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Gesichter im Nebel (German Edition)

Gesichter im Nebel (German Edition)

Titel: Gesichter im Nebel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Feyerabend
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von dort geradewegs auf den ganz hinten im Hafen befindlichen Fähranleger mit Straßenanschluss zu. Er machte dabei einen unverzeihlichen, unverständlichen Fehler, vielleicht weil für diesen großen Moment nun auch seine Frau auf der Brücke erschien.
    Der direkt aus Westen blasende Sturm prallte gegen die hohen Aufbauten des Schiffes und drängte es immer mehr seitlich nach Backbord ab. Langsam aber sicher driftet es durch das Becken auf die seitliche Geröllböschung zu.
    Entsetzt beobachtete der Hafenkapitän das missglückende Manöver. Er griff sich an den Kopf. Da war nicht mehr viel zu machen. An der Seite des Hafens häufte sich ein Wall kubikmetergroßer Felsbrocken auf. Sie würden die stählerne Haut der „St. Kilian“ wie Zähne aufreißen. In seiner Not und die bevorstehende Katastrophe vor Augen beorderte der Hafenchef zwei Schlepper zu dem irischen Schiff. Schnell wurden dicke, stählerne Trossen auf die „St. Kilian“ geworfen. Die Schlepper hielten den Beinahehavaristen mit Volldampf seitwärts gegen den heulenden Wind auf der Stelle. Der Steinwall war nur noch wenige Meter entfernt. Dann gelang es nach einem stundenlangen Manöver, das Fährschiff endlich an den Anleger zu bugsieren.
    Einige Passagiere hatten das Desaster verstanden. Sie beobachteten gespannt und ängstlich den weiteren Verlauf. Manch böser Blick traf die Brücke.
    Ein ehemaliger französischer Marineoffizier mit einem prächtigen weißen Vollbart meinte geringschätzig zu seiner Frau: „So ein Arschloch habe ich während meiner ganzen Dienstzeit nicht erlebt. Aber das wird wohl auch sein letztes Kommando dieser Art gewesen sein. Die Ausbildung der Grünschnäbel ist eben nicht mehr das, was sie früher war. Wir fingen mit 14 Jahren als Schiffsjungen an und dienten uns bis zum Bootsmann hoch. War einer begabt, kam er auf die Nautikschule und fing dann als Steuermann und Offizier an. Jahrelang sind wir mitgefahren, ehe wir den Kahn leiten durften. Heute kommen die Kerle von der Schule, sind mit Theorie vollgepumpt und scheißen in der Praxis in die Hosen.“
    Seine Frau schwieg. Ihr war, als läge Nebel über dem Schiff. Aber das musste ein Trugbild sein.
    Natürlich hatte auch Jean-Pierre das schief gelaufene Einlaufmanöver wie die meisten der ahnungslosen Passagiere nicht verstanden. Er trollte sich von Bord und bestieg einen silberglänzenden Schnellzug nach Paris.
    Sein irisches Abenteuer war, so schwor er erneut, nur vorerst abgeschlossen.
    Schon bald nach seiner Rückkehr in die französische Hauptstadt kam es zu einem Zwischenfall. Ein neues Hausmädchen, Tassadid aus Marokko, erweckte schon bald seine Gier. Er stellte ihr regelrecht nach und die Arme wusste nicht, wie sie sich wehren konnte. Sich der Herrschaft anzuvertrauen, wagte sie nicht.
    So kam es, wie es kommen musste.
    Als Tassadid mit ihren schwarzen Kirschaugen im Dachgeschoss ein Besucherbett herrichtete, schlich sich Jean-Pierre von hinten an, packte ihre Brüste und pellte sie grob aus der Bluse. Die junge Frau erstarrte. Dann schrie sie. Es dauerte nicht lange und Jean-Pierres Mutter stand in der Tür.
    „Also stell dir vor“, suchte er sofort sein Heil in der Attacke, „ich wollte hier etwas holen, da hat dieses Biest doch glatt ihre Brust entblößt und mich auf das Bett locken wollen.“
    Alle Beteuerungen des Mädchens halfen nicht; seine Mutter glaubte ihrem Liebling. Der weltfremde Vater erfuhr nichts von dem Zwischenfall; er hätte ihr ebenfalls nicht geglaubt, auch er hätte es nicht für möglich gehalten, dass sein eigen Fleisch und Blut zu solch einer Handlung fähig wäre. Tassadid musste gehen. Noch Jahre später erschauerte sie bei der Erinnerung daran, so schmählich behandelt worden zu sein.
    Die Entwicklung des jungen Mannes nahm bereits psychopathische Züge an.
    Sie ließ kein gutes Ende ahnen.
     

Das Feuer
    Der Herbst nahte und mit ihm die Zeit der Stürme. In einer Pause zwischen zwei Tiefs, die noch einmal einen schönen Altweibersommer bescherte, bekam Paddy wieder Besuch von Xirian.
    Geheimnisvoll, ja fast verschwörerisch sah dieser sich um und bedeutete dem Fischer dann, mit ihm ins Haus zu gehen.
    „Wir müssen sicher sein, dass ‚die’ nicht hören, was ich dir zu sagen habe.“
    Er ließ sich auf einem altersschwachen Lehnstuhl nieder. „Also Paddy, ich glaube, ich habe einen Weg gefunden, wie wir den Fluch brechen können.“
    Paddy horchte wie elektrisiert auf.
    „Mein Gott, ich kann es gar nicht glauben.

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