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Gesetzlos - Roman

Gesetzlos - Roman

Titel: Gesetzlos - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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aufzulauern!
    Ich steckte die Waffe in meine Büchertüte und hechtete die Stufen zu meiner Wohnung hinauf.
    Kaum hatte ich die Tür hinter mir geschlossen, stürzte ich ins Bad. Warum ins Bad – weil in meinem Apothekenschränkchen eine Dose Beruhigungsmittel stand, gleich neben einer Dose Schlafmittel. Ich sah, wie meine Hände noch immer zitterten, als ich die Schachtel mit den Beruhigungsmitteln öffnete. Gierig schluckte ich zwei hinunter und warf mich im Wohnzimmer auf mein Sofa. Atemlos rang ich nach Luft, meine Lungen pfiffen. Ich wartete eine Weile, in der Hoffnung, dass sich der viele Lärm dieser entsetzlichen Geschichte in meinem Kopf beruhigte. Am liebsten hätte ich Maxime angerufen. Aber ihn mitten in der Nacht aufwecken, ihn ängstigen? Nein, ich nahm davon Abstand. Aber die Polizei müsste ich schon benachrichtigen. Zwar stellte ich fest, dass ich diesen Moment hinauszögerte, aber es musste sein.
    In dem Augenblick, als ich den Arm ausstrecken wollte, um den Hörer abzuheben, schlief ich offenbar schlagartig ein.
    Sechs Stunden später, um neun Uhr, wachte ich auf, und zwar in einem Zustand, dass ich gleich begriff, was passiert war.
    Ich überprüfte meine Vermutung im Badezimmer.
    Ja, ich lag richtig.
    In meiner Aufregung hatte ich die Dose, der ich die beiden Tabletten entnommen hatte, nicht wieder zugemacht. Nun handelte es sich aber um die Dose mit dem Schlafmittel. Die beiden Dosen sahen sich zum Verwechseln ähnlich, waren beide mehr oder weniger rosa. An dieser Stelle zum besseren Verständnis noch ein Wort über die Schlaftabletten. Sie waren mir vor einem Jahr von einem befreundeten Arzt und Musiker (einem bemerkenswerten Flötisten, bemerkenswert, wie manche Amateurmusiker es sind) verschrieben worden, nachdem ich ihm die Dinge folgendermaßen geschildert hatte: »Es gibt Nächte, wenn auch selten, in denen ich mir einerseits wegen irgendeines besonderen Umstands sicher, unglaublich sicher bin, nicht einschlafen zu können, und es mir andererseits nicht leisten kann, nicht zu schlafen. In diesen Nächten bin ich todunglücklich, da könnte ich etwas gebrauchen, das, usw. Ich weiß nicht, ob ich es überhauptnehmen würde, aber ich hätte es wenigstens zur Hand.« Er hatte mir ein starkes Mittel verschrieben mit der Warnung: »Du nimmst eine davon – nicht zwei und auch nicht anderthalb, eine – und legst dich anschließend schnurstracks ins Bett, weil die Wirkung schnell einsetzt, und nach sieben bis acht Stunden, in denen du wie ein Stein geschlafen hast, wirst du mit dem Eindruck aufwachen, nur fünf Minuten geschlafen zu haben. Hochwirksam, du wirst sehen.«
    Und ich hatte in dieser Nacht zwei Stück genommen, weit nach drei Uhr morgens.
    Würde ich mich, wenn ich aufstand, auf den Beinen halten können? Ja.
    Ich setzte mich wieder und rief bei der Polizei in Versailles an.
    Es gelang mir, Gusta ans Telefon zu bekommen. Natürlich fragte er mich, warum ich die Polizei nicht sofort angerufen hatte. Ich erzählte ihm die wahre Geschichte mit dem Schlafmittel.
    Mein Herz pochte heftig, als ich mein Auto vor Picard sah und die von der Kugel zerschrammte Karosserie untersuchte.
    Eine Dreiviertelstunde später saß ich in einem Büro in Versailles gegenüber von Antoine Gusta – das Gesicht eines Hundertjährigen und der Haarschopf eines Jugendlichen. Noch ein Verhör, noch eine Zeugenaussage! Es war unendlich langweilig. Ich dachte, bei der Geschichte mit Cathy hätte ich bereits meine Geduldsgrenze im Umgang mit der Polizei erreicht. Aber ich riss mich zusammen und beantwortete, so gut ich konnte, all seine Fragen. Nachdem er meine Geschichte mit dem Killer gehört hatte, war er, salopp gesagt, absolut platt. Ich legte ihm meine Vermutung dar. Sinngemäß sagte ich, dass Hubert Maynial nach seinem Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik vielleicht nicht mehr in seine Napoleon-Uniform schlüpfte, bevor er in seinem Park das Horn blies, er meines Erachtens aber noch lange nicht geheilt sei. Von der fixen Idee verfolgt, dass ich den Mord an seiner Tochter begangen hätte, und zugleich unfähig, selbst etwas zu unternehmen, hatte er einen Schergen auf mich angesetzt.Welche andere Erklärung sollte es für diesen unglaublichen Vorfall in der vergangenen Nacht geben?
    Gusta besah sich die Waffe.
    »Möglich, in der Tat«, sagte er, »wenn es stimmt, dass Sie keine Feinde haben, wie Sie behaupten …«
    »Nein.«
    »Vielleicht ein eifersüchtiger Ehemann?«
    »Daran hatte ich nicht gedacht,

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