Gesicht im Schatten: Idylle - Stalking - Mord
würde ausreichen, um in der Zentrale Bescheid
zu sagen, dass ich durch einen Stau auf der Autobahn erst später in der Klinik
sein würde.
17
Durch die ganze Hektik und den Stress verpasste ich die
richtige Fahrspur für die Autobahn. Das bedeutete nun, dass ich die B 265
nehmen musste, um nach Köln zu kommen. Im Wetterbericht hatte man für heute
einen sonnigen Tag vorhergesagt, davon war im Moment noch gar nichts zu sehen.
Im Gegenteil, der Nebel war noch ebenso dicht und undurchdringlich und ließ
kaum einen Lichtstrahl auf die Erde fallen. Die B 265 führt zwischen Erftstadt
und Hürth durch ein großes Waldgebiet und ich versuchte hinter den feuchten
Nebelschwaden den Wald zu erkennen, sah aber nur Grau und Braun in
verschiedenen Nuancen. Alles verwischt.
Immer noch dachte ich an den
schrecklichen Brief, der auf meinem Küchentisch lag. Alles hatte so gut
begonnen in diesem Jahr. Beruflich lief alles glatt, ich bewohnte eine schöne
Wohnung im Umland von Köln. Nicht zu vergessen, Amelie, die ein so fester
Bestandteil in meinem Leben geworden war, dass ich mich oft fragte, wie ich es
all die Jahre zuvor ohne einen Hund überhaupt ausgehalten hatte. Und jetzt das.
Holt das Schicksal den Menschen auf jeden Fall wieder ein? Ist diese
Nachstellung von einem geisteskranken Triebtäter der Preis für das ansonsten so
angenehme Leben? Ich fand keine Antwort, wunderte mich nur darüber, dass mich
diese zwei Briefe so aus dem Gleichgewicht geworfen hatten, wie ich es noch nie
in meinem Leben erlebt hatte.
Mittlerweile kam ich am
Stadtrand von Köln und fuhr die Luxemburger Straße noch bis zum
Klettenberggürtel, bog nach der Kreuzung in einem U-Turn nach links, um endlich
rechts in den Klettenberggürtel zu fahren. Noch wenige Minuten und die
Josef-Stelzmann-Straße tauchte auf. Die Uniklinik bestand aus ehrwürdigen
Backsteingebäuden, schlichten weißen Flachdachbauten sowie einem alles
überragende neuen Bettenhochhaus – all dies machte den vielfältigen
Uniklinikkomplex aus.
Hektisch griff ich in die
Seitenablage der Fahrertür und fischte eine Plastikkarte hervor, mit der ich
die Schranke öffnen konnte, um auf den Parkplatz für die Angesellten zu
gelangen. Ich sah auf meine Uhr, 8.32 Uhr. Ich hoffte, dass ich nicht die
einzige war, die bei dem Nebel zu spät kam. Die Morgenbesprechung hatte schon
um 8.15 Uhr begonnen. Ich sprang aus meinem Auto, die Fernbedienung meines
Schlüssels machte zwei Mal klack, klack und dann eilte ich mit großen Schritten
über den Parkplatz in die Klinik.
Am Empfang hatte heute Rolf
Schneider Dienst.
„Guten Morgen Rolf, weißt Du,
ob schon alle da sind? Bin zu spät?“
Die Frage war eher rhetorisch,
da ich gar keine Zeit hatte, eine Antwort abzuwarten. Ich hatte meine Jacke
ausgezogen und über den Arm gelegt. Meine Tasche hing am Riemen über der
Schulter. Ich fühlte mich durch Jacke und Tasche gleichermaßen in meinen
Bewegungen stark behindert.
Hinter dem Empfang befanden
sich zwei Stufen und ich nahm diese mit einem Sprung, bog dann mehr laufend als
gehend rechts in den Flur. Der Linoleumboden quietschte wie immer unter meinen
Schuhen. Linoleumböden sind das Sinnbild aller Krankenhäuser, wer hatte das
wohl erfunden, ich wusste es nicht und im Moment war es mir auch ziemlich egal.
Meine Verspätung verursachte mir ein so schlechtes Gefühl, so wie damals als
Kind wenn man von Erwachsenen beim Mogeln erwischt wurde. Hatte ich Grund
Sanktionen seitens des Chefs zu erwarten – eigentlich nicht. Aber in der
heutigen Zeit wusste man nie. Die Arbeitsplatzsituation war überall angespannt.
Bei uns Ärzten kam noch hinzu, dass sich einige der Kollegen stark machten
durch Arbeitsniederlegungen, um für kürzere Arbeitszeiten und höhere Löhne zu
demonstrieren. Ein Umstand der die Chefs sehr nervös machte. Endlich war ich an
der Tür des Besprechungszimmers angekommen. Ich riss die Tür auf, ganz in der
Erwartung, gesenkte Häupter an dem großen Besprechungstisch zu sehen, aber.....
Es herrschte eine sehr lockere Atmosphäre, einige Kollegen saßen am Tisch und
plauderten mit anderen, die bereits Platz genommen hatten. Die zwei neuen
Kollegen, Peter Fischer aus Koblenz und Bernd Braun aus Titisee, der von allen
nur BB genannte, standen am Fenster, jeder mit einem Plastikbecher in der Hand.
Ich suchte mir einen freien Platz und ließ mich erst einmal auf den Stuhl
fallen.
„Puh, Leute, was beeile ich
mich eigentlich so. Wo ist denn der Chef? Ist der etwa auch im
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