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Gesichter der Nacht

Gesichter der Nacht

Titel: Gesichter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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versteinert, und in seinen Augen lag
ein furchterregender Ausdruck. »Hören Sie, Masters«,
sagte er. »Hören Sie mir genau zu. Wenn mir jemand in die
Quere kommt – den mach' ich fertig. Das gilt auch für
Sie.« Seine Finger gruben sich in den Arm des Kriminalbeamten,
und seine Stimme bebte. »Ich war drei Jahre in
Kriegsgefangenschaft bei den Chinesen, Masters. Haben Sie das schon
gewußt? Ich habe in einer Kohlengrube in der Mandschurei
geschuftet, zwölf Stunden am Tag und bis zu den Knien im Wasser.
Die meisten von meinen Freunden sind gestorben, aber ich bin wieder
nach Hause gekommen. Und wissen Sie was? Kein Mensch hatte offenbar
auch nur eine Ahnung davon, daß es in Korea mal Krieg gegeben
hatte.«
    »Soll das eine Rechtfertigung sein?« fragte Masters.
      Marlowe ignorierte ihn. »Ich habe bei Faulkner
einen Job als Fahrer angenommen, weil er gutes Geld gezahlt und keine
dummen Fragen gestellt hat. Er hat versucht, mich zum Trottel zu
machen, aber am Ende stand er dann ziemlich dumm da – und
dafür habe ich gesorgt.« Er ließ den Arm des
Kriminalbeamten los. »Ich habe acht Jahre meines Lebens als
Gefangener verbracht, Masters, und ich bin erst dreißig.«
Er lehnte sich zurück. »Okay. Ich habe das Geld. Ich hab's
mir verdient, und ich werde es behalten.«
    Masters schüttelte langsam den Kopf,
und in seiner Stimme schwang ein gewisses Mitleid mit. »Sie
kommen nicht ungeschoren davon, Marlowe. Wenn Faulkner Sie nicht kriegt
– ich kriege Sie.«
      Marlowe zuckte die Achseln. »Darauf würde ich mich an Ihrer Stelle nicht verlassen.«
      Die Limousine drosselte das Tempo, weil sie sich einer
Kreuzung näherte. Als die Ampel auf Grün schaltete, fuhr sie
wieder schneller. Mit einer ruckartigen Bewegung riß Marlowe die
Tür auf, sprang auf die Straße und knallte den Wagenschlag
hinter sich zu. Es herrschte dichter Verkehr, und er schlängelte
sich rasch zwischen den Autos durch und tauchte in einer
Nebenstraße unter.
      Als keine Menschen mehr in Sicht waren, fing er an zu
rennen. Er wußte, daß er bestenfalls ein paar Minuten
Vorsprung hatte. Am Ende der Straße lief er langsamer und bog in
eine andere Hauptstraße. Vor ihm fuhr ein Bus von einer
Haltestelle ab, und er sprintete los und konnte gerade noch
aufspringen.
      Als der Bus sich in den Verkehr einreihte, ließ
sich Marlowe auf einen Fensterplatz sinken. Er keuchte. Schweiß
stand ihm auf der Stirn. Er wischte ihn mit dem Handrücken ab und
lächelte. Es war alles schnell gegangen, schneller als gedacht,
aber er hatte die Nase immer noch vorn, und das allein zählte.
      Bei der nächsten Haltestelle stieg er aus, ging
in einen Eisenwarenladen und kaufte einen billigen Schraubenzieher.
Dann überquerte er die Straße und verschwand in einem
Labyrinth von Nebenstraßen. Er ging rasch, mit gesenktem Kopf,
damit ihm der Regen nicht ins Gesicht schlug, und tauchte
schließlich wieder in einer Hauptstraße auf, wo er auf
einen Bus in Richtung City wartete.
      Eine knappe Stunde, nachdem er sich von Masters
abgesetzt hatte, war er in der Nähe der Paddington Station. Aus
dem Regen war ein Wolkenbruch geworden, und die Straßen lagen
fast verlassen da. Er ging über die Straße, die zum Bahnhof
führte, und bog in eine kleine Seitenstraße. Sie wurde von
hohen, ziemlich heruntergekommenen viktorianischen Häusern
gesäumt.
    Auf halber Höhe der Straße
blieb er stehen und blickte an einem der Gebäude empor. Über
der Tür befand sich ein schmut ziges Schild mit der Aufschrift
IMPERIAL HOTEL. Die Buchstaben waren verblaßt. Dieses
Etablissement war typisch für die Art Hotels, die man hier in der
Gegend fand. Absteigen mehr oder minder; man mietete ein Zimmer
für ein, zwei Stunden und nie länger als eine Nacht. Marlowe
stieg langsam die Stufen hinauf und trat ein.
      Er stand in einem schmalen Vestibül, von dem
mehrere Türen abgingen. Vor ihm eine Treppe mit durchgetretenem
Läufer, die zu einem schummrigen Absatz führte. Links von ihm
saß eine Frau in mittleren Jahren in einer Portierloge und las
Zeitung. Sie blickte auf, blinzelte mit rotgeränderten,
wäßrigen Augen und faltete dann pedantisch die Zeitung
zusammen. Sie sprach mit hoher, leiernder Stimme. »Ja, Sir? Was
kann ich für Sie tun?«
      Marlowes Blick glitt über die Schlüssel, die
an dem Brett hinter dem Kopf der Frau hingen. »Ich brauche ein
Zimmer«, sagte er. »Für drei bis vier Stunden.«
      Die Frau musterte ihn flüchtig. Sie förderte
ein

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