Gesicht im Schatten: Idylle - Stalking - Mord
Stefan in der Vermutung
bestätigte, dass die kurze Version ein Anzeigentext war und sie nun auf die
Zuschrift geantwortet hatte oder es zumindest wollte. Denn sicher war er nicht,
ob sie tatsächlich eine Antwort abgeschickt hatte. Was vor ihm lag, war nur der
Anfang einer Antwort im Stenostil, der nach dem ersten Absatz abbrach. Er las:
An Rüdiger,
Brief erhalten, 40 Jahre Altersunterschied
zu groß, aber vielleicht
Stefan erkannte, dass dieser Ansatz einer Antwort erst
zerknüllt worden und wohl später erst zerrissen im Papierkorb gelandet war.
Erst kamen ihm Zweifel, ob
dieser Rüdiger überhaupt einen Antwortbrief erhalten hatte, aber nachdem
er den zweiten noch kürzeren Brief dieses Rüdigers gelesen hatte, war
Stefan sicher, dass Helena geantwortet hatte und dass die Kontaktanzeige ihr
Tod war.
Der zweite Brief von Rüdiger war im Stenoformat
gehalten, aber durch Angabe einer Chiffrenummer zu ihr nach Hause gelangt:
Antwort in Zeitung gefunden. Ort und Zeit werden noch
mitgeteilt.
Mann oh Mann, war das ein
Charmeur. Da konnte es einem ja eiskalt den Rücken runter laufen. Stefan
schüttelte den Kopf, konzentrierte sich nun aber wieder auf die beiden
wichtigsten Beweisstücke, die der Plastikbeutel enthielt. Außer den Briefen
enthielt er nämlich auch die Briefumschläge, in denen die Antwortbriefe von Rüdiger gesteckt hatten. Die Briefumschläge waren keine selbstklebenden, sondern
Umschläge, die man vor dem Zukleben selber anfeuchten musste.
Stefan schlug mit der flachen
Hand auf die Schreibtischplatte.
„Bingo, ich kriege dich du
Dreckskerl, es sei denn, du bist ein ultraschlauer und hast die Klebepfalz mit
Leitungswasser angefeuchtet“
„So früh schon in Fahrt“, bekam
Stefan aus Richtung seiner Bürotür als Antwort.
Markus stand in der offenen
Tür.
„Was regt dich so auf und vor
allem, was gibt es denn sooooo dringendes, da du offenbar heute Nacht
durchgearbeitet hast?“
„Nee, nee, ich war nicht die
ganze Nacht hier. Mach die Tür zu und dann setz dich mal. Warte kurz, ich hole
uns beiden einen Kaffee.“
Stefan stürmte an Markus vorbei
und kam kurz darauf mit zwei weißen Plastikbechern zurück.
Markus hatte sich mittlerweile
auf den Besucherstuhl gesetzt. Stefan setzte sich auf seinen Stuhl und erzähle
erst einmal von Susanne und was ihr geschehen war. Als er geendet hatte, bat er
Markus sich nachher auf den Weg zu machen und zusammen mit Susanne das
Protokoll aufzunehmen. Auf dem Weg zu ihr, solle er bitte bei der Werkstatt
vorbei fahren, damit die sich um Susannes Auto kümmern konnten.
Als Markus aufbrechen wollte,
hielt Stefan ihn auf.
„Warte, das Beste kommt ja
noch. Sieh dir das hier mal an. Ich hatte Recht gehabt mit meiner Vermutung,
dass die Wohnung dieser Helena wichtige Beweisstücke enthalten hat. Hier sind
sie. Es handelt sich um eine Kontaktanzeige, vermutlich von dem Opfer und ein
darauf folgender Briefwechsel mit einem selbst ernannten ‚Kavalier der alten
Schule’. Ich kann mich dem Ausspruch von Friedrich Nietzsche nur anschließen,
dass ich gar nicht so viel essen kann, wie ich kotzen möchte. Ich werde mich,
wenn du weg bist mal darum kümmern, dass von der Klebepfalz Spuren entnommen
werden. Vielleicht hat er die Klebepfalz abgeleckt, oder falls er so schlau war
und die Klebepfalz mit Leitungswasser angefeuchtet hat, gibt es bestimmt Fingerabdrücke
von ihm auf den Briefumschlägen. Dann wären wir schon ein großes Stück weiter.
Wenn ich bei der KTU war, werde
ich unserem Boss mal einen Besuch abstatten, denn nach den zwei Morden, die
laut DNS ein und demselben Mann zuzuordnen sind, ist es wohl an der Zeit zu
einer Speichelprobe aufzurufen. Genug DNS haben wir ja. So, jetzt mach dich vom
Acker, es gibt viel zu tun. Ach, und noch etwas, lass dir von Susanne die
Kleidung geben, die sie gestern Abend an hatte, vielleicht finden wir Hautschuppen,
Haare oder ähnliches.“
Stefan und Markus verließen
zusammen Stefans Büro und ihre Wege trennten sich dann auf dem Flur. Stefan
ging zielstrebig in Richtung KTU, da fiel ihm ein, dass er versprochen hatte
Susanne anzurufen. Er wollte ihr auch mitteilen, dass Markus auf dem Weg zu ihr
war. Also ging er zurück in sein Büro, nahm den Hörer vom Telefon und wählte
Susannes Nummer.
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Er schlug mit seinem Kopf immer wieder gegen die Wand,
seine Stirn blutete leicht. Er spürte nichts. Seine Sinne waren völlig vernebelt
und er fragte sich zum tausendsten Mal, warum er nur diesen Zirkus
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