Gesicht im Schatten: Idylle - Stalking - Mord
Urteil.“
Ich stand auf, holte den Karton
und schüttete den Inhalt auf den Couchtisch. Es waren mittlerweile gut zwei
Dutzend Briefe zusammen gekommen.
Stefan griff wahllos nach
einem, faltete ihn auseinander und las.
.....und bist du nicht
willig.......
„Sieht so aus, als wollte er
auch noch besonders geistreich sein. Also für mich steckt in diesem Teilsatz
schon eine ordentliche Drohung. Und der Brief den du beim Ausziehen gefunden
hast, der ist auch nicht ohne. Was meinst du könnte er mit der Aussage meinen wird es dir noch Leid tun .“
„Ich habe keine Ahnung.
Vielleicht will er mich beim nächsten Mal umbringen. Vielleicht ist er dieses
miese Schwein, das schon die zwei anderen Frauen auf dem Gewissen hat. Keine
Ahnung.“
„Aber er hat dich am Leben
gelassen. Warum? Die beiden anderen Frauen hatten keine Chance gehabt. Vor
allem haben wir in den beiden Körpern keine Spur von Chloroform gefunden. Dafür
aber jede Menge Sperma. Wie war das bei dir. Hast Du irgendwelche klebrigen
Stellen an dir gefunden?“
„Nein, ich glaube er hat mich
sexuell in Ruhe gelassen. Mir ist nichts aufgefallen. Die Kleidung war auch
ordentlich. Bis auf den Zettel im BH.“
„Das heißt, er hat dich anders
behandelt. Wenn er unser gesuchter Mörder ist, dann hat er die beiden gezielt
und mit brutaler Gewalt umgebracht hat. Wir müssen der Sache unbedingt
nachgehen, wieso er dich anders behandelt hat.“
„Das wüsste ich auch gerne. Aber
was er mir heute angetan hat, das reicht mir vollkommen. Kann man denn da gar
nichts machen. Kann er denn nicht festgenommen werden. Ich will endlich wieder
in Ruhe leben können.“
„Also, festnehmen können wir
ihn nicht. Es gibt einfach keine hieb- und stichfesten Beweise. Du hast ihn
nicht eindeutig erkannt und deshalb können wir ihm den Überfall nicht ohne
weiteres anhängen. Ich werde aber morgen mit Markus die Sache mal besprechen.
Wir könnten ihm vielleicht doch mal einen Besuch abstatten.“
Plötzlich fiel mir ein, was ich
schon mittags, als Stefan mich nach unserem Mittagessen nach Hause gebracht
hatte, sagen wollte. Ich hatte den Gedanken nicht aussprechen können da er nur
der Hauch eines Gedanken gewesen war, aber auf ein Mal war der Gedanke glasklar.
„Weißt du, dass es mir wirklich
unheimlich ist. Als du mir heute Mittag erzähltest, dass der gesuchte Mörder
vermutlich ein älterer Mann zwischen 60 und 70 ist, da wollte mir ein Gedanke
kommen, aber er versteckte sich. Aber jetzt im Moment ist es für mich glasklar.
Die ganze Beschreibung passt hundertprozentig auf meinen Nachbarn. Ich weiß
zwar nicht ganz genau wie alt er ist, aber Ende 60 Anfang 70 ist er bestimmt.
Und er führt etwas im Schilde, das sieht doch ein Blinder mit Krückstock. Was
meinst du?“
„Ich kann dich gut verstehen,
dass du dich jetzt so auf den Nachbarn eingeschossen hast, aber was uns fehlt
ist ein eindeutiger Beweis. Wir haben weder den Beweis, dass er der gesuchte
Mörder ist, noch haben wir den Beweis, dass er dich heute Abend überfallen hat.
Aber ich habe da eine Idee, die werde ich gleich morgen mal mit Markus
besprechen.“
Wir saßen noch eine Weile so
da, jeder seinen Gedanken nachhängend.
„Fahr du mal wieder“, sagte ich
schließlich zu ihm. „Du bekommst noch Ärger, wenn du zu lange wegbleibst.“
Jetzt war es raus. Ich konnte
es nicht länger zurückhalten.
„Ach du meinst Stefanie.
Vermutlich ist sie im Augenblick wirklich nicht sehr glücklich, aber immerhin
hat sie mir von deinem Anruf erzählt. Es war ein bisschen schwierig herauszufinden,
wer angerufen hatte, da du deinen Namen ja nicht genannt hast. Aber als ich sie
fragte ob es eine Kölner Telefonnummer gewesen sei, antwortete sie spontan
nein. Sie habe eine Vorwahlnummer gesehen so in der Richtung 0223, mehr wusste
sie nicht. Da war es dann für mich nicht mehr schwer gewesen zwei und zwei
zusammen zu zählen. Ich habe mir sofort die Autoschlüssel geschnappt und bin im
Büro vorbeigefahren, weil ich mir da deine Telefonnummer aufgeschrieben hatte.
Ich habe ehrlich gesagt kein gutes Gefühl, dich jetzt hier allein zu lassen.
Kommst du denn klar? Und hast du vor, morgen wieder arbeiten zu gehen? Wenn du
morgen zu Hause bleibst, dann schicke ich Markus direkt um kurz nach acht los.
Bevor er losfährt, rufe ich dich aber noch mal an. Ist das in Ordnung?“
Am liebsten hätte ich laut
geschrien ‚bleib hier, ich will nicht dass du gehst’.
Stattdessen versicherte ich ihm
aber, dass ich allein
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