Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gesichter der Nacht

Gesichter der Nacht

Titel: Gesichter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
haben.«
      Schweigen. Vater und Tochter warteten auf Marlowes
Antwort. Der alte Mann zitterte ein wenig, weil ihm soviel daran
gelegen war; das Mädchen wirkte gelassen, völlig in sich
gekehrt. Marlowe schaute sie eine Weile an, aber es war ihr nicht
anzumerken, auf welche Entscheidung sie hoffte. Und während er sie
anschaute, wurde sie rot und zog die Augenbrauen ein wenig hoch, und
Marlowe wußte, daß sie ihn nicht mochte.
    Er lächelte halbherzig und wandte
sich wieder dem alten Mann zu. »Tut mir leid, Papa. Ich bin sehr
für ein ruhiges Leben, und nach allem, was ich gehört habe,
wird es hier in nächster Zeit ziemlich turbulent zugehen.«
      Magellan sackte der Unterkiefer herunter vor
Enttäuschung, und seine Schultern wurden schlaff. Er war
plötzlich wieder ein alter Mann. Ein sehr alter Mann.
»Sicher, ich versteh's ja, mein Junge«, sagte er.
»Ist ein bißchen viel verlangt.«
      Maria trat rasch zu ihm und legte ihren Arm um seine
Schulter. »Keine Sorge, Papa. Wir schaffen das schon.« Sie
lächelte Marlowe stolz an. »Mein Vater hätte Sie nicht
fragen sollen, Mr. Marlowe. Das ist unser Problem. Wir werden allein
damit fertig.«
      Marlowe zwang sich zu einem Lächeln. Es sollte
den Zorn verbergen, der in ihm war. Er kochte vor Wut, und diese Wut
galt in erster Linie ihm selbst. Zum ersten Mal seit vielen Jahren
schämte er sich. »Wir werden allein damit fertig«,
hatte Maria gesagt. Ein alter Mann und ein junges Mädchen. Er
fragte sich, wie lange sie durchhalten würden, wenn O'Connors
Schlägertypen eingriffen und sie in die Zange nahmen.
      Marlowe griff nach seinem Mantel und machte ein
unbewegtes Gesicht. Was auch geschah –, er durfte sich da nicht
hineinziehen lassen. Er mußte sich jetzt nur zurückhalten
und sich ein paar Wochen gedulden. Ein Vermögen wartete auf ihn.
Er wäre ein heilloser Narr, wenn er das alles nach fünf
harten Gefängnisjahren aufs Spiel setzen würde. Und
wofür? Für einen alten Mann und ein junges Mädchen, die
er seit einer Stunde kannte.
    Er knöpfte seinen Mantel zu und sagte: »Ich gehe jetzt.«
      Bevor Magellan etwas darauf erwidern konnte,
hörte man, wie ein Lastwagen auf den Hof fuhr. Er hielt vor der
Tür, und das Geräusch des Motors verstummte. »Das
muß Bill sein«, sagte Maria. Ihre Stimme klang aufgeregt.
»Ob er wohl Glück hatte?«
    Die Haustür ging auf. Mit
schleppenden Schritten bewegte sich jemand durch die Diele. Eine
Gestalt erschien im Türrahmen und blieb schwankend stehen. Es war
ein junger Mann von mittlerer Größe, der eine Lederjacke und
eine Cordmütze trug. Sein pausbäckiges, freundliches Gesicht
war schmerzverzerrt und blaß. Er hatte ein blaues Auge, seine
Lippen waren geschwollen, und auf der Wange hatte er eine klaffende,
blutverkrustete Wunde.
      »Bill!« rief Maria entsetzt. »Was ist? Was haben Sie mit Ihnen gemacht?«
      Johnson trat mit wankenden Knien ins Zimmer und
ließ sich in einen Sessel sinken. Papa Magellan füllte rasch
ein Glas mit Brandy und gab es ihm. Marlowe stand im Hintergrund und
sah wortlos zu.
      »Wer hat Sie zusammengeschlagen?« fragte Magellan grimmig. »O'Connors Leute?«
      Johnson trank seinen Brandy auf einen Zug aus und
schluckte. Das Sprechen schien ihm schwer zu fallen. Schließlich
sagte er: »Ja, es war dieser Schrank, Blacky Monaghan. Ich habe
die ganzen Einzelhandelsgeschäfte abgeklappert, wie Sie's mir
gesagt haben, und es ist gut gegangen. Ich bin alles losgeworden, und
alle haben bar bezahlt.« Er zog ein Bündel Banknoten aus der
Jackentasche und legte es auf den Tisch. »Ein, zwei Leute haben
gesagt, sie wären nicht interessiert. Ich glaube, daß jemand
O'Connor informiert hat.«
      Er schwieg und schloß die Augen, als sei er kurz
davor, in Ohnmacht zu fallen. Marlowe hatte ihn genau beobachtet. Er
verzog den Mund zu einem zynischen Grinsen. Gewiß, Johnson hatte
eine kleine Abreibung gekriegt, aber es war nicht halb so schlimm, wie
er es darzustellen versuchte. Er dramatisierte die ganze Geschichte.
Und dafür mußte es einen Grund geben.
      »Erzählen Sie weiter«, sagte Magellan mitfühlend. »Was ist dann passiert?«
    »Ich habe eine Tasse Tee in dem
Fernfahrercafé an der Landstraße nach Birmingham
getrunken, ein Stückchen außerhalb von Barford. Dann kam
Monaghan rein mit den jungen Schlägertypen, die ihm nie von der
Seite weichen. Die gehen immer ins Plaza am Samstagabend, wenn die Pubs
schließen, und machen Ärger. Monaghan ist mir

Weitere Kostenlose Bücher