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Gesichter der Nacht

Gesichter der Nacht

Titel: Gesichter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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nach
draußen nachgelaufen und hat Streit gesucht. Hat behauptet, ich
hätte beim Schwof am vorigen Samstag was mit seinem Mädchen
angefangen.«
    »Stimmt das?« fragte Magellan.
      Johnson schüttelte den Kopf. »Ich
wußte gar nicht, wovon er redet. Ich habe versucht, mit ihm zu
diskutieren, aber er hat mir gleich eine reingeschlagen. Einer von
seinen Freunden hat mir einen Tritt ins Gesicht verpaßt. Aber
Monaghan hat gesagt, er soll aufhören, ich hätte schon genug
abgekriegt. Dann hat er mir noch empfohlen, mich nicht wieder in
Barford blicken zu lassen.«
      Magellan schüttelte verwirrt den Kopf. »Was
soll das?« sagte er. »Ich verstehe das nicht.«
      Marlowe lachte kurz. »Das ist die alte Taktik,
Papa. Offiziell hat das überhaupt nichts mit O'Connors Streit mit
Ihnen zu tun. Ist nur reiner Zufall, daß Johnson für Sie
arbeitet.«
      Maria war blaß vor Wut. »Wir müssen
die Polizei verständigen«, sagte sie. »Das dürfen
wir ihm nicht durchgehen lassen.«
      Marlowe zuckte die Achseln. »Angenommen, Johnson
würde Anzeige erstatten. Na und? Das würde O'Connor nicht
kratzen. Monaghan müßte ein paar Pfund Strafe zahlen, und
damit wäre der Fall erledigt.«
      »Ich will auch keine Anzeige erstatten«, sagte Johnson, und in seiner Stimme schwang Panik mit.
      Papa Magellan furchte die Stirn. »Warum nicht?
Dann hätten Sie wenigstens die Genugtuung, daß Monaghan vor
Gericht erscheinen muß.«
    Johnson erhob sich. Er konnte
plötzlich stehen, ohne zu schwanken. Seine Stimme tönte etwas
schrill, als er sagte: »Ich will keinen Ärger mehr. Ich will
nichts mehr mit dieser Sache zu tun haben. Ich habe nicht geahnt,
daß es sich so entwickeln wür de.« Angst flackerte in
seinen Augen, und seine Summe klang auf einmal brüchig. »Es
tut mir leid, Mr. Magellan. Sie waren immer sehr nett zu mir, aber ich
muß mich nach einem anderen Job umsehen.« Er stand verlegen
da und drehte seine Mütze in den Händen. »Ich komme
morgen nicht mehr zur Arbeit.«
      Einen Moment lang herrschte entsetztes Schweigen.
Maria wandte sich ab und unterdrückte ein Schluchzen. Magellan
griff, Halt suchend, ins Leere. Sein ganzer Körper erschlaffte. Es
sah so aus, als bräche er gleich zusammen.
      Marlowe streckte dem alten Mann die Hand entgegen,
stützte ihn mit seinen starken Armen, drückte ihn behutsam in
einen Sessel. »Keine Sorge, Papa«, sagte er. »Wird
schon werden. Wird schon alles wieder gut.«
      Er richtete sich auf und starrte Johnson an. An die
Stelle der Furcht im Gesicht des anderen trat jetzt Scham, und dann
regte sich in Marlowe wieder diese schreckliche, maßlose Wut, die
er einfach nicht in den Griff bekam. Er stürzte sich auf Johnson,
packte ihn bei der Kehle, schüttelte ihn. »Du
Drecksack!« brüllte er. »Ich werde dir ein Andenken
mit auf den Weg geben, das du nicht so schnell vergißt.«
      Er stieß Johnson mit solcher Gewalt in die
Diele, daß der Mann das Gleichgewicht verlor und auf den Boden
fiel. Marlowe stürmte auf ihn zu und er rappelte sich hoch,
schlotternd vor Angst, und dann zerrte Maria an Marlowes Haaren und
riß seinen Kopf zurück. Sie gab ihm eine Ohrfeige und
schrie: »Hören Sie auf! Ist das nicht genug für einen
Tag?«
      Marlowe hob den Arm, um sie wegzuschubsen, und nun kam
Papa Marlowe aus dem Zimmer, nahm Johnson bei der Schulter und schob
ihn in Richtung Haustür. »Gehen Sie, um Gottes
willen!« sagte er. Johnson warf einen entsetzten Blick über
seine Schulter und eilte aus der Tür, in den Nebel hinaus.
    Es war still bis auf Marlowes schwere
Atemzüge. Marias Gesicht war rot vor Zorn. Sie funkelte Marlowe
an. »Was ist los mit Ihnen?« fragte sie barsch.
»Wollen Sie am Galgen enden? Können Sie sich überhaupt
nicht beherrschen? Ist Gewalt Ihre einzige Lösung?«
      Marlowe senkte den Kopf, blickte auf sie herunter. Er
schluckte trocken und sagte: »Als ich klein war, wollte mein
Vater, daß ich Arzt werde. Er war Angestellter in einem
Lohnbüro, also mußte ich Arzt werden. Ich wollte nicht, aber
das war ihm egal. Er hat mich durch die Schule geprügelt, bis ich
eines Tages – mit siebzehn Jahren – entdeckt habe,
daß ich stärker war als er. Ich habe ihm einen Kinnhaken
verpaßt und bin von zu Hause abgehauen.«
      Mit zitternden Fingern griff er nach einer Zigarette.
Dann fuhr er fort: »In dieser Kohlengrube in der Mandschurei, wo
ich mich abgerackert habe, gab es einen chinesischen Offizier, der die
Oberaufsicht über die

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