu retten – so hatte er mich von meinem ersten Impuls, der Flucht, abgehalten: Eine Kugel im Rücken hätte mich im darauffolgenden Moment schon gestoppt.
    Vielleicht wollte ich den Mann auch nur mit vorgehaltener Pistole fragen, wer ihn schickte, aber ich weiß es nicht, ich glaube nicht, ich glaube, ich wäre unfähig gewesen, auch nur ein Wort herauszubringen. Wie auch immer, trotz des Schmerzes stand er auf, und am Ende war er derjenige, der Reißaus nahm. Unsere Blicke waren sich begegnet, er hatte gesehen, dass ich vor Angst gelähmt war und mich seiner Waffe nicht bedienen würde, solange er sich nicht auf mich stürzte und erneut angriffe – und auch ihm befahl der Überlebensinstinkt das einzig Mögliche, wenn er heute Abend zu sich nach Hause zurückkehren wollte: die Beine in die Hand nehmen, um jeden Preis fliehen, hektisch wie ein Fuchs, den man aus der Falle befreit hat.
    Ich sah ihn nach links in die Rue Bochart-de-Saron einbiegen und blieb allein in der Avenue zurück.
    Ich zitterte. Ich hatte nicht gewusst, dass man so zittern konnte.
    Ein Killer, den Cathys Vater in einem erneuten Anfall von Irrsinn auf mich gehetzt hatte, etwas anderes konnte ich mir nicht vorstellen. Eine Verwechslung war von vorneherein ausgeschlossen: Er hatte mich eindeutig verfolgt, in meinem Viertel, am Steuer meines Lancias, mich und keinen anderen hatte dieser Mann abknallen sollen – wie schnell er gewesen war und wie schlau er es angestellt hatte, mir dort, unter dem Portal, links neben Picard,

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