Gesicht im Schatten: Idylle - Stalking - Mord
Nebel hängen
geblieben?“, fragte ich BB.
„Also, wir wissen nicht wo er
bleibt, Rolf hat uns Bescheid gegeben, dass der Chef später kommt, er hat wohl
vorne angerufen. Also keine Ahnung, du weißt doch, nichts Genaues weiß man wie
üblich nicht. Willst du einen Kaffee, ich hole mir auch noch einen. Wenn du
willst, bringe ich dir einen mit.“
„Also, wenn du das tun würdest,
mein Dank würde dir auf ewig nacheilen.“
Ich mochte BB, auch Peter
Fischer war in Ordnung. Während BB losging, uns einen Kaffee zu besorgen,
hängte ich meine Jacke über die Rücklehne des Stuhls und holte meine Unterlagen
aus der Tasche.
BB kam mit zwei Plastikbechern
zurück. Der Kaffee würde zwar nie einen Preis wegen seines herausragenden
Geschmacks gewinnen, aber immerhin war er schön heiß. Ein tiefer Schluck, das
tat gut. Bevor wir es uns so richtig gemütlich machen konnte, wurde die Tür
aufgerissen und unser Chef kam hereingestürmt, wie eine heftige Windböe.
„Guten Morgen, Herrschaften.
Darf ich davon ausgehen, dass Sie sich alle schon über die Neuzugänge an diesem
Morgen informiert haben?“
Betretenes Schweigen.
„Also gut, wenn man sich nicht
um alles selber kümmert, dann geht die Klinik vermutlich bald den Bach runter.“
Das konnte ja heiter werden.
Der Chef erwähnte mit keinem Wort, warum er so spät kam. Im Grunde ging es ja
auch keinen etwas an, aber ein kurzer Hinweis auf Nebel, Stau oder die eigenen
trödelnden Kinder, die noch zur Schule gebracht werden mussten, hätte die
Situation doch eher entspannt. Nun hatten wir genau das Gegenteil. Keiner wagte
auch nur mit der Wimper zu zucken. Einen Vorteil hatte die Sache aber doch.
Wenn der Chef zu spät kam und dann auch noch in so feuerspeiender Stimmung war,
dann dauerte die Besprechung nicht lange. So auch heute. Es wurden die Fälle
vom Vortag besprochen, wer aus welchen Gründen in die Notaufnahme gekommen war,
wer die Klinik wieder verlassen konnte und wer stationär aufgenommen worden
war. Außerdem hatte er sich von Rolf eine Patientenliste geben lassen von den
bereits eingetroffenen Notfällen.
Um kurz vor 9 Uhr gab er dann
ein Zeichen, dass unsere Besprechung zu Ende war. Stühle wurden gerückt, aber
noch immer sprach keiner ein Wort. Papier wurde raschelnd zusammen genommen und
wir verließen noch immer schweigend den Raum. Unser Chef eilte schon den Flur
entlang, wir in gebührendem Abstand hinterher.
Ich sah mir die Liste der
Patienten an und verabredete mit den anderen Kollegen, dass ich mir das Kind
mit der Schnittwunde am Fuß ansehen wollte. Die Patienten kamen anschließend
wie am Fließband und gaben sich geradezu die Türklinke in die Hand.
Um ein Uhr wurde eine Frau in die Notaufnahme gebracht mit
einem dick angeschwollenen rechten Fußgelenk. Das sah nicht gut aus. Nachdem
ich durch Abtasten des Gelenks einen Bruch ausschließen konnte, war eine
Bänderdehnung oder gar ein Bänderriss sehr wahrscheinlich.
Jessica, Auszubildende im
ersten Jahr, brachte die Frau in den Röntgenraum. Ich nutzte die Zeit, um die
Angaben der Patientin in mein Diktaphon zu sprechen.
„Diktat von Susanne Schwarz:
12.50 Uhr, Neuzugang. Frau Petra Schneider, 35 Jahre alt, stark angeschwollenes
Fußgelenk, rechts. Verdacht auf Torsion der rechten Sprunggelenkbänder.
Ursache: Umschlagen des Fußgelenks auf dem Weg zur Arbeit.“
Ich ging nun hinüber in den
Röntgenraum, wo Jessica Frau Schneider bereits auf den Röntgentisch geholfen
hatte. Nun folgte die Prozedur, die bei solchen Verletzungen zusätzlich große
Schmerzen verursacht. Ich musste den Fuß in eine bestimmte Lage bringen, um die
Bänder auf der Röntgenaufnahme gut sichtbar zu machen. Frau Schneider wimmerte.
„Ist es so schlimm? Frau
Schneider, Sie müssen noch einen kleinen Moment ganz tapfer sein. Es ist gleich
vorbei“, versuchte ich beruhigend auf die Patientin einzureden. Jessica legte
Frau Schneider nachdem eine Schwangerschaft ausgeschlossen worden war eine
Bleischürze über den Unterleib, um die Risiken der Röntgenstrahlen zu
minimieren. Der Fuß lag nun in der idealen Position. Ich gab Jessica zu
verstehen, dass wir uns jetzt für die Aufnahme in den Nebenraum zurückziehen.
Ich hatte gerade die Tür hinter mir zugezogen, als sich mein Piepser meldete. Die
aufleuchtende Nummer war die von Rolf, am Empfang. Was der wieder wollte? Ich
beschloss, erst die Röntgenaufnahmen zu erledigen und mich dann bei ihm zu
melden.
Die erste Röntgenaufnahme war
gemacht und es folgte
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